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Ausgleichbeträge Zum Jahresende ist Zahltag

Die Sanierung der Genthiner Innenstadt hat ihren Preis.

11.10.2019, 06:00

Genthin l Böse Überraschung für nicht wenige Genthiner, die in der Innenstadt wohnen. In den vergangenen Wochen ist ihnen eine Vorankündigung zur Zahlungsaufforderung nach Abschluss der Stadtsanierungsmaßnahmen ins Haus geflattert. Es geht um sogenannte Ausgleichsbeträge. Post haben dabei jene Genthiner erhalten, deren Grundsstücke seit Beginn der Förderung im Jahr 1995 und nach Beschluss der Sanierungssatzung im Sanierungsgebiet liegen. Dieser Personenkreis war bereits im Vorfeld des Satzungsbeschlusses vor mehr als 20 Jahren auf die Entrichtung dieser Beträgen hingewiesen worden, sagt Fachbereichsleiterin Dagmar Turian. Beispielhaft nennt sie Bürgerveranstaltungen, Bürgerbriefe, aber auch bei Eintragungen ins Grundbuch oder bei Grundstücksverkäufen, spätestens aber beim Abschluss von Modernisierungsverträgen.

Seit 1995 flossen über die Stadtkernsanierung Fördermittel in einer Höhe von knapp zehn Millionen Euro nach Genthin, davon 3,2 Millionen Euro über Modernisierungsverträge an private Haushalte und weitere knappe drei Millionen Euro für Erschließungsmaßnahmen.

Nachdem das Land die Stadt zu einer Endabrechnung zum Ende des nächsten Jahres aufgefordert hat, werden nun alle Grundstückseigentümer des Sanierungsgebietes zur Kasse gebeten. Die Genthiner haben jetzt die Möglichkeit, Zahlungsvereinbarungen vor dem endgültigen Bescheid abzuschließen. Dabei könnten sie, sagt Turian, noch vor dem offiziellen Ende der Förderperiode in den Genuss von Zahlungsvorteilen kommen. Es geht um einen fünfprozentigen Rabatt.

Die gezahlten Beträge fließen wiederum in den großen Fördertopf zurück und kommen öffentlichen Maßnahmen im Sanierungsgebiet zugute. Trotzdem: Die Vorankündigungen zur Zahlungsaufforderung haben unter den Genthinern für Unmut gesorgt. Inzwischen gebe es aber auch, so die Fachbereichsleiterin, nicht wenige Grundstücksbesitzer, die bereit seien, die freiwillige Zahlungsvereinbarung abzuschließen.

Einer Anfrage von Grünen-Stadtrat Lutz Nitz zufolge, die er im Stadtrat als Bürger der Hagenstraße in der Einwohnerfragestunde an die Verwaltung richtete, soll es sich dabei um einen Gesamtbetrag in Höhe von zirka 800.000 Euro handeln, die in Genthin aus der Stadtkernsanierung-Kasse derzeit noch vakant bleiben. Die genaue Einnahme kann laut Dagmar Turian noch nicht benannt werden, da aktuell die grundstücksbezogenen Daten ermittelt würden.

Um die Zahlung der Ausgleichsbeträge werden Anwohner nicht herumkommen, sie ist gesetzlich festgelegt. Das Land, erklärt Fachbereichsleiterin Dagmar Turian, geht davon aus, das sich der Wert aller Grundstücke im Stadtkerngebiet durch die Sanierung erhöht habe. Ein Gutachterausschuss hat diese Wertsteigerung ermittelt, bevor die Bescheide verschickt wurden. Fachbereichsleiterin Dagmar Turian argumentiert, dass mit der Stadtkernsanierung die Infrastruktur des gesamten Gebietes verbessert worden sei. Dabei verweist sie insbesondere auf kostenintensive Straßenbaumaßnahmen in der Brandenburger Straße, in der Mühlenstraße, Dattelner Straße, der Lindenstaße und in der Kleinen Schulstraße. Die Ausgleichsbeträge, die jetzt angekündigt wurden, sagt sie, würden um ein Vielfaches unter der Höhe der Straßenausbaubeiträge liegen, die über die Straßenausbausatzung sonst auf den Bürger zugekommen wären.

Aus Mitteln der Stadtkernsanierung konnte der Wasserturm teilsaniert werden, wurde der Marktplatz neu gestaltet, erhielt das Rathaus eine neue Fassade und ein neues Dach, entstand ein Kinoparkplatz, wurden Lindenhof und Bibliothek saniert. „Mit der Förderung ist es gelungen, erhebliche städtebauliche Defizite zu beheben“, resümiert die Fachbereichsleiterin.

Die Fraktion des Stadtrates Wählergemeinschaft Genthin-Mützel-Parchen wollte, nachdem die Bürger verärgert die Vorankündigungen erhalten hatten, auf eine Info-Veranstaltung drängen. Dieser Antrag fand allerdings keine Mehrheit im Stadtrat. Auch Fachbereichsleiterin Dagmar Turian ist keine Verfechterin einer solchen Veranstaltung. „Wir haben im Sanierungsgebiet 1200 Grundstücksbeteiligte, da ist ein öffentliches Forum illusorisch.“ Sie rät Genthinern, die Fragen haben, sich an das Rathaus zu wenden. Mitarbeiter des Sanierungsträgers würden auch persönliche Termine anbieten, um Unklarheiten zu beseitigen. Davon würden die Betroffenen bereits Gebrauch machen.

Die Zahlungen, die im Vorfeld der endgültigen Bescheide eingehen, sollen wieder für öffentliche Maßnahmen im Sanierungsgebiet verwendet werden, zum Beispiel zum Ausbau der Großen Schulstraße mit einer Schulwegsicherung, für Gehwege in der Hagenstraße und der Magdeburger Straße. Die Entscheidung über den Mitteleinsatz wird der Stadtrat treffen. Entscheidend dabei sei aber die Höhe der Einnahmen vor Bescheiderstellung, gibt Turian zu bedenken.

Erst mit Aufhebung der Sanierungssatzung seien die Einnahmen zu jeweils einem Drittel an Bund und Land Sachsen-Anhalt zurückzuzahlen, antwortete Turian auf eine weitere Anfrage von Lutz Nitz. „Vielleicht ist der eine oder andere Bürger doch bereit, einen Vertrag freiwillig einzugehen, wenn ihm bewusst wird, dass sein Eigenanteil seiner Heimatstadt zugute kommen wird“, reagierte Nitz.

Die Ablösevereinbarungen können bis zum 31. Dezember abgeschlossen.