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Kündigung Nächste Runde im Abwasser-Krimi

Nach der Kündigung des Einleitvertrages durch ReFood sucht der Genthiner (TAV) wirtschaftlichen Alternativen.

Von Simone Pötschke 14.07.2016, 06:00

Genthin l Gerald Buhl, Vorsitzender der TAV-Verbandsversammlung, nutzte ein Pressegespräch, um Unsicherheiten und Irritationen von Bürgern der Einheitsgemeinde Elbe-Pareys, die er in dem Gremium vertritt, auszuräumen.

Kündigung des Einleitvertrages, Bau einer kommunalen Kläranlage, Argumente seitens ReFood, Argumente seitens des TAV. Buhl versucht zu glätten: „Die Abwasserbeseitigung ist und bleibt beim TAV in guten Händen“, sagte er in Anwesenheit von TAV-Geschäftsführerin Loretta Kablitz und Carola Liebscher, Leiterin des Bereiches Abwasser.

Rückblende: Anfang des Jahres war es durch ReFood zur Kündigung des Einleitvertrages gekommen, nachdem im Jahr 2015 intensiv über die Fortschreibung des bestehenden Einleitvertrages verhandelt wurde, um unter anderem den von ReFood geforderten Investitionen in Millionenhöhe gerecht zu werden. Erfolglos. Die Verhandlungen platzten. Das Unternehmen kündigte zur Überraschung des TAV daraufhin den bestehenden Vertrag. Das bedeute zumindest mittelfristig nicht das Ende der Abwasserklärung bei ReFood, machte Buhl deutlich.

Das Verhältnis der beiden Vertragspartner ist bereits seit Jahren getrübt. Zwar erlaubt der Gesetzgeber, dass sich kommunale Entsorger eines privaten Dritten bedienen können, in diesem Fall ReFood, doch das Modell erwies sich aktuell in Genthin aus der Sicht des TAV als problembehaftet.

„Der TAV arbeitet kostendeckend und ein Privat-Unternehmen gewinnorientiert“, bringt Buhl die Krux auf den Punkt. Da ReFood sich aus der Sicht des TAV bei der Preisgestaltung nicht in die Karten sehen ließ und konkrete Kalkulationen nicht einsehbar waren, kam man - bereits über Jahre - nicht auf einen gemeinsamen Nenner. „Uns hat bisher die Transparenz bei unserem Partner gefehlt. Wir müssen im Interesse des Gebührenzahlers darauf drängen“, sagte Gerald Buhl.

Schon 2012 hatte die Verbandsversammlung alternativ einen Beschluss zum Bau einer eigenen Kläranlage gefasst, mit der Zielsetzung, die Gebührenbelastung im Abwasserbereich zu reduzieren. Die Geschäftsführung wurde jedoch gleichzeitig beauftragt, mit ReFood nochmals faire Verhandlungen zu suchen.

Mit der Kündigung des Einleitvertrages steht der TAV nun vor der Entscheidung, entweder das Projekt des Baues einer kommunalen Kläranlage zu verfolgen oder zukünftig erneut einen privaten Dritte nach einer europaweiten Ausschreibung mit der Reinigungsleistung zu beauftragen. Kommt es zur Ausschreibung, muss der alte Entsorgungspartner nicht mehr der zukünftige sein. „Wir sind an die Kriterien des Vergaberechts gebunden“, sagte Carola Liebscher. Die Kündigung von ReFood habe die Tatsachen geschaffen.

Für welche Variante sich die Verbandsversammlung letztlich entscheiden wird, liegt bei den Ergebnissen einer sogenannten Regiekostenrechnung, an der im TAV gegenwärtig gearbeitet wird.

Sie wird eine Vergleichsrechnung ermöglichen, welche der beiden Varianten sich als die wirtschaftlichste und gebührenfreundlichste erweist. Auf dieser Grundlage werde ein Grundsatzbeschluss herbeigeführt. Das sei Konsens unter allen TAV-Mitgliedern, unterstrich Genthins Bürgermeister Thomas Barz gestern nochmals auf Anfrage.

Carola Liebscher, Leiterin des Bereiches Abwasser, sagte im Gespräch mit der Volksstimme, dass die Regiekostenrechnung in Kürze vorliegen würde, und sie den Stadträten in Elbe-Parey, Möckern, Jerichow und Genthin im August/September in den Sitzungen vorgetragen werde.

Die Stadträte werden dann ihren Vertreter in der Verbandsversammlung mit einem Votum im TAV ausstatten. Stufe für Stufe wird der TAV dann den Prozess umsetzen.

Besonders sensibel erweist sich jedoch inzwischen die Frage, ob die Betriebe des Chemieparkes das Abwasser weiter von ReFood oder zukünftig – sollte die Entscheidung dahin gehen – in einer kommunale Anlage reinigen lassen wollen.

Denn in diesem Kontext wurde durch die Kommunalaufsicht unmissverständlich klargestellt, dass der TAV Genthin die Abwasserbeseitigungspflicht für das gesamte Abwasser im Verbandsgebiet hat, so Loretta Kablitz. Die auf der Grundlage der Ausschlusssatzung des TAV Genthin für diese Industrieeinleiter geregelte Freistellung des TAV Genthin von der Abwasserbeseitigungspflicht ist als nichtig erklärt worden.

Beim Besuch des Ministerpräsidenten am Montag im Chemiepark kam auch die Problematik der Abwasserentsorgung zur Sprache. Reiner Haseloff sicherte unter anderem zu, dass das Land diesbezüglich Kontakt mit dem Landesverwaltungsamt aufnehmen werde. Er vermittelte den Unternehmen, dass man eine Lösung finden werde. Bisher ist offen, ob das Landesverwaltungsamt dem Bau einer kommunalen Kläranlage zustimmt.

Bei ReFood ist man weiterhin optimistisch. „ReFood befindet sich zurzeit mit dem Trinkwasser- und Abwasserverband Genthin im Gespräch und wir sind zuversichtlich, dass man am Ende der Verhandlungen zu einer für alle Beteiligten zufriedenstellenden und langfristigen Lösung kommen wird“, teilte gestern Pressesprecher Marcel Derichs auf Anfrage der Volksstimme mit.

Nachdem im Chemiepark beim Ministerpräsidentenbesuch auch über die Entflechtung gesprochen worden war, wies Carola Liebscher darauf hin, dass die Stadt Genthin und der TAV über sehr gute Erfahrungen bei der Entflechtung des Industrieparkes Am Werder verfügen, die beide jetzt im Chemiepark einbringen könnten.