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Autorenpaar Rückkehr nach Norwegen ungewiss

Monika und Manfred Helmecke aus Genthin treffen die Corona-Beschränkungen: Buchpremiere abgesagt, die Tochter blieb ohne Besuch.

Von Julia Irrling 28.04.2020, 01:01

Genthin l Einkaufen für drei Wochen, kaum Kontakt zu den Nachbarn: Für Manfred und Monika Helmecke ähnelt die derzeitige Situation ihrem Leben in Norwegen. Das Schriftsteller-Ehepaar verbringt seit 20 Jahren abwechselnd jeweils ein Jahr in Genthin und ein Jahr in Årnes, in einer Hütte direkt am Fjord.

Der nächste Nachbar ist über einen Kilometer entfernt, erzählt Manfred Helmecke. Das Leben dort sei ein einfacheres, man sei der Natur näher und lebe mit dem Tageslicht. Denn zwei Monate lang im Jahr geht die Sonne nicht auf. „Deprimiert hat uns das nie“, sagt Monika Helmecke. Und dann erzählen die beiden von einer norwegischen Eigenart: Auch wenn die Bewohner eines Hauses für längere Zeit nicht da sind, wird das Licht immer angelassen.

Seit 1978 ist das Ehepaar freiberuflich tätig. Entstanden sind seitdem etliche Hörspiele, Krimis, Kinderbücher und Reiseberichte. Das jüngste Werk von Manfred Helmecke, „Kreuzfahrt - mit 75 Jahren um die Welt“, sollte eigentlich auf der Leipziger Buchmesse Premiere feiern. Durch Corona wurde diese sowie auch einige Lesungen abgesagt. Monika Helmecke hatte da noch Glück. Ihr neuester Kriminalroman erschien im Dezember vergangenen Jahres.

Abgesagt wurde nicht nur die Buchpremiere, sondern auch die Reise nach Frankreich zu ihrer Tochter Anja, die dort in einem Kloster als Nonne lebt. Dass sie ihre Tochter zu ihrem 50. Geburtstag nicht besuchen konnten, bedauern Helmeckes sehr, denn sie sehen sie nur selten. Als Angehörige des Karmeliterordens hat ihre Tochter keinen eigenen Besitz, ein Spaziergang oder gar eine Reise außerhalb der Klostermauern ist untersagt. „Sie kommen da nicht raus“, sagt Manfred Helmecke. Auch wenn das Ehepaar ihre Tochter zweimal im Jahr besucht, sehen sie sich im Kloster nur durch ein Gitter hindurch. Die Kommunikation während des restlichen Jahres beschränkt sich überwiegend auf das Schreiben von Briefen.

Seit 19 Jahren lebt Anja Helmecke nun schon im Kloster. „Einmal sagte sie, sie fühle sich frei und wir seien diejenigen, die hinter Gitter leben“, erzählt Manfred Helmecke. Aktuell, findet das Ehepaar, habe der Vergleich tatsächlich etwas Passendes. Treffen mit Familie und Freunden haben sie jetzt, während der Corona-Krise, stark heruntergefahren. „Der Kontakt zu den Nachbarn fehlt schon ein bisschen“, gibt Manfred Helmecke zu.

Auch ihr zehntes Enkelkind, das kürzlich geboren wurde, konnten sie noch nicht kennenlernen. Dabei lebt ihr Sohn mit seiner Frau und den mittlerweile fünf Kindern gar nicht so weit entfernt – in Berlin nämlich. So hoffen Monika und Manfred Helmecke zumindest im Juni ihre geplante Reise nach Norwegen antreten zu können. Dort lebt auch ein weiterer Sohn mitsamt Familie – von ihrer eigenen Hütte in Årnes aus 200 Kilometer auf dem Landweg entfernt.

Ob die Reise nach Norwegen stattfinden kann, ist noch nicht gewiss. Sollte die Lage sich nicht verschlechtern, sehe es aber aktuell ganz gut aus, berichten die Schriftsteller. Hilfreich ist für das Ehepaar, dass sie eine Daueraufenthaltsgenehmigung für Norwegen besitzen. „Wir freuen uns auf jeden Fall auf die Reise“, erklärt Manfred Helmecke, der als passionierter Angler auch vor Ort seinem Hobby nachgeht. Jedesmal, wenn sie wieder nach Deutschland kämen, brächten sie daher Unmengen an Fisch mit. Dieser nimmt gewissermaßen den Platz der Hühner ein, die sie auf dem Hinweg dabei haben – tiefgefroren natürlich. Und wenn es dann endlich wieder Richtung Norden geht, sie Haus und Hof in Genthin zusperren, dann bleibt ein Stück norwegische Tradition hier: Denn das Licht, das lassen sie auch hier immer an.