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Kleingärten Leerstand im Landesdurchschnitt

Kleingärten in und um Genthin sind weiter gefragt. Der Leerstand an Parzellen liegt noch im Landesdurchschnitt.

Von Simone Pötschke 31.07.2017, 01:01

Genthin l Feierabendstimmung im Garten von Holger Gentz in der Kleingartenanlage „Heinrich Zille“ an der Genthiner Gröblerstraße.

Für den Hobbygärtner, der die 850 Quadratmeter große Fläche mit Obst, Gemüse, Kartoffeln und vielen Blumen bewirtschaftet, fällt in dieser Jahreszeit viel Arbeit an, in der er, wie er sagt, in Freude aufgeht. Vier Jahre ist dieser Garten inzwischen schon sein Rückzugsdomizil, das er in einem top-gepflegten Zustand von einem alten Herren übernommen hat. Gentz‘ Gartennachbar, Bernd Dittler, kommt heute zu einem durchaus üblichen kleinen Plausch über dies und jenes über die Gartengrenze. Er war es auch, der Holger Gentz mit dem Gartenvirus angesteckt hat, als er ihn bat, während des Urlaubs die Pflege seines Gartens zu übernehmen. „Danach bin ich von der Gärtnerei nicht mehr weggekommen“, gesteht Gentz mit einem herzlichen Lachen.

Obwohl Bernd Dittler längst nicht mehr in dem Neubaugebiet unmittelbar an der Gröblerstraße wohnt und jetzt ein Häuschen in Genthin-Süd besitzt, hat er sein Gartengrundstück nicht aufgegeben. „Es ist einfach schön, nach der Arbeit hierher zu kommen und für einen kurzen Moment auszuspannen“, sagt der Busfahrer. Ohne Frage, Holger Gentz und Bernd Dittler genießen ihr kleines Gärtnerglück und wollen es nicht hergeben, obwohl es in der Anlage mittlerweile unübersehbar brache Flächen gibt.

Für die Beiden und für die anderen Hobbygärtner der insgesamt zehn Kleingartenanlagen in Genthin, Parey und Brettin lässt sich der Stadtverbandsvorsitzende Reimar Porrini in die Pflicht nehmen. 575 Parzellen würden auf der Ist-Seite des Stadtverbandes stehen, wovon 518 ( knapp 90 Prozent) genutzt werden, weiß Reimar Porrini zu berichten. Im Vergleich: Noch vor drei Jahren wurden 600 Gärten bewirtschaftet.

Dabei bewege sich in den Anlagen des Stadtverbandes Genthin der Leerstand durchaus im landesweiten Mittelfeld, sagt Porrini. Aber Selbstzufriedenheit ist damit nicht angesagt. Denn perspektivisch rechne der Stadtverband mit einem Leerstand bis zu 20 Prozent.

Im Land Sachsen-Anhalt gibt es derzeit 120.000 Kleingärten, wovon 19.000 nicht bewirtschaftet werden.

Reimar Porrini betont aber auch: „Wir sind in der vorteilhaften Situation, dass die Stadt nach wie vor an einer Pacht von 9 Cent pro Quadratmeter im Jahr festhält und damit die Vorgaben des Bundesverbandes der Kleingärtner berücksichtigt.“

Ein Kleingarten bleibt somit auch weiterhin für einkommensschwache Haushalte erschwinglich. „Wir sind uns unsere sozialen Verantwortung sehr bewusst“, betont er. Für einen 600 Quadratmeter großen Garten muss ein Hobbygärtner, der einer Sparte des Stadtverband angeschlossen ist, beispielsweise ein Jahrespacht in Höhe von 80 Euro entrichten.

Das Problem des Leerstandes von Parzellen will der Stadtverband bei allen derzeit beruhigenden Zahlen nicht wegreden. So hat der Stadtverband mittlerweile 30 Parzellen der „Birkheide“ an die Stadt Genthin zurückgegeben. Eine Begradigung um eine Gartenhöhe auf der Straßenseite Brettiner Chaussee steht in der Kleingartenanlage „Am Mühlenholz“ bevor. Die Fläche werde zukünftig wieder von der Stadt bewirtschaftet, kündigte der Vorsitzende des Stadtverbandes an.

Ein Rückbau ist hingegen in den Anlagen „Hasenholz“ in Altenplathow und in Parey kein Thema. Hier verzeichnet der Stadtverband konstant eine 100-prozentige Verpachtung. „Hier gibt es in unmittelbarer Umgebung der Anlagen viele Neubauten. Die Leute wollen raus ins Grüne“, erklärt Porrini die Nachfrage nach den Gärten.

Freilich bleibt die Öffentlichkeitsarbeit für den Stadtverband eine große Herausforderung, um neue Pächter trotz des demographischen Wandels zu gewinnen. Auch vor dem Hintergrund, dass sich ein Großteil der Hobbygärtner langsam aber sicher auf die 70-Jahre-Grenze zubewegt. Dass in den letzten Monaten zehn Parzellen von jungen Leuten übernommen wurden, sei da schon ein kleiner Lichtblick.

Aber es gab auch Schattenseiten, räumt Reimar Porrini ein. Dazu zählt das Projekt Integrationsgärten. „Wir hatten den Ansatz, dass Flüchtlinge in den Gärten die Selbstversorgung erlernen. Das hat nicht geklappt.

Nach nur kurzer Zeit hatte sich das Projekt erledigt, weil sich das Gros der Flüchtlinge nicht mit einer ehrenamtlichen Arbeit anfreunden konnte und eine bezahlte Arbeit erhofft hatte.“

Gescheitert am Transport ist auch ein Projekt mit der Grundschule Stadtmitte, deren Kinder in der Kleingartenanlage „Birkheide“ den Wechsel der Pflanzen in den vier Jahreszeiten verfolgen sollten.

Erfolgreich aus der Sicht Porrinis läuft es, Gärten über den Kleinanzeigenmarkt bei Ebay anzubieten. In einem aktuellen Fall gab es auf eine Anzeige immerhin 300 Klicks, von denen sechs erfolgversprechend sind.

Um Interesse für die Gartenarbeit unter den Kindern und Jugendlichen zu wecken, wird der Stadtverband mit dem Kinder- und Jugendfreizeitzentrum zusammenarbeiten, kündigte Porrini an.