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Krankenhaus Katerstimmung nach dem Aus

Ein Fernsehbeitrag über die Krankenhausschließung ließ die Emotionen in Genthin noch einmal hochschlagen.

Von Simone Pötschke 17.10.2017, 01:01

Genthin l Die Krankenhausschließung hallt in der Öffentlichkeit nach. Die Schuldzuweisungen der Lokalpolitiker entsprechen nicht den Tatsachen, reagierte Kurator Curt von Goßler in einem Brief an die Redaktion auf Meinungsäußerungen einiger Stadträte.

Es habe nach seinem Dafürhalten „keinen schleichenden Abgang der Johanniter“ und auch „keine miserable Informationspolitik“ gegeben. Vielmehr sei nicht nur in jüngster Zeit, sondern seit mindestens zehn Jahren von den Johannitern und der Krankenhausleitung klar und deutlich kommuniziert worden, dass der Landeskrankenhausplan Sachsen-Anhalt seit 2004 die Schließung des Standortes Genthin mit der Fertigstellung des Krankenhausneubaus in Stendal zwingend vorschreibt. Spätestens 2019 hätte die Schließung damit ohnehin erfolgen müssen, sagt von Goßler.

Harry Czeke (Die Linke) gehörte zu jenen Stadträten, die nach 2004 zweimal im Sozialministerium vorgesprochen haben, um den Krankenhausstandort zu retten. Zurück bleibt Bitterkeit: „Wir sind in Magdeburg mit dem Ergebnis auseinandergegangen, dass die Johanniter aufforderte, ein Konzept als Basis zu Verhandlungen mit den Krankenkassen zu erarbeiten. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass nach Fertigstellung des Baues in Stendal der Standort Genthin kein Krankenhaus mehr ist. Eine medizinische Grundversorgung kann aber durchaus in Genthin stattfinden, wenn sich Ministerium, Krankenkassen und Johanniter darauf verständigen würden."

Czeke fügt hinzu: "Das ist nicht geschehen. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob ein Konzept vorgelegt wurde und ob es seitens des Ministeriums jemals eine Nachfrage an die Johanniter diesbezüglich gab. Wenn nicht, liegt hier eine strukturpolitische Fehlentscheidung vor. Der Sozialverband Deutschland betrachtet die Versorgung der Region Genthin als äußerst grenzwertig.“

Curt von Goßler versicherte nun, dass alle Überlegungen der Geschäftsleitung, den Standort weiter aufrechtzuerhalten an der mangelnden Wirtschaftlichkeit oder an dem Widerstand der Krankenkassen und des Lande gescheitert seien. „Daraus aber die Behauptung abzuleiten, die Johanniter hätten zu Gunsten ihres Krankenhauses in Stendal das Haus in Genthin absichtlich heruntergefahren, ist ebenso unredlich wie unwahr. Ich kann für die Krankenhausleitung, das ehrenamtlich tätige Kuratorium des Krankenhauses und die Johanniter mein Wort darauf geben, dass wir alles nach unserer Kenntnis Mögliche unternommen haben, um eine Schließung des Krankenhauses zu vermeiden.“

Pikant: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Ende vergangenen Jahres in Berlin Regelungen beschlossen, nach denen Krankenhäuser und Krankenkassen zukünftig sogenannten Sicherstellungszuschläge zu vereinbaren haben. Sicherstellungszuschläge sind ein wichtiges Instrument, um in strukturschwachen Regionen ein stationäres Versorgungsangebot aufrecht zu erhalten.

Der Gesetzgeber rückte damit Krankenhäuser in den Fokus, die sich zwar aufgrund eines geringen Versorgungsbedarfs nicht kostendeckend aus den regulären Mitteln des Entgeltsystems für Krankenhäuser finanzieren können, aber dennoch für eine flächendeckende Basisversorgung unverzichtbar sind. Der Bundesausschuss hat definiert, wann ein Krankenhaus als unverzichtbar gilt, wann ein strukturell bedingter geringer Versorgungsbedarf vorliegt und welche Abteilungen zuschlagsfähig sind. Das Genthiner Krankenhaus, so Prof. Harald Englisch, Vorstandsvorsitzender Gesundheit Mitteldeutschland e. V., sei ein Musterbeispiel für ein Haus, auf das der G-BA-Beschluss zutraf.

Volksstimme-Anfragen beim sachsen-anhaltischen Sozialministerium und beim Johanniter-Krankenhaus, warum die Sicherstellungsbeiträge für das Genthiner Krankenhaus keine Anwendung fanden, blieben gestern unbeantwortet. Krankenhaus-Sprecherin Claudia Klupsch verwies darauf, dass der Geschäftsführer nicht im Hause sei. Er werde unverzüglich auf die Anfrage reagieren.