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Integration Zwei Kulturen auf Augenhöhe

Seit drei Monaten begleitet der Integrationslote Mohamed Mabruk Flüchtlinge in Genthin bei Behördengängen.

Von Juliane Just 28.07.2016, 07:00

Genthin l Es war ein Festmahl. Geflüchtete des Integrationskurses veranstalteten für ehrenamtliche Helfer ein Dankesessen, bei dem sie heimische Speisen auftischten. Ob gefüllte Weinblätter, Humus oder Hähnchen mit Grieß – die Syrerinnen kochten ein besonderes Buffet. Dabei trafen zwei Kulturen aufeinandern, in denen sich der Integrationslotse Mohamed Mabruk bestens auskennt. Seit März übt der Ägypter, der seit über 20 Jahren in Deutschland lebt, sein Amt in Genthin aus. Dies bedeutet, Geflüchteten bei Amtsgängen oder der Suche nach Kindergartenplätzen zu helfen, die Sprache in Integrationskursen zu vermitteln oder bei kleineren und größeren Problem sprachlicher Art bei Ärzten, Banken oder Angestellten zu vermitteln. Etwa 200 Geflüchtete betreut er in Genthin und Brettin.

„Ich bin Lehrer, Helfer, Psychiater, Vater und großer Bruder in einer Person“, erzählt der Integrationslotse. Einige Lebens- und Fluchtgeschichten gehen auch ihm nahe. „Was Menschen auf sich nehmen, um nach Deutschland zu kommen, ist unvorstellbar“, berichtet Mabruk. Bereits seit Beginn seiner Tätigkeit bietet der Integrationslotse auch Kurse zur Kultur des Nahen Ostens an. „Die Deutschen können diese Kultur so kennenlernen und vielleicht mit dem ein oder anderen Geflüchteten ins Gespräch kommen“, so Mabruk. Denn eine Verständigung kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Menschen aufeinander zugehen und die Eigenheiten der jeweils anderen Kultur verstehen.

Mabruk selbst sei während seines Studiums in Pädagogik und Germanistik in Kairo die deutsche Pünktlichkeit bereits aufgefallen. Eine typisches Klischee für Deutsche, doch er versucht dies auch den Syrern zu vermitteln. „In Deutschlandsind Termine heilig. Das müssen viele Geflüchtete erst noch lernen, denn das kennen sie so nicht“, erzählt er. Außerdem schätze er die deutsche Perfektion. „Wenn ich Zuhause ein Regal baue, wird das Pi mal Daumen gemacht“, sagt er lachend. Ein Deutscher bringe dafür einen Werkzeugkasten, eine Wasserwaage und Maßbänder mit. „Ich finde das gut, mache es aber immer noch auf meine Art. Da bleibe ich wohl durch und durch Ägypter“, berichtet er schmunzelnd.

Doch nicht nur die Syrer, auch die Deutschen wundern sich über einige Verhaltensweisen. „Menschen aus dem arabischen Raum fallen immer auf. Wir sind laut“, sagt er. Dabei sei dies jedoch keinesfalls, um Aufmerksamkeit zu erregen oder unfreundlich zu sein, sondern es liege in der Kultur. „Wir reden laut, wenn wir uns freuen, wenn wir diskutieren oder Neues zu berichten wissen“, erklärt Mabruk.

Nicht nur für die Geflüchteten hat Mabruk ein offens Ohr, sondern auch für die Genthiner selbst. „Einige Ortsansässige fragten mich, warum auf den Straßen so viele junge Syrer zu sehen sind“, erzählt der Integrationslotse. Eine gewisse Angst schwinge dabei mit, die er den Genthinern gern nehmen will. „Junge Syrer sind es gewohnt, zu arbeiten und möchten mit anpacken. Die Deutschen dürfen nicht vergessen, dass sie das erst nach Abschluss des halbjährigen Integrationskurses können“, erklärt er. So vermittelt er den Genthinern, dass auch die Geflüchteten mit Existenzängsten kämpfen, dass sie Heimweh haben und sich um ihre Liebsten sorgen. Gefühle, die jeder Mensch kennt.

In den kommenden Monaten sollen auch in Kitas und Grundschulen Kurse zur arabischen Kultur sowie zur Konfliktlösung angeboten werden. „Für syrische Kinder ist es meist ein Schock, wenn Deutsche sich prügeln. Diese Gewalt verschreckt sie“, so Mabruk. Nun müsse man ihnen beibringen, dass es sich dabei um kindliches Gerangel und nicht um direkte Gewalt handle. „Im Nahen Osten werden Jungs außerdem besvorzugt erzogen“, erklärt der Integrationslotse. Auch das müsse man kommunizieren, damit es nicht zu Missverständnissen komme. „Da müssen beide Länder noch viel voneinander lernen“, ist Mabruk überzeugt.