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Kritik Schelte für Ministerin

Ministerin Petra Grimm-Benne (SPD) wurde vom Genthiner Stadtrat für ihr Auftreten bei der Einwohnerversammlung heftig attackiert.

Von Simone Pötschke 22.09.2018, 01:01

Genthin l Nach der Einwohnerversammlung mit Vertretern der Johanniter und Petra Grimm-Benne (SPD) , Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration, schlugen im Stadtrat am Donnerstag die Wellen hoch. Alexander Otto (CDU) machte sich zum Wortführer harter Kritik an dem Auftreten der Ministerin. Es sei „unter aller Kanone“ gewesen, was die Ministerin abgeliefert habe. „Die Zuständigkeit für die Geschehnisse der vergangenen 14 Jahren bei den regionalen Verantwortlichen zu suchen, finde ich sehr frech“, sagte Otto. Er sehe die hauptamtlichen Politiker gefragt.

Jetzt den Ehrenamtlern die Verantwortung unterzuschieben, sei „unter aller Sau“. Die Ebene der Stadträte könne die Stimmung der Bevölkerung wiedergeben und unterstützen. Beistand kam auch von CDU-Fraktionschef Klaus Voth: „Die Ministerin kommt nicht aus der Nummer raus, sie ist verantwortlich für die Schließung des Genthiner Krankenhauses.“ Tatsächlich ist Grimm-Benne seit April 2016 im Amt. Günter Sander (Grüne) fand, dass auf der Versammlung alle Missstände sehr konkret benannt wurden. „Einzig unkonkret war die Ministerin.“

Lutz Nitz (Grüne) nahm die Ministerin mit ihrem Entwurf zum neuen Krankenhaus-Gesetz, der dem Landtag zur Beschlussfassung vorgelegt wird, in die Zange. Hier soll eine flächendeckende medizinische Versorgung im ländlichen Raum gesetzlich festgeschrieben werden, doch in Genthin könne davon nicht die Rede sein. „Wir müssen jetzt Druck aufbauen. Alle Parteien müssen sich ihre Landtagsabgeordneten zur Brust nehmen und für eine Notfallversorgung in Genthin streiten.“

Auch wenn die Genthiner Christdemokraten hart mit der sachsen-anhaltischen Krankenhaus-Politik ins Gericht gingen, entließ Harry Czeke (Die Linke) den CDU-Landtagsabgeordneten Detlef Radke nicht aus der Verantwortung.

Seit dem letzten Besuch 2004 im Gesundheitsministerium, bei dem auch Heinrich Telmes (Pro Genthin), Gerd Mangelsdorf (CDU) und Altbürgermeister Wolfgang Bernicke (parteilos) anwesend waren, habe er Detlef Radke nur sprachlos wahrgenommen. Es habe seitdem keinerlei Reaktionen bezüglich des Krankenhauses gegeben.

Auf die Kritik aus den Reihen des Stadtrates an die Ministerin, sie habe bei der Einwohnerversammlung keine Problemlösung angeboten, zog Andy Martius (CDU-Fraktion), maßvollere Geschütze auf. Jeder, der in der jetzigen Situation der Bevölkerung eine Lösung verspreche, sei unredlich. Er könne jede Kritik an der Ministerin und auch an den Johannitern teilen, doch jetzt sei die Frage wichtig, wie die Stadt und der Stadtrat weitermachen wollen. „Gibt es möglicherweise Referenzobjekte? Wir müssen alles ausloten, um eine vernünftige Lösung zu finden“, appellierte er an die Stadträte.

Andy Martius, Vorstand im DRK-Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land, versuchte die Brisanz und Dringlichkeit einer medizinischen Notversorgung in Genthin aufzuzeigen. Nach der Schließung des Krankenhauses sei bereits eine verstärkte Inanspruchnahme des Rettungsdienstes auch für Fälle zu verzeichnen, bei denen keine lebensbedrohliche Erkrankung vorliege. Hier werde der Rettungsdienst für minderschwere Fälle für einen längeren Zeitraum gebunden und stünde damit für akute Notfälle nicht zur Verfügung.

Hier hakte Bürgermeister Matthias Günther (parteilos) mit der Information ein, dass ein Arbeitskreis, der ein Konzept zur medizinsichen Notfallversorgung auf den Weg bringen soll, unmittelbar in Gründung stehe. Der werde besetzt mit „Spezialisten, die benannt werden“. Konkreter wurde er nicht. Schon in der nächsten Woche könne dieser Arbeitskreis arbeitsfähig sein.

Ein solches Konzept – an dem auch Johanniter, Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung mitwireken werden – war allerdings schon Konsens bei der Einwohnerversammlung.

Dass der Bürgermeister nun realtiv vage die Mitstreiter eines Arbeitskreises realtiv unkonkret auf „Spezialisten“ festschrieb, erregte Argwohn bei Birgit Vasen (Die Linken). Sie witterte Ausgrenzung und plädierte für eine paritätische Besetzung des Arbeitskreises mit Vertretern aller im Stadtrat vertretenen Fraktionen. Sie griff den „Spezialisten-Vorschlag“ des Bürgermeisters scharf an und wurde sehr deutlich: „Ich hoffe, dass nicht nur bestimmte Stadträte in dem Arbeitskreis für die Mitarbeit auserwählt werden und eine solche Regelung nicht dazu dienen soll, bestimmte Fraktionen auszuschließen.“