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Kranzniederlegung Gedenken ist ein heilsamer Prozess

Eine Kranzniederlegung beim Fachkrankenhaus in Jerichow erinnert an die Opfer von Euthanasie. Zeit, zurückzuschauen.

Von Thomas Skiba 22.01.2020, 04:00

Jerichow l An die Opfer des Holocausts wird international an jedem 27. Januar erinnert. Doch schon 1996 führte der damalige Bundespräsident Roman Herzog (1934 – 2017) den 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ein. Auch die AWO wird in Jerichow mit einer Kranzniederlegung am Gedenkstein auf dem Gelände des AWO Fachkrankenhaus Jerichow an die historischen Ereignisse und das unermessliche Leid der Menschen gedenken.

Der Tag des Gedenkens ist in den vergangenen Jahren zu einem festen Bestandteil in der Gedenkkultur des Fachkrankenhauses und des Ortes Jerichow geworden. Mit der Kranzniederlegung an diesem Tag gibt es inzwischen ein verbindendes Symbol, unfassbare historische Geschehnisse in die heutige Zeit zu tragen und sie angemessen zu thematisieren.

 Ein Gedenkstein für die Opfer der Aktion „T 4“ auf dem Gelände des Krankenhauses wurde 2012 eingeweiht. Er erinnert an die Geschichte der psychiatrischen Einrichtungen in den 30er und 40er Jahren und mahnt – „Vergesst uns nicht“

Im Rahmen der geheimen Aktion „T 4“ wurden allein 930 Patienten der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Jerichow getötet. Sie wurden von dort zu den NS-Tötungsanstalten Brandenburg und Bernburg verschleppt.

Diesem dunklen Kapitel in der über hundertjährigen Geschichte des Fachkrankenhauses Jerichow widmet sich seit Oktober 2009 auch ein Ausstellungsprojekt unter dem Titel „Euthanasie und Eugenik – Das AWO Fachkrankenhaus Jerichow in der Zeit des Nationalsozialismus“.

Vor rund zehn Jahren entschied sich das Fachkrankenhaus, die Historie des Hauses in dieser Zeit aufzuarbeiten. Mit Unterstützung der Gedenkstätte für die Opfer der NS-“Euthanasie“ in Bernburg, dem Historiker Dr. Dietmar Schulze und der vieler weiterer Partner, konnten Archive gesichtet, Biografien zu Tätern und Opfern recherchiert sowie bestehende Bestände des Krankenhausarchivs neu eingeordnet werden. Dazu gründete sich 2009 für die Aufarbeitung eine Arbeitsgruppe im Fachkrankenhauses, bestehend aus Krankenhausmitarbeitern, Studenten, Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen, unter Federführung des Referats für Demokratie und Toleranz im AWO-Landesverband Sachsen-Anhalt. Im Ergebnis entstand eine Ausstellung, die in eindrucksvoller Weise die Geschichte der Eugenik, die Aktion „T 4“ und die Geschehnisse in der damaligen Landesheilanstalt in Jerichow während des Nationalsozialismus darstellt. Es versucht zu beleuchten, welche Rolle die Klinik bei der „Aktion T 4“ spielte und geht dabei auf die ideologischen Wurzeln ein, die im Sozialdarwinismus und seiner Geringschätzung von Humanität als auch Barmherzigkeit fußten. Die ständige Ausstellung „Das AWO Fachkrankenhaus Jerichow in der Zeit des Nationalsozialismus“ hat ihren Platz in den Räumlichkeiten der Krankenhauskapelle und kann nach vorheriger Anmeldung besucht werden.

Alle interessierten Bürger aus der Region sind zur Kranzniederlegung eingeladen.Teilnehmen werden der AWO Vorstandsvorsitzende Wolfgang Schuth als auch die Geschäftsführung und Krankenhausleitung des AWO Fachkrankenhauses Jerichow. Elias Steger, Historiker und Referent Personalentwicklung beim AWO Landesverband Sachsen-Anhalt wird an Schicksale erinnern und eine thematische Brücke schlagen, welche heilsame Bedeutung eine Kranzniederlegung haben kann. Die Kranzniederlegung findet statt am: Montag, 27. Januar, um 13 Uhr, im AWO Fachkrankenhaus Jerichow am Gedenkstein hinter Haus 6.

Da die Kanzlei des Führers im Zusammenhang mit den beschlossenen Maßnahmen nicht öffentlich in Erscheinung treten sollte, wurde eine halbstaatliche Sonderverwaltung gebildet, die formal dem Hauptamt II der Kraft durch Freude-Organisation unterstellt wurde. Sie war seit April 1940 in einer Villa in der Berliner Tiergartenstraße 4 untergebracht und wurde von der NSDAP finanziert. Diese Zentraldienststelle wurde nach dem Anfangsbuchstaben der Straße und der Hausnummer – T 4, genannt.

Im Jahr 1996 erklärte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum nationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Damit soll an den millionenfachen Mord, an Entrechtung, Verfolgung und Demütigung unter nationalsozialistischer Herrschaft erinnert werden. Das Datum bezieht sich auf die Befreiung der Überlebenden des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Soldaten der Roten Armee.

Aus diesem Anlass veranstaltet der Deutsche Bundestag jährlich eine Gedenkstunde, in der Gastredner auftreten. 2012 erregte der Literaturkritiker und Shoah-Überlebende Marcel Reich-Ranicki mit einer Rede für Aufsehen, in der er schilderte, wie er im Warschauer Ghetto den Beginn der Deportationen ins Vernichtungslager Treblinka erlebte.