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Infrastruktur Genthins abgehängter Stadtteil

Die Infrastruktur in Altenplathow wird für ältere Menschen schlechter. Ein Spaziergang durch den ältesten Genthiner Stadtteil.

Von Massimo Rogacki 01.07.2016, 07:00

Altenplathow l Mit Siegrid Schmidt durch Altenplathow zu spazieren, fühlt sich an wie eine Zeitreise. „Altenplathow war mal so ein schönes Dorf“, sagt die Rentnerin. Neugierig späht sie durch die verdreckten Fenster einer alten, mittlerweile leerstehenden, Schule. „Ach, da hängen ja noch die Gardinen von Fräulein Rudolf, meiner alten Russischlehrerin“, merkt sie an.

Doch romantisch verklären möchte die 74-Jährige nichts. Ihr Anliegen ist ein praktisches: „Für alte Menschen wird es hier immer schwieriger. Wir hatten früher eine Vielzahl von Bäckern, Fleischern, Friseuren, viele Bauernhöfe, einen Tanzsaal – alles inzwischen weg“, beklagt die 74-Jährige. Für die Besorgung von Lebensmitteln sei inzwischen nur noch ein Supermarkt vorhanden. Ein Problem für die vielen Senioren im Stadtteil.

Kopfzerbrechen bereitet der Rentnerin, die mit sechs Jahren nach Altenplathow gezogen ist, auch der besorgniserregende Trend: „Wir haben schon jetzt keine Apotheke mehr, der letzte Zahnarzt geht auch bald, selbst der letzte Friseur macht demnächst dicht. Das sind doch keine Aussichten!" Und Siegrid Schmidt kennt viele teils gehbehinderte Anwohner, die diese Entwicklung beklagen.

Auch die Stadtseniorenvertretung hat im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Infrastruktur bei einer Ortsteilbegehung kürzlich festgestellt, dass die Lebensbedingungen für ältere Altenplathower schwieriger werden. „Die Infrastruktur dort ist wirklich schlecht“, sagt der Vorsitzende Heinz Köppe. Auf Misstände weist die von den Stadträten bestellte Vertretung immer wieder hin, im Moment werde ein neues Positionspapier erarbeitet, das dem Stadtrat vorgelegt werde, sagt Köppe. Auch um Altenplathow soll es darin gehen.

Siegrid Schmidt plant derweil ihren nächsten Einkauf. Einige Lebensmittel erhalte sie nur in einem größeren Supermarkt in der Geschwister-Scholl-Straße. Doch die Fahrt ist für die Rentnerin beschwerlich. „Durch die vielen Baustellen in der Stadt muss ich erst mit dem Bus zum Bahnhof und dann umsteigen. Da bin ich schon mal eine Stunde unterwegs“, beklagt sie.

Dass Siegrid Schmidt ihr Stadtteil am Herzen liegt, merkt man beim Spaziergang durch Altenplathow. Wenn sie etwa die ehrwürdige Dorfkirche preist, die nur durch einen Zufall nicht zerbombt wurde. Oder den Leerstand der Kellerschen Villa, der Tanzbar Neue Welt oder das Verrotten des Zichorienturmes beklagt.

Der Rentnerin ist bewusst, dass sich „die Uhr nicht zurückdrehen lässt“. Doch einige Entwicklungen lassen ihr keine Ruhe. Die Vermüllung rund um die Kleidercontainer in der Jägerstraße, eine Vielzahl von „vergessenen“ und verwilderten Gräbern auf dem ansonsten sehr gepflegten Friedhof. Ein Dorn im Auge ist der 74-Jährigen auch das illegale Abladen von Grünschnitt und Müll, in dem an die Kleingärten grenzenden Wald Am Hasenholz.

„Hier habe ich selbst noch Kiefern gepflanzt. Und jetzt ist hier alles vermüllt“, sagt sie. Abgeladen werde der Grünschnitt und der Unrat vor allem von Kleingärtnern, so die Vermutung Schmidts.

Daran sei die Stadt nicht unschuldig. „Ist doch klar, wenn die ganzen Grünschnittplätze aufgegeben werden.“ Auf der Höhe des ehemaligen Altersheimes in der Forststraße wird Siegrid Schmidt noch einmal nachdenklich. Sie hoffe, noch möglichst lang einigermaßen gut zu Fuß zu sein. Ein schlimmere Vorstellung, als aus Altenplathow wegziehen zu müssen, gibt es für die Rentnerin nicht.

Wie sehen Sie die Entwicklung in Altenplathow? Rufen Sie uns an: 03933/87 34 63 oder schreiben an redaktion.genthin@volksstimme.de.