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Kontrollen Bürger im Landkreis vorbildlich

Im Jerichower Land musste die Landespolizei kein einziges Ermittlungsverfahren in Bezug auf die Corona-Verordnungen einleiten.

Von Nadin Hänsch 22.04.2020, 01:01

Genthin l Seitdem die Landesregierung Maßnahmen zur Eindämmung von Corona erlassen hat, wurden seitens der Polizei viele Kontrollen durchgeführt. Seit der 2. Eindämmungsverordnung, die am 25. März in Kraft trat, wurden 158 Ermittlungsverfahren eingeleitet, fasst Stefan Brodtrück, stellvertretender Pressesprecher vom Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, mit Stichtag 2. April auf Volksstimmenachfrage zusammen. Bis zum 2. April seien 3712 Personen und 887 Personengruppen in Sachsen-Anhalt kontrolliert worden.

Auch die Spielplätze standen im Fokus der Polizei. So überprüfte diese 5542 Spielplätze zur Durchsetzung des Verbots von Publikumsverkehr in Freizeit- und Spieleinrichtungen. Auch auf den Straßen wurden Stichproben gemacht. Kontrolliert wurden im Bundesland rund 2700 Fahrzeuge und rund 2800 Personen, um das Verbot von touristischen Reisen nach Sachsen-Anhalt durchzusetzen. Auch im Gastronomiebereich wurden knapp 4500 Restaurants und mehr als 1200 Bars überprüft. Dass sich Ladenbesitzer an das Öffnungsverbot halten, wurde ebenfalls mit Kontrollen durchgesetzt.

Im Vergleich zu den anderen Landkreisen in Sachsen-Anhalt stach das Jerichower Land zusammen mit dem Landkreis Stendal positiv hervor. Von insgesamt 158 Verstößen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung von Corona wurde dort kein einziges Ermittlungsverfahren eingeleitet (Stand 2. April).

Zu den Spitzen in diesem Zeitraum gehörten hingegen der Burgenlandkreis mit 42 und der Harz mit 41 Ermittlungsverfahren. „Zu den Ermittlungsverfahren kann derzeit nur mitgeteilt werden, dass sich drei Strafanzeigen gegen Betreiber von Geschäften und Lokalitäten richten. Die weiteren Anzeigen wurden gegen Einzelpersonen erstattet, die gegen die Beschränkungen zur Ansammlung verstoßen haben“, ergänzt Pressesprecher Stefan Brodtrück. Ordnungswidrigkeiten seien bisher nicht erfasst worden, da alle Verstöße gegen eine zuvor ergangene Anordnung strafbewährt seien. „Die Differenzierung zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit erfolgte erst mit der 3. Eindämmungsverordnung vom 2. April infolge der Novellierung des Infektionsschutzgesetzes“, erklärt Brodtrück. Damit verlängerte Sachsen-Anhalt die Maßnahmen zur vorübergehenden Kontaktbeschränkung um zwei Wochen bis zum 19. April.

Seit 20. April wurden die Maßnahmen für jedes Bundesland gelockert, das Kontaktverbot allerdings bis 3. Mai verlängert. „Am Wochenende, 4. und 5. April, wurden weitere 3000 Kontrollen durchgeführt“, aktualisiert Brodtrück die Zahlen. Das Ergebnis seien insgesamt 118 weitere Verstöße.

Der Bußgeldkatalog für Ordnungswidrigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz im Zusammenhang mit der 3. SARS-CoV-2 Eindämmungsverordnung sieht teils saftige Strafen vor. So werden beispielsweise Privatpersonen bei Reisen aus touristischem Anlass nach Sachsen-Anhalt mit Wohnsitz außerhalb mit 400 Euro zur Kasse gebeten. Wer sich im öffentlichen Raum nicht an das Kontaktverbot hält, muss mit einer Geldstrafe von 250 Euro rechnen. Ebenso werden Feiern, Grillen oder Picknicken hier mit 250 Euro geahndet.

Laut der Zahlen des Ministeriums haben sich die Menschen im Jerichower Land rückblickend an die Maßnahmen gehalten. Subjektiv war das Bild an öffentlichen Plätzen vielleicht ein anderes. Schwierig sei die Situation besonders für viele Jugendliche, die unter den Einschränkungen durch das Kontaktverbot leiden, weiß Ronny Harzendorf, Leiter des Jugendhauses Thomas Morus in Genthin. Er und sein Team engagieren sich hier sehr stark, gehen auf die Straße, um Aufklärungsarbeit bei den Jugendlichen zu leisten, zeichnet Harzendorf ein Stimmungsbild der Genthiner Jugend ab.

„Seit der Schließung unserer Einrichtung gehen wir diesen Weg.“ Für die Jugendlichen seien durch die Maßnahmen zur Eindämmung von Corona Zufluchtsorte und Räumlichkeiten zum Treffen weggefallen. „Wir gehen auf die Straße und weisen die Jugendlichen auf das Kontaktverbot hin und versuchen, dafür zu sensibilisieren. Wenn sie es nicht für sich machen, dann wenigstens, um ihre Großeltern zu schützen“, berichtet der Einrichtungsleiter.

„Wir drehen regelmäßig unsere Runden über den Marktplatz, schauen am Busbahnhof und vor Edeka vorbei“, nennt Harzendorf einige primäre Orte. Schwerpunkte seien auch der Volkspark und die Skaterbahn. Dabei gehe es auch darum, den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen zu halten. Die Reaktionen seien unterschiedlich. „Man guckt immer nach links und rechts, schließlich nehmen sich andere auch das Recht heraus“, fasst Harzendorf die Meinung der Jugendlichen zusammen.

Seitdem er und sein Team auf die Jugendlichen zugehen, habe sich das Bewusstsein vieler geändert. „Sie schätzen jetzt die Situation etwas anders ein, denn sobald man auf die Straße geht und in Kontakt tritt, passiert immer etwas“, weiß der Jugendhaus-Leiter. „Wir haben ein Notfalltelefon eingerichtet. Unter der Nummer 03933/99 08 49 können sich Eltern und Kinder an uns wenden, wenn es Probleme gibt.“ Die Nummer sei rund um die Uhr erreichbar, informiert Harzendorf. „Wir bieten auch individuelle Einzeltermine an, falls etwas am Telefon nicht geklärt werden kann.“

Manchmal sei es besser, in persönlichen Kontakt zu treten, um die Situation zu erfassen. Natürlich geschehe dies unter Einhaltung der Vorschriften.