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Bewirtschaftung Wie geht es mit dem Bahnhof weiter?

Keine Zustimmung gab es zu den Plänen, im Genthiner Bahnhof eine Spielothek einzurichten. Andere Kommunen gehen bei der Nutzung anders vor.

Von Mike Fleske 30.01.2020, 00:01

Genthin l Der Bau- und Vergabeausschuss des Stadtrates hat in nichtöffentlicher Sitzung deutlich gegen Pläne votiert, mit denen ein Bistro und eine Spielothek im Bahnhof angesiedelt werden sollen.

Somit haben die Pläne des Genthiners Roger Neumann, die Bahnhof-Räumlichkeiten in der Hauptebene nach einem Gesamtkonzept zu bewirtschaften, einen Dämpfer bekommen. Schließlich hatte er auch den Eigentümer des Gebäudes, das Immobilienunternehmen Aedificia von seinen Plänen überzeugt. Mit der Ansiedlung des Gewerbes sollte daher auch eine Sanierung des Bahnhofsgebäudes verbunden sein. Ganz vom Tisch sind die Pläne allerdings noch nicht. Die endgültige Entscheidung wird der Landkreis treffen. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wird die Stadt nur angehört.

In anderen kleinen Kommunen ist man bei der Bewirtschaftung des eigenen Bahnhofes bereits weiter. Der Aedificia-Bahnhof in Coswig wird beispielsweise zu einer Tagespflege mit Wohnen umgebaut. Für Reisende soll sich nach dem Umbau nichts ändern. Der DB-Shop mit Fahrkartenverkauf und Imbiss ist bis 2027 vertraglich gesichert, heißt es seitens des Immobilienunternehmens, das deutschlandweit rund 40 Bahnhöfe in seinem Portfolio hat. Seit einigen Monaten allerdings einen weniger.

„Wir haben unseren Bahnhof vom Immobilienunternehmen zurückgekauft“, berichtet Sven Krüger, Oberbürgermeister der sächsischen Stadt Freiberg. Die Stadt Freiberg hatte das marode Gebäude nach langen Bemühungen erworben. Nun soll es saniert und belebt werden. „Schon in der Bahnhofshalle sollen die Gäste unserer Silberstadt künftig ein Gefühl dafür bekommen, was Freiberg zu bieten hat“, sagt der Stadtchef. Ähnlich wie Genthin vor wenigen Jahren Ideen für ein neues Stadtkulturhaus mit den Einwohnern suchte, geht die Stadt Freiberg nun bei Gestaltungsvorschlägen für ihren Bahnhof vor.

In der vergangenen Woche gab es erstmals einen „Bürgerdialog Bahnhof“, dem sich 80 Interessierte der 40.000 Einwohner-Stadt angeschlossen hatten. Im April und Juli, so Krüger würden die Dialoge fortgesetzt.

In Bernburg (Sachsen-Anhalt) wurde das Bahnhofsgebäude vor einigen Jahren über Fördermittel saniert. „Ein so altes Gebäude zu sanieren, ist ein schwieriges Unterfangen.“ Die 150 Jahre alte Bausubstanz sei nicht vergleichbar mit einem Wohnhaus, machte der Bernburger Oberbürgermeister Henry Schütze vor einiger Zeit gegenüber der Volksstimme deutlich. Dass diese Gebäude durchaus wichtig für die Menschen in der Stadt sind, bestätigt aber auch Schütze.

In Kitzingen (Bayern), wo der Bahnhof genau wie in Genthin zur Aedificia gehört, hatte die Kommune das Kaufrecht für ihren geschlossenen Bahnhof vor rund zwei Jahren ausgeschlagen. Daraufhin war die Aedificia als Eigentümer eingestiegen.

Zwar ist der Genthiner Bahnhof geöffnet, vergleichbar ist aber, dass sich auch in Bayern ein lokaler Investor fand, der das Gebäude wiederbeleben möchte. Ein Bäcker soll angesiedelt werden, ein Fahrkartenverkauf und Büros oder Ladenflächen. Allerdings malen auch in der 21.000 Einwohner zählenden bayerischen Kleinstadt die Mühlen langsam. Mindestens bis zum Jahresende wird der Bahnhof noch geschlossen bleiben.

Nicht überall läuft die Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Unternehmen reibungslos. In Bad Friedrichshall (Baden-Württemberg) verlieren die Stadtoberen mittlerweile die Geduld. Die Verwaltung meint, dass der Eigentümer in den vergangenen fünf Jahren keine erkennbaren Sanierungen vorgenommen und dadurch einen Vertragsverstoß begangen habe. Im Raum steht nunmehr sogar der Gang vor Gericht.

In Brake (Niedersachsen) mit etwa so vielen Einwohnern wie Genthin, sind im vergangenen Jahr die Pläne zur Belebung des dortigen Bahnhofes gescheitert. Geplant war ein Hotel und Bäckereien in dem täglich von rund 1500 Fahrgästen frequentierten Bahnhof einzurichten. Doch kurz vor der Unterschrift mit der Aedifica zog sich ein Investor aufgrund von ungünstigen Bedingungen, die er erwartete, zurück.

Es sind nur einige Beispiele von Bahnhöfen eher kleinerer Städte, aber sie zeigen, dass sich die Kommunen höchst unterschiedlich engagieren und auch dass es keinen Königsweg für die Nutzung der oft markanten und historischen Bahnhofsgebäude gibt.