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Haushalt Neue Runde im Steuerstreit

Eine Rückzahlung an alle Steuerpflichtigen der Genthiner Fienerdörfer wird derzeit kontrovers diskutiert.

Von Simone Pötschke 15.11.2018, 00:01

Genthin l Leserbriefe aus Paplitz und Gladau im Genthiner Rundblick heben den vom Verwaltungsgericht Magdeburg entschiedenen Steuerstreit zwischen Stadt Genthin und Klägern aus Paplitz, Gladau und Schopsdorf wieder auf die Tagesordnung. Es sei ungerecht, so der Tenor der Leserbriefe, dass nur die 33 Kläger, die sich zu einer Musterklage zusammengeschlossen hatten, die zu viel gezahlten Steuern rückerstattet bekommen.

Das Gericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass nicht vorzeitig an der Festschreibung der Hebesätze in den Gebietsvereinbarungen, auch nicht im Hinblick auf die Haushaltskonsolidierung, hätte gerüttelt werden dürfen. Deshalb müsse, interpretieren die Leserbrief-Autoren das Urteil, gleiches Recht für alle gelten.

Diese Verstimmungen thematisieren nun die im Stadtrat sitzenden Grünen. So steht ein Antrag in den Fachausschüssen zur Disposition, die Steuererhöhungen, konkret die Steuersätze für Grund- und Gewerbesteuern, zurückzudrehen. Die Erfolgsaussichten sind bisher jedoch bescheiden.

Einen Vorgeschmack auf die Entscheidung, die der Stadtrat am 22. November treffen wird, gab die Sitzung des Rechnungsprüfungs- und Finanzausschusses am Dienstag, der über einen entsprechenden Beschluss zunächst nur vorzuberaten hatte.

Lutz Nitz warb leidenschaftlich vor dem Ausschuss, in dem die Grünen eigentlich keinen Sitz haben, für die Rücknahme der Steuererhöhung für die Fienerdörfer. Die Mehrheit im Stadtrat habe mit der Steuererhöhung eine falsche Entscheidung getroffen, sagte Nitz in Anspielung auf die Urteilsbegründung. „Wir und die Verwaltung haben die Bürger betrogen und einen Fehler gemacht. Dazu sollten wir als Stadtrat stehen.“

Anfänglich gab es 140 Widersprüche. „Es ist juristisch Recht gesprochen worden, das korrekt und nicht angreifbar ist, doch dieses Urteil entspricht nicht meinem Gerechtigkeitsempfinden“, versuchte Nitz, die Ausschussmitglieder für den Beschluss zu gewinnen. Vergeblich.

Andreas Buchheister (CDU) konterte die Ausführungen des Grünen mit der Frage, ob die Grünen ein Finanzierungsvorschlag parat hätten, um die Rückzahlungen im Haushalt abzufedern. Nitz entgegnete ihm, entweder auf Rücklagen zurückzugreifen oder darüber nachzudenken, die Haushaltskonsolidierung zu strecken. Letzteres sei durchaus schon einmal praktiziert worden. „Ein Haushaltskonsolidierungskonzept ist kein Dogma.“

Im Zuge der Steuerrückzahlung wird die Kämmerei an die 33 Kläger zirka 42 000 Euro auskehren müssen. Im Falle einer generellen Rückzahlung an die Steuerpflichtigen der Fienergemeinden, allerdings ohne Tucheim, würden 307 000 Euro für die Stadt auflaufen.

Die CDU, die die größte Fraktion im Stadtrat bildet, signalisierte in ihren Reihen noch Diskussionsbedarf und äußerte sich noch nicht zu dem Grünen-Vorstoß.

Für Pro Genthin/FDP kündigte Sebastian Hahn an, dass seine Fraktion eine Steuerrückzahlung für alle ablehnend gegenüber stünde. Hahn räumte ein, dass es zweifellos eine Ungerechtigkeit gebe. Es habe, hielt er dagegen, jedoch viele Leute gegeben, die die Notwendigkeit dieser Steuererhöhung eingesehen hätten und bereit gewesen wären, „gemeinsam an einem Strang zu ziehen“.

Ein klares Nein kam auch von den Sozialdemokraten. Der Haushalt sei nach seinem Rechtsverständnis völlig in Ordnung, erklärte Helmut Halupka. Jeder habe das Recht gehabt zu klagen, schmetterte er den Vorstoß der Grünen ab.

Im zeitgleich stattfindenden Kultur- und Bildungsausschuss sagte SPD-Fraktionschef Horst Leiste zur Beschlussvorlage: „Ich hoffe, dass sich keine Mehrheit dafür im Finanzausschuss abzeichnet und sie auch nicht durch den Stadtrat kommt. Meiner Meinung nach widerspricht die Vorlage geltendem Gesetz und dem Gerichtsurteil.

Für mich ist das (gemeint der Beschluss - d. R.) ein frühes Wahlkampfgeschenk vor der Kommunalwahl 2019.“ Vertreter der Fraktion Die Linken und Ländliche Wählergemeinschaft Fiener waren bei der Sitzung des Finanzausschusses nicht zugegen.

Finanzielle Konsequenzen, die eine komplette Rückzahlung der zuviel entrichteten Steuern im Verlaufe der Haushaltskonsolidierung mit sich bringen würde, zeigte die Kämmerin auf. Wenn zurückgezahlt werde, müsse an anderer Stelle konsolidiert, also eingespart werden, erklärte sie. Ein Betrag über 300 000 Euro sei im Haushalt lediglich zurückgestellt, aber nicht zur Seite gelegt worden. Das Geld fehle damit im Finanzplan.