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Kommunalverfassung Ortsvorsteher statt Ortschaftsrat

Schopsdorf soll mit der Kommunalwahl nur noch durch einen Ortsvorsteher vertreten werden.

Von Simone Pötschke 04.12.2018, 00:01

Genthin l Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) weckte im März 2018 bei seinem Besuch in Genthin berechtigte Hoffnungen dafür, dass auch kleine Ortschaften mit weniger als 300 Einwohner bei den im Mai bevorstehenden Kommunalwahlen anstatt eines Ortsvorstehers einen Ortschaftsrat wählen dürfen.

Eine Änderung der Kommunalverfassung Sachsen-Anhalts, wonach den Dörfern die Entscheidung überlassen wird, ob sie Räte oder Vorsteher wählen wollen, verlieh ihm dazu den notwendigen Rückenwind.

Mehr als ein halbes Jahr später zieht nun Ernüchterung ein. Während Paplitz mit aktuell 342 Einwohnern den Sprung über die magische 300 Einwohner-Grenze schafft und somit einen fünf Mitglieder zählenden Ortschaftsrat wählen kann, wird sich Schopsdorf nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge von seinem Ortschaftsrat verabschieden müssen.

Ein Ortsvorsteher soll dann die Interessen der Schopsdorfer vertreten. Anfang November hinterfragte dies Lutz Nitz (Grüne) zunächst auf der Sitzung des Hauptausschusses.

Ein richtiger Aufreger wurde dies allerdings überraschenderweise weder dort noch im folgenden Stadtrat, obwohl in Sachen Ortschaftsräte wenige Monate zuvor mit dem sachsen-anhaltischen Innenminister leidenschaftlich diskutiert worden war. Lutz Nitz pochte auf eine Änderung der Hauptsatzung der Stadt, in der auch die Möglichkeit der Wahl eines Ortschaftsrates für Orte unter 300 Einwohnern im Einklang mit dem Landesrecht festgeschrieben werden soll.

Mit einer Änderung der Hauptsatzung unter Wahrung einer Frist von sechs Monaten vor der Kommunalwahl wäre nach der Auffassung von Nitz für die Schopsdorfer der Weg frei für die Bildung eines Ortschaftsrates. Und nicht nur für die. Auch in Fienerode könnte man mit nur 60 Einwohnern über die Wahl eines Ortschaftsrates nachdenken.

Die Verwaltung sieht das anders. Fachbereichsleiterin Alexandra Adel erwiderte auf Nitz‘ Ausführungen während der Stadtratssitzung, dass die Rechtsauffassung der Stadt von der Kommunalaufsicht bestätigt worden sei und eine Änderung der Hauptsatzung nicht zwingend erforderlich sei. Adel: „Die Hauptsatzung kann geändert werden, muss es aber nicht. Wir können sie ändern, aber nicht mehr zur Kommunalwahl.“

Warum die Schopsdorfer nun nicht von ihrem Recht Gebrauch machen können, einen Ortschaftsrat wählen zu dürfen, bleibt damit jedoch immer noch unklar. Was ist schief gelaufen? Hätten die Schopsdorfer der Verwaltung den Wunsch nach einem Ortschaftsrat anzeigen müssen? Welche Rolle spielt dabei die Verwaltung?

Eine Volksstimme-Anfrage an das sachsen-anhaltische Innenministerium blieb am Montag vorerst unbeantwortet. Pressesprecher Stefan Brodtrück teilte am Nachmittag mit, dass eine Antwort aufgrund der Kurzfristigkeit der Anfrage nicht möglich gewesen sei. Eine Antwort werde folgen.

Während es aus Fienerode zu keinem Zeitpunkt den formulierten Wunsch gab, einen Ortschaftsrat wählen zu wollen, will man in Schopsdorf auch in den nächsten fünf Jahren nicht auf das Gremium verzichten. Für einen Ortsvorsteher sei es sehr schwierig, Entscheidungen für den Ort allein zu treffen, dies müsse man auf viele Schultern verteilen, sagt Schopsdorfs Ortsbürgermeisterin Angela Schwarzlose (Gemeinsam aktiv).

„Es scheint gegenwärtig so, als ob Schopsdorf bei den nächsten Kommunalwahlen nach hinten runter fallen wird. Innenminister Stahlknecht hat uns versprochen, dass es weiterhin Ortschaftsräte geben wird. Es ist spannend, was jetzt passiert, vielleicht ist Herr Nitz erfolgreich.“

Er kündigte an, über die Landtagsfraktion der Grünen die entstandene rechtliche Situation klären lassen zu wollen. Ob die Schopsdorfer auf einen Ortschaftsrat verzichten müssen oder nicht - Veränderungen wird es dessen ungeachtet mit der Kommunalwahl neben der Wahl eines Ortschaftsrates in Paplitz sehr wohl geben. So wird beispielsweise der Ortschaftsrat in Parchen zukünftig mit sieben anstatt bisher mit vier Ortschaftsräten besetzt sein.