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Bogenschießen Das lange Spitze muss ins runde Schwarze

Tom Schwartz aus Altenplathow lebt seine Leidenschaft fürs Bogenschießen nicht nur sportlich aus, sondern will auch andere dazu animieren.

Von Nathalie Mucha 26.08.2016, 05:00

Genthin/Parey l Wer eines Tages wie Legolas oder Katniss Everdeen mit Pfeil und Bogen umgehen will, wird enttäuscht sein. Denn es ist nicht möglich, innerhalb von nur zwei Sekunden den Pfeil anzulegen, das Ziel anzuvisieren, den Bogen zu spannen und zu schießen. Im Bogensport geht es nicht um Schnelligkeit, sondern um Kraft, Ausdauer und vor allem um innere Ruhe. Man muss sich konzentrieren können und gleichzeitig den Vorgang nicht zerdenken, eben innerlich ausgeglichen sein.

Das ist manchmal gar nicht so leicht, aber eben darum ist das Bogenschießen so ein guter Ausgleich zum stressigen Alltag. Es erfordert Disziplin . Das Visualisieren des Ziels gestattet einem nicht, an etwas anderes zu denken. Ansonsten fliegt der Pfeil sonst wo hin. Man ist dazu gezwungen, abzuschalten, wenn man ins Schwarze treffen möchte.

Die ausgeprägteste Form, auf diese Art und Weise zu schießen, ist das japanische „Kyodo“ mit einem Bogen aus Bambus. Wird in der westlichen Welt das Bogenschießen als Sport angesehen, ist das traditionelle japanische Schießen eher eine Form der Meditation. Ein Ausgleich zum immer stärker technisierten Alltag.

Auch in Deutschland gibt es das traditionelle Bogenschießen, das Schießen ohne technische Hilfsmittel. Allerdings werden andere Bögen verwendet. Es gibt Langbögen, Recurvebögen und Compoundbögen (siehe Infokasten). Der wesentliche Unterschied zum japanischen Bogenschießen besteht darin, dass zusätzlich zur inneren Einstellung noch der Wettkampfgedanke zählt. Daraus resultieren auch die unterschiedlichen Arten, zu Schießen.

Beim intuitiven Schießen zielt man nicht im eigentlichen Sinn, sondern visiert das Ziel an. Der Blick ist auf das gerichtet, was man treffen möchte. Grundprinzip ist, dass der Körper nach wiederholtem Schießen den Bewegungsablauf speichert und sich so von Schuss zu Schuss das Ergebnis verbessert. Er lernt sozusagen mit jedem Schuss dazu und kann den Ablauf jederzeit wiederholen. Dabei bilden Erfolg und Misserfolg die Basis.

Das gilt auch für das Systemschießen, nur erlernt man hier die Bewegungsabläufe bewusster, denn man zielt über die Pfeilspitze. Dies stellt den Schützen vor neue Herausforderungen, denn er kann nicht wie der Intuitivschütze vollends auf unterbewusst verankerte Bewegungsabläufe zurückgreifen. Er lernt bewusster, indem er sich die äußeren Bedingungen merkt: Abstand und Winkel zum Ziel, Wetter, die eigene Befindlichkeit. Der Schütze berechnet all diese Faktoren bei seinem Schuss mit ein. Das mag komplizierter erscheinen als beim intuitiven Bogenschießen, aber es kommt darauf an, was für ein Typ man ist.

Generell kommt es beim Bogenschießen immer auf den Typ an. Danach richtet sich der gesamte Schießvorgang. Alle Kleinigkeiten haben einen Einfluss auf das Ergebnis und sie beeinflussen sich auch untereinander. Schütze, Equipment und die äußeren Bedingungen müssen aufeinander abgestimmt sein.

„Je besser dies gelingt, desto besser ist auch das Ergebnis“, sagt Torsten Schwartz. Der Genthiner betreibt seit sechs Jahren sein Geschäft „Blackarrow-Refugium“ in Altenplathow. Und das ziemlich erfolgreich. Mittlerweile fertigt er pro Woche rund 150 Pfeile an, die er unter anderem nach Belgien, Österreich und in die Niederlande verschickt. Bislang kann er 3000 Pfeilvariationen herstellen. Sogar Spitzensportler verwenden seine Pfeile, sein Material. „Meine Kontakte reichen bis nach Brasilien.“

Trotz geschäftlichen Erfolgs bewahrt sich der Inhaber seine persönliche Note. Bei ihm wird alles individuell auf den Schützen abgestimmt, dafür nimmt er sich Zeit. Sein Repertoire besteht aber nicht nur aus handgefertigten Pfeilen. Torsten Schwartz verkauft alles, was das Bogenschützenherz begehrt: von Zubehör über Ausrüstung bis hin zu Bögen. Selbst ist Torsten auch im Bogensport aktiv, seit vier Jahren international.

2014 war er bei den Europameisterschaften in Frankreich dabei, letztes Jahr in Ungarn bei den Weltmeisterschaften. Schwartz schießt traditionell, bekannter von Wettkämpfen wie Olympia ist eher das technische Bogenschießen. Dabei kommen Visiere, Stabilisationssysteme und andere technische Hilfsmittel zum Einsatz, die das Schießen erleichtern. Man muss eigentlich nichts weiter tun, als den Bogen festzuhalten, sogar der Auszug ist beim technischen Bogenschießen erleichtert. Dank dieser Fülle an Hilfsmitteln ist es unmöglich, die Zielscheibe überhaupt nicht zu treffen, es sei denn, der Schütze erblindet oder bekommt einen Krampf im Arm. Häufig sieht man bei Turnieren die klassische Zielscheibe, es gibt aber auch noch andere Zielarten, zum Beispiel Säcke, welche man ausstopft.

Sie werden häufig irgendwo aufgehängt und sind nicht ganz so starr wie eine Zielscheibe. Das 3D-Schießen erregt da schon mehr Nervenkitzel. Zumeist absolviert der Schütze eine Art Parcours, bei welchem er auf unterschiedliche Zielobjekte wie Hasen, Wildschweine und sogar Bären aus Plastik schießt. Im Gegensatz zu normalen Zielscheiben kann man hier nicht nur die Entfernung, sondern auch den Schusswinkel variieren. So entsteht das Jagdgefühl. Ebenfalls variabel, handlich und somit perfekt geeignet für das Schusstraining auf kurze Distanzen ist der Würfel.

Er ist ungefähr so groß wie eine kleinere Zielscheibe. Erhöht positioniert kann man ihn durchaus als solche verwenden. Auf Grund der Tatsache, dass er klein und handlich ist, kann man ihn verschieden positionieren. Somit ist er vielseitig einsetzbar und lange nicht so teuer wie die 3D-Tiermodelle, zudem praktischer.

Der 50-Jährige betreibt seit nunmehr fast vier Jahren Bogensport. Er ist kein aktives Vereinsmitglied, schießt eher privat auf seinem Grundstück. Es geht ihm nicht um Erfolg, auch wenn der Ehrgeiz ihn ab und zu mal packt.

Aus Spaß an der Freude hat er schon einmal an einem 3D-Tunier teilgenommen und war nicht der Schlechteste. „Das hat mich schon gefreut“, erinnert er sich. Leider komme er viel zu selten zum Schießen. Man brauche dazu eben Zeit, eine gewisse Vorbereitung sei außerdem notwendig. Doch wenn man erst einmal die nötige Zeit findet, möchte man dieses Hobby nicht mehr missen. Auch wenn man nicht schießt wie Legolas.