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Kunst Schöne Silhouetten aus Pappe

Mit der Kunst des Scherenschnittes beschäftigten sich die Mitglieder des Genthiner Kunstvereins.

Von Mike Fleske 05.07.2018, 08:00

Genthin l Ganz vorsichtig beschnitt Christa Wolf vom Genthiner Kunstverein das dunkle Stück Papier. „Ich bin mir nicht sicher, ob am Ende wirklich ein Schmetterling heraus kommt“, meinte sie mit einem Lachen. Mit einer kleinen Schere schnitt sie die Umrandung der Flügel der Silhouette ab, dann den Kopf des vorgezeichneten Insektes und langsam wurde der Umriss deutlich.

„Ohne Fingerfertigkeit ist man verloren“, fand Wolf und erntete von ihren Kunstvereinskolleginnen zustimmendes Nicken. Die meisten von ihnen versuchten sich bei der jüngsten Matinee des Vereines an der Kunst des filigranen Schneidens.

Eine Meisterin darin ist Almut Oehlmann aus Wust. Sie präsentierte eine Reihe ihrer Kunstwerke, die oft nur wenige Zentimeter groß und doch detailreich gearbeitet sind. „Ich verziere mit den Scherenschnitten Glückwunschkarten oder Briefe“, verriet sie. Pflanzen, Häuschen und Tiere sind liebevoll ausgearbeitet, sodass aus schwarzen und weißen Flächen dennoch plastische Bilder und Figuren entstehen.

„Meine Materialien sind Scherenschnittpapier und eine einfache Nagelhautschere“, sagt Oehlmann. Ein Cutter-Messer würde sie hingegen nie verwenden. „Es ist Scherenschnitt, kein Cutterschnitt.“ Bis ein kleiner Schmetterling, der nicht viel größer ist als das echte Tier, fertig sei, vergingen rund zwei Stunden.

„Wir brauchen dafür länger“, war von den Kunstvereinsmitgliedern zu hören. Almut Oehlmann hat sich schon in jungen Jahren für diese Kunst interessiert. Die Wiege des Scherenschnitts liegt in China. Erst im 17. Jahrhundert kam diese Kunst über die arabischen Länder nach Europa. In Deutschland erlebte der Scherenschnitt im 19. Jahrhundert durch die Anfertigung von Silhouetten eine Hochphase.

„Porträts anzufertigen ist sehr schwierig“, bekennt Almut Oehlmann. Sie selbst habe dafür nicht das Geschick. Allerdings hatten es die alten deutschen Dichter. Philip Otto Runge, Ernst Moritz Arndt oder Johann Wolfgang von Goethe waren begeisterte Silhouetten-Scherenschneider.

In Deutschland geriet die Kunst zwar etwas in Vergessenheit, allerdings ist der weltweit älteste noch erhaltenen animierte Langfilm aus Deutschland. 1926 veröffentlichte die Scherenschnittkünstlerin Lotte Reiniger den Streifen „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“, der heute als Klassiker auf diesem Gebiet gilt.

Im Kunstverein wird eine Würdigung des Scherenschnittes vorbereitet. „Wir können uns gut eine Ausstellung vorstellen, in der wir eine Reihe von Scherenschnitten zeigen“, kündigte die Vorsitzende Eva-Maria Rohmann an.

Besonders in diesem Jahr habe sich der Verein die Präsentation der kulturellen Vielfalt auf die Fahnen geschrieben. So gibt es in der kommenden Woche (11. Juli, 18 Uhr, junge Kirche) eine Lesung zur „Herkunft beliebter Gerichte und Gewürze“ mit dem Turkologen Dr. Mieste Hotopp-Riecke.