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Genthin Hass-Post könnte Folgen haben

Mit einem rassistischen Post im Internet könnte sich ein Facebook-Nutzer aus Genthin Ärger im wirklichen Leben einhandeln.

Von Mike Fleske 10.09.2015, 21:09

Genthin l Ein rassistischer Kommentar im Internet könnte für einen Nutzer der Plattform „Facebook“, strafrechtliche Folgen haben. „Buchenwald... Dar ist so viel Platz alle dar hin... Der Ofen ist noch warm...“, hatte der Mann geschrieben, der als Wohnort Genthin und als Arbeitgeber die Deutsche Bahn angegeben hat. Bekannt geworden ist der Post durch das Internet-Portal „Perlen aus Freital“, die Betreiber nennen sich Christopher und Frederik. Sie verstehen ihre Webseite als Internet-Pranger gegen Rechtsextremismus und sammeln dort sogenannte Hass-Posts aus verschiedenen sozialen Netzwerken. Diese veröffentlichen sie mit vollständiger Namensnennung der Kommentatoren. Die Betreiber hoffen, dass Familienmitglieder, Freunde oder auch Arbeitgeber der Personen auf den Pranger aufmerksam werden. So kämen die Schreiber in die Verlegenheit, ihre Aussagen im wahren Leben rechtfertigen zu müssen. Die Blogbetreiber haben gestern Vormittag die Deutsche Bahn über den Post informiert.

Auf Volksstimme-Anfrage macht ein Bahn-Sprecher deutlich: „Kulturelle Vielfalt, Offenheit, Toleranz und Respekt sind Grundwerte der Deutschen Bahn. Rassistische oder fremdenfeindliche Äußerungen widersprechen unseren Unternehmenswerten. In Deutschland arbeiten für die DB rund 200.000 Menschen aus mehr als 100 Nationen und Kulturen - für uns ist das gelebte Vielfalt.“ Den Hinweis auf das Facebook-Profil des vermeintlichen Mitarbeiters nehme die Deutsche Bahn sehr ernst und prüfe den Fall intern. „Vermeintlicher Mitarbeiter deshalb, weil aktuell nicht geklärt ist, ob die hier angesprochene Person überhaupt oder überhaupt noch Mitarbeiter unseres Unternehmens ist“, führt der Sprecher aus. Zudem müsse geklärt werden, ob die im Profil aufgeführte Person auch wirklich Betreiber des Profils sei. Erst danach könne es eine Aussage über das weitere Vorgehen geben.

Auch Genthins Bürgermeister Thomas Barz distanziert sich von derartigen Hass-Einträgen, muss aber eingestehen, den genannten Fall nicht zu kennen. „Ich glaube, dass die aktuellen Themen die Menschen sehr berühren, diskutieren lassen und momentan mit erheblichen Emotionen verbunden sind“, sagt er und fügt hinzu: „Gleichwohl ist es aber keine Entschuldigung oder ein Freischein für Beleidigungen, Verleumdungen oder rechtswidrige Aufrufe.“ Häufig würden soziale Netzwerke als rechtsfreier Raum gesehen. „Einige Nutzer bewegen sich vermeintlich anonym und haben keinerlei Hemmschwelle und überschauen nicht, was sie mit Äußerungen auslösen.“ Vielfach seien sich die Nutzer schlicht der Tragweite nicht bewusst, dass sie für ihre Äußerungen haften.

Mittlerweile haben Äußerungen im Internet immer häufiger spürbare Folgen im wirklichen Leben. Dieser Tage geht ein Fall aus Berlin durch die Medien, bei dem ein 26-Jähriger nach einem Hass-Posting zum ertrunkenen Flüchtlingskind Aylan von seinem Arbeitgeber entlassen worden ist. Der Mann war bei einem Speditionsunternehmen beschäftigt, dass auch Transporte für Hermes erledigte. Noch in Erinnerung sind mehrere Fälle aus Österreich, in denen Arbeitgeber im Sommer auf rassistische Posts reagierten.

Ein Lehrling wurde im Juli von seinem Arbeitgeber, der Porsche-Holding gefeuert, nachdem er bei Facebook einen rassistischen Kommetar unter ein Foto mit einem Flüchtlingskind gesetzt hatte. Zwei österreichische DRK-Mitarbeiter wurden entlassen, weil sie bei Facebook gegen Flüchtlinge hetzten. Bei einer der Mitarbeiterinnen soll es sich gar um eine Helferin eines Flüchtlingslagers gehandelt haben.

Gegen den Facebook-Nutzer wurde inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen des Tatbestands der Volksverhetzung durch die Polizei Jerichower Land eingeleitet. „Viele vergessen in der scheinbaren Anonymität sozialer Netzwerke, dass Beleidigungen, Drohungen oder dergleichen wie reelle Straftaten geahndet werden“, sagt Polizeisprecher Thomas Kriebitzsch. Eine Äußerung wie im geschilderten Fall kann für den Nutzer des sozialen Netzwerks eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen.