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Kunst Genthiner Liebeserklärung ans Zeichnen

Heidrun Telke und Ariane Vogt ziehen auf Reisen das Skizzenbuch der Kamera vor. In Genthin zeigen sie ihre Momentaufnahmen.

Von Thomas Skiba 04.02.2018, 23:01

Genthin l Zeichnen auf Reisen ist individuell, weil man die Umgebung viel bewusster wahrnimmt als mit der Digitalkamera. Und weil dabei etwas Einzigartiges, Persönliches entsteht. „Urban Sketching“ heißt die Technik, die Zeichenstift und Skizzenbuch der Kamera vorzieht.

Eine Liebeserklärung an Zeichenstift und Skizzenbuch kann man seit Sonnabend im Genthiner Wasserturm erleben. Die Künstlerinnen Heidrun Telke und Ariane Vogt eröffneten in der zweiten Etage zu diesem Thema die Ausstellung „Amsterdam und anderswo“.

Aus dem Verhältnis Lehrerin-Schülerin, Ariane Vogt und Heidrun Telke, entwickelte sich eine Freundschaft, die mittlerweile auch in gemeinsame Reisen mündet. „Wir malen seit sechs Jahren zusammen“, erzählt Vogt.

Angeregt durch den Ohrwurm „Amsterdam“ führte sie ihre erste Zeichenreise voriges Jahr dorthin. „Die Stadt ist angelegt nach der Struktur eines halben Spinnennetzes. Man weiß immer, wo man ist, und kann dadurch seine Motive prima planen“, sagt Vogt. Sie ist Bauingenieurin, zeichnet in der Technik des „Urban Sketching“ seit 2006. Ihre Motive sucht sie in der Architektur, in der Sicht nach Außen. Und sie mag keine Radiergummis. Vogt gibt jedem Strich auf dem Papier eine Bedeutung. „Er ist immer der Beginn von etwas Neuem …“

Anders bei Heidrun Telke. Sie dokumentiert nicht nur mit ihren Skizzen, bei ihr fließt die persönliche Sicht in die momentane Situation ein und verbindet damit Lebenserfahrung mit dem Augenblick. „Der Unterschied zwischen den Skizzen von Ariane und mir ist, dass ich nicht so stark nachkoloriere. 15 bis 20 Minuten nehme ich mir für jede Skizze. Sonst wird es zur Zeichnung und könnte gerahmt werden.“

Eigentlich stellt das „Urban Sketching“ eine Gegenbewegung zum Digitalen dar, Zeit nehmen, Entschleunigen – das Gegenteil vom massenhaft Bilder schießen. Die Technik besinnt sich auf eine Zeit, als an Fotografie noch nicht zu denken war. Schon Goethe fertigte auf seiner „Italienischen Reise“ Skizzen an. Zugleich wurde diese Art des visuellen Journalismus erst durch das Internet möglich – denn es zeigt die Welt: Skizze für Skizze.

Ariane Vogt ist überzeugt: „Jeder kann malen.“ Sie ist immer wieder erstaunt, wenn sie bei Veranstaltungen im Kloster Jerichow Papier und Stifte bereit legt und selbst 60-Jährige, die vorher nie zeichneten, plötzlich das „um sich herum“ skizzieren. „Da fließen ganze Lebensspannen aufs Papier.“

Im Genthiner Wasserturm sieht man 40 Bilder der beiden Künstlerinnen. Dr. Eva-Maria Rohmann, Vereinsvorsitzende des Kunstvereines Genthin, hat schon Pläne: „Wir stehen in Verbindung mit dem Verein Wasserturm Burg, dort würden wir im Zeitraum der Landesgartenschau gerne unsere Ausstellung den Besuchern zugänglich machen. Vielleicht entsteht ja daraus eine fruchtbare Zusammenarbeit.“

Ariane Vogt und Heidrun Telke planen schon ihre neue Zeichenreise. Görlitz soll es sein - mit seinem unzerstörten historischen Ensemble.

Die Ausstellung kann von Montag bis Freitag von 10 bis 15 Uhr besucht werden. Mittwochs findet noch von 14 bis 18 Uhr das Wintermalen unter der Leitung von Ariane Vogt statt. Auf Vereinbarung wird die Ausstellung auch am Wochenende geöffnet.