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Integration 5000 Euro in Bibliothek investiert

Was mit dem Preisgeld von 5000 Euro passiert ist, das die Bibliothek Genthin 2016 bekam, wurde am Freitag präsentiert.

Von Kristin Schulze 17.07.2017, 01:01

Genthin l Die Bibliothek als Kompetenzzentrum für Deutsch als Fremdsprache. Mit dieser Idee hatte das Team um Leiterin Gabriele Herrmann beim Preis der mittelständischen Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt im Oktober 2016 gepunktet. Durch die Flüchtlingsproblematik ein aktuelles Thema. Die Integration von Migranten in Genthin, immerhin waren zu Höchstzeiten gut 1000 in der Stadt, sollte so unterstützt werden.

Gabriele Herrmann erläuterte am Freitag, wofür das Preisgeld von 5000 Euro genutzt wurde: „Wir haben Medienboxen und Unterrichtskoffer angeschafft, die verschiedene Themen unseres gesellschaftlichen Lebens, zum Teil auch mehrsprachig, abbilden.“ Etliche Lernspiele sowie Bücher wie Deutsch für Anfänger und Jugendliche, Wörterbücher für den Alltag und für den Beruf - das alles findet sich jetzt in einer separaten Ecke der Bibliothek. Doch das beste Material nutzt nichts, wenn niemand da ist, der Wissen vermittelt. Hier kommen zahlreiche Ehrenamtler ins Spiel, die seit gut zwei Jahren Spenden koordinieren, bei Behörden und mit Formularen helfen und Deutschkurse geben. Drei von ihnen haben Vorträge erarbeitet, die nun in der Bibliothek buchbar sind.

So beschäftigte sich Heike Stork mit dem Thema, wie man als Laie die deutsche Sprache vermittelt. „Was muss ich beachten?, Womit fange ich an?, Was tun bei Problemen?“ Vor diesen Fragen stand sie selbst, als sie 2015 begann, Kurse für Syrer und Afghanen zu geben. Mittlerweile hat sie Antworten gefunden und lässt andere an Methodik und Didaktik teilhaben.

Religion, Kultur, Sitten und Gebräuche in den Herkunftsländern hat Dr. Rena Levin für einen weiteren Vortrag aufgearbeitet. Die Dritte im Bunde beziehungsweise in der Bibliothek ist Claudia Borschinsky, die alle wichtigen Kontakte im Jerichower Land zusammengetragen hat. Was ist zu tun, um einen Kita-Platz zu beantragen? An wen muss ich mich wenden, wenn ich eine Ausbildung machen möchte? Dank Borschinsky gibt es für diese und viele andere Fragen nun einen Leitfaden.

Die Vorträge werden von den Ehrenamtlern selbst oder von Mitarbeitern der Bibliothek gehalten. Die beschafften Medien stehen zur Ausleihe bereit. Zielgruppe sind insbesondere Kitas und Schulen, aber auch die Akteure im Freizeitbereich, zum Beispiel die Ehrenamtler im Integrationstreff in der Einsteinstraße.

Anlässlich der Präsentation der Medien und Vorträge am Freitag sagte Bürgermeister Thomas Barz an die Ehrenamtler gewandt: „Auch dank Ihnen ist es gelungen, dass die Menschen, die Hilfe suchten, in Genthin Hilfe bekommen haben.“ Die „große Politik“ hätte den Fehler gemacht, zwei unterschiedliche Themen, nämlich Asyl und Fachkräftemangel, miteinander zu vermengen.

Mittlerweile hätte sich die Lage in Genthin beruhigt. „Was noch auf uns zukommt, kann ich nicht beurteilen. Gegenwärtig haben wir aber kaum bis gar keine Zuweisungen.“ Die Unterkunft in der Einsteinstraße wird nicht mehr für Flüchtlinge vorgehalten, die in Brettin steht noch bereit.

Viele haben inzwischen Wohnungen gefunden und besuchen die Integrationskurse des Landkreises. „Die Bedürfnisse haben sich verändert“, sagte Heike Stork, die noch immer feste Termine im Integrationstreff anbietet. Kurse für Frauen, in die sie ihre Babys mitbringen können. Nachhilfe für alle, die in den Sprachkursen nicht mitkommen und Hausaufgabenhilfe für Kinder seien jetzt gefragt.

Claudia Borschinsky erinnerte an die Anfänge der Sprachkurse und an das Stimmengewirr in den Räumen. „Syrer und Afghanen, Hochschulabsolventen und Analphabeten an einem Tisch, das war schon eine Herausforderung.“

Der mit 5000 Euro dotierte Preis hätte in jedem Fall geholfen, diese zu meistern, betonte Thomas Barz. „So viel Geld hätten wir als Stadt sonst nicht für die Integration ausgeben können.“ Ohne das Engagement der Frauen wäre Integration aber nicht möglich gewesen. „Für mich ist Ehrenamt, etwas für andere ohne einen gewerblichen Nutzen zu tun. Genau das haben Sie hier gelebt.“