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Abwasserentsorgung Lohnt sich eine neue Kläranlage?

Der Stadtrat Jerichow hat sich mit dem Neubau einer kommunalen Kläranlage und deren Wirtschaftlichkeit befasst. Es gibt einige Risiken.

Von Thomas Skiba 31.01.2020, 04:00

Jerichow l Ungewöhnlich für Jerichower Verhältnisse war die der Beginn der Stadtratssitzung um 18 Uhr. Begründete sich doch der Zeitplan daraus, dass der Trinkwasser- und Abwasserverband Genthin (TAV) in einem Vortrag zu einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für den angedachten Neubau einer kommunalen Kläranlage darstellte, ob der Neubau Kläranlage wirtschaftlich sei und ob der Neubau den Gebührenzahlern zu Gute komme.

Frank Dahlendorf vom Ingenieurbüro aqua-consult stellte die derzeitige Entsorgungssituation dar und erläuterte mehrere Varianten zur künftigen Entsorgungsgestaltung, bei der eine Rolle spielt, ob rein kommunale Abwässer gereinigt werden sollen oder Firmenabwässer zugemischt werden.

Verbandschefin Loretta Kablitz dazu vor den Bürgervertretern: „Wir betreiben hier eine von wenigen Misch-Kläranlagen in der Republik, das macht es nicht einfacher.“

Dazu komme, dass der Landkreis Jerichower Land und das Land Sachsen-Anhalt mit der aktuellen Entsorgungssituation zufrieden ist und daran nicht rütteln möchte. Letztlich sei der TAV gefragt, entweder mit dem derzeitigen Entsorger Refood einen neuen Vertrag auszuhandeln oder eben die Entsorgung selbst in die Hand zu nehmen.

Der Vertrag mit Rethmann/ReFood endet 2026. Ein Punkt, der die Zahlen und Diagramme überschatte, war, dass die Untersuchung unter Vorbehalt stehe, da keine belastbaren Daten über die Gesamt-Einleitmengen für einen möglichen Neubau vorliegen. „Wenn man transparente Kosten haben will, landet man bei den Firmen immer schnell beim Betriebsgeheimnis“, so Dahlendorf. Das könne man mit einer Ausschreibung umgehen, die aber hier noch nicht erfolgt ist. Nur so könne eine tragfähige Wirtschaftlichkeitsberechnung erfolgen, dazu müssen Einleitmengen und deren Zusammensetzung bekannt sein.

Damit bleiben, so Dahlendorf, gewisse Restrisiken, unter anderem, wenn Firmen in Insolvenz gehen und deren Abwässer nicht mehr eingeleitet werden.

Für die Bürger sei es entscheidend, so Birgit Albrecht von der AfD in der anschließenden Fragestunde, wie hoch die Gebühren seien, die bei den jeweiligen Varianten anfallen. Albrecht stellte kurz die Situation der Ortsteile dar, die nicht an das Abwassersystem angeschlossen sind und „ihr Abwasser teuer abfahren lassen müssen.“

Das sei aber nicht Thema des Abends, wie Stadtratsvorsitzender Andreas Dertz anmerkte. „Der Vortrag dient dazu, sich zu informieren – heute wird noch nichts beschlossen.“ Das Problem des Abfahrens sei bekannt und dafür gebe es Lösungen, so Bürgermeister Harald Bothe. Jedem dürfe klar sein, dass Anschlüsse entfernter Ortschaften wie Altenklitsche zu teuer seien und den Gebührenzahler hoch belasten würden. „Setzen Sie sich im Ort zusammen und errichten Sie eine Kleinkläranlage.“

Hintergrund: Die Einheitsgemeinde Jerichow gehört zu den Mitgliedsgemeinden des TAV Genthin und stellt einen Vertreter bei der Verbandsversammlung. Diese beschließt auch einen eventuellen Neubau der Kläranlage.

Dafür will der Verband die vor mehr als zwei Jahrzehnten stillgelegte TAV-Kläranlage in Genthin, die nur mit einer mechanischen Reinigungsstufe ausgestattet war, verfahrenstechnisch auf einen modernen Stand bringen.