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Flüchtlinge 660 Stunden Deutsch pauken

In Genthin hat der erste Integrationskurs zum Erlernen der deutschen Sprache begonnen. Als Träger fungiert die Kreisvolkshochschule.

Von Simone Pötschke 20.10.2015, 01:01

Genthin l Kurz vor Beginn der Unterrichtsstunde: Kursleiterin Goulnara Wachowski schreibt Übungssätze an eine kleine Tafel, während Wiebke Schwendrowski von der Kreisvolkshochschule die Funktionsweise des Polylux überprüft. Von Mittwoch bis Freitag ab 13 Uhr, jeweils fünf Unterrichtsstunden, finden sich hier in den nächsten Wochen 15 Lernende zusammen.

Grundsätzlich kann jeder Flüchtling einen solchen Kurs belegen. Der Flüchtling, der einen dauerhaften Aufenthaltsstatus besitzt und eine Kurs-Teilnahmeberechtigung durch das Ministerium für Migration und Flüchtlinge erhalten hat, ist kostenbefreit, wer keine Teilnahmeberechtigung vorweisen kann, muss zahlen. Jeder, der einen Aufenthaltstitel vorweisen kann, besitzt ein Recht auf einen solchen Sprachkurs.

Der Kurs im Genthiner Kreishaus vereint Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft. Syrer, manche mit kurdischem Hintergrund, Turkmenen, Marokkaner, Rumänen, Griechen… Dass in dem Kurs viele Nationalitäten vertreten sind, versetzt Deutschlehrerin Goulnara Wachowski von Anfang an in die Pflicht, sich miteinander ausschließlich deutsch zu verständigen. Nach nur einer Woche klappt die Begrüßung oder ein freundliches „Wie geht es?“ schon ganz gut.

Dennoch, das wissen Goulnara Wachowski, eine promovierte Germanistin aus Russland, und Wiebke Schwendrowski, liegt vor den Kursteilnehmern mit insgesamt 660 Unterrichtsstunden ein hartes Stück Arbeit. Dazu käme, dass die Kursteilnehmer zum Teil auch unterschiedliche intellektuelle Zugangsvoraussetzungen hätten und es für manche durchaus schwer sei, stundenlang die Schulbank zu drücken. Die Menschen, die die deutsche Sprache erlernen wollen, kommen zudem aus völlig verschiedenen Berufen und gesellschaftlichen Schichten. Eine erste Verständigung mit Goulnara Wachowski ergab, dass ihre Deutsch-Klasse einen Lackierer, einen Mechaniker, eine Wirtschaftswissenschaftlerin, einen chemischen Physiker und einen Trainer vereint. Sie alle sollen mit der Beendigung des Kurses fit dafür sein, den deutschen Alltag zu meistern.

Goulnara Wachowski zählt zu den wenigen Lehrkräften, die, um einen solchen Kurs erteilen zu können, über eine notwendige Lehrbefähigung - Deutsch als Fremdsprache - verfügen. Für Wiebke Schwendrowski ist die studierte Germanistin ein Glücksfall. Zum einen sei ihre Qualifikation relativ selten. Es gebe zwar etliche Deutschlehrer, die bereit wären, Unterricht zu erteilen, doch dafür müssten sie sich eben zusätzlich qualifizieren, macht Schwendrowski deutlich. Andererseits sei für die in Frage kommenden Lehrkräfte, die hauptsächlich in Magdeburg ansässig sind, Genthin unattraktiv und die Anreise zu lang. Burg habe da bessere Karten, wo mittlerweile drei solcher Integrationskurse unter dem Dach der Kreisvolkshochschule laufen.