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Integration Neue Heimat im Jerichower Land

Auch in Genthin wurden 2015 Flüchtlinge untergebracht. Viele von diesen Menschen haben die Möglichkeit, dauerhaft in Deutschland zu bleiben.

Von Mike Fleske 01.09.2020, 01:01

Genthin l Mohammed M. * kam im November 2014 nach Genthin. Er war seinerzeit einer der ersten syrischen Flüchtlinge, die in der Kanalstadt untergebracht wurden. Damals war er vor den blutigen Kämpfen in der Stadt Aleppo geflohen und gehörte zu den 60 frühen Flüchtlingen, die in der Genthiner Einsteinstraße in Dreiraumwohnungen untergebracht wurden. Mittlerweile lebt er mit seiner Frau in Burg, hatte aber in Genthin und Burg erste Schritte zur Integration unternommen, Sprachkurse besucht und an Fortbildungen teilgenommen.

„Ich habe nicht vergessen, dass wir damals von den meisten Menschen freundlich aufgenommen wurden und dass wir sehr viel Hilfe von Privatleuten bekamen.“ Heute ist der 38-Jährige in einer Handwerksfirma nahe Magdeburg tätig. Diese Arbeit lag nahe, da Mohammed in seiner Heimat den Beruf des Möbeltischlers gelernt hatte und als solcher in Syrien tätig war, bis der Krieg kam. Mohammed M. könnte eine sogenannte Niederlassungserlaubnis beantragen, mit der Flüchtlinge eine längerfristige Perspektive in Deutschland bekommen sollen.

Nach fünf Jahren befristetem Aufenthalt kann eine solche Erlaubnis beantragt werden. „Die Zahl der Anträge auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nimmt seit Anfang des Jahres stetig zu“, sagt der Beigeordnete des Landrates Thomas Barz (CDU), der 2015 Bürgermeister in Genthin war. Bis Ende Juli seien etwa 15 Anträge gestellt worden. „Davon konnten drei bereits positiv entschieden werden, einige befinden sich derzeit noch in Prüfung.“ Nach Ablauf der dreijährigen sogenannten Wohnsitzauflage im Landkreis, hätten sich viele der Flüchtlinge weitgehend im Jerichower Land eingelebt.

Dazu gehören laut Barz etwa die Aufnahme von Arbeit und der Schulbesuch der Kinder. Auch könnten anerkannte Flüchtlinge sogar schon nach drei Jahren eine Niederlassungserlaubnis beantragen, wenn sie die deutsche Sprache beherrschen und der Lebensunterhalt, inklusive Krankenversicherung, gesichert ist. „Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die Erteilungsvoraussetzungen, sofern sich ein Ausländer in seinen drei oder fünf Jahren Aufenthalt um eine gelungene Integration bemüht hat, nicht allzu schwierig erfüllen lassen“, sagt Thomas Barz.

Er meint, dass für viele Syrer die reelle Chance auf die Erteilung einer solchen Erlaubnis bestehe. Allerdings ist die Zahl der Flüchtlinge stark zurückgegangen. Zogen über das Jahr 2015 insgesamt 963 Syrer in das Jerichower Land, lebten hier Ende Juli dieses Jahres 434 Syrer mit Schutzstatus. 121 davon in Genthin.

Dass Flüchtlinge auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß fassen können, zeigt eine Studie des Forschungsinstitut IAB der Bundesagentur für Arbeit. Demnach habe jeder zweite Flüchtling, der von 2013 bis 2016 in die Bundesrepublik gekommen ist, fünf Jahre nach seiner Ankunft einen Arbeitsplatz gefunden. Damit sei die Integration auf dem Arbeitsmarkt schneller vorangekommen als bei den Menschen, die während des Bürgerkrieges in Jugoslawien in den 1990er-Jahren nach Deutschland gekommen seien.

Von diesen seien nach fünf Jahren 44 Prozent erwerbstätig gewesen. Gründe dafür: Ab 2015 sei mehr in Sprach- und Integrationsmaßnahmen investiert worden, als in den 90ern. Auch habe sich die Arbeitsmarktlage günstiger dargestellt. Und Mohammed M.? Der kann sich vorstellen einen Antrag auf eine Niederlassungserlaubnis zu stellen und lässt sich diesbezüglich beraten. „Ich bin in Burg heimisch geworden und bin auch gern in Genthin, es ist ein Stück Heimat“, sagt er.

* Der Name wurde auf Wunsch des Gesprächspartners geändert.