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Lesung Ansichten auf das Leben

Der Autor Helmut Konrad Freiherr von Keusgen war in Genthin zu Gast.

Von Mike Fleske 22.06.2016, 16:00

Genthin l „Ich war in vielen Städten nur einmal, in Genthin bin ich heute zum dritten Mal, das ist bemerkenswert“, sagte Helmut Konrad Freiherr von Keusgen zu Beginn seines Vortrages „Mitten im Leben sind wir von seinem Beginn und seinem Ende befangen“ in der Stadt- und Kreisbibliothek. Hier sei er Menschen mit besonders viel Interesse und Tiefgang begegnet, lobte der Bestsellerautor und stellte in Aussicht: „Vielleicht feiere ich sogar meinen 100. Geburtstag in Genthin.“

Obwohl 13 Jahre seit seinem letzten Besuch vergangen sind, waren die Genthiner in großer Zahl erschienen, um Keusgens Rückschau auf ein bewegtes Leben beizuwohnen. Plakatmaler, Modefotograf, Journalist, Rennfahrer, Airbrush-Künstler, Militärhistoriker und Schriftsteller – die Liste der Tätigkeiten des heute 67-Jährigen ist lang. Dabei war ihm eine erfolgreiche Karriere nicht in die Wiege gelegt. Keusgen erinnerte sich an seine wenig erfolgreiche Schulzeit. „Die Fünfen zogen sich durch meine Zeugnisse.“ In Deutsch sei er nicht gut gewesen, in Sport eine Niete. Am Ende wurde er Schriftsteller und Formel-3-Rennfahrer und ein erfolgreicher Geschäftsmann. Seine Geschichte möge jungen Leuten Mut machen, ihr Leben in die Hand zu nehmen, auch wenn die Startbedingungen alles andere als rosig sind.

Von Keusgen hat inzwischen 16 eigene Bücher verfasst. Besonders als Autor von Veröffentlichungen zum D-Day 1944 ist er bekannt geworden. „Während meiner weit mehr als 400 Interviews, die ich mit ehemaligen Weltkriegs-Teilnehmern geführt habe, musste ich feststellen, dass viele von ihnen bereits in ihrer Jugend gestorben waren und dennoch weitergelebt haben“, erläuterte er die Tragik der Kriegsgeneration, deren traumatische Erfahrungen auch vor der eigenen Familie nicht haltmachten. „Mein Vater war an der Ostfront 700 Tage und Nächte im Kampf.“ Doch das Thema Krieg machte nur einen kleinen Teil der Ausführungen aus.

Viel stärker ging er auf die heutige Jugend ein und fand durchaus kritische Worte. „Hat die heutige Spaß- und Feier-Generation denn überhaupt noch Werte und Normen, kann sie überhaupt noch Vergleiche ziehen, wie gut es ihr tatsächlich geht?“, fragte er und ging danach auf die Situation der jungen Frauen ein. Ihnen empfahl er, sich für ihre Zukunft vielseitiger zu orientieren und in vielen Dingen umzudenken. Dieses Umdenken ist auch Teil eines Ratgebers, den Keusgen gemeinsam mit Karin Clarissa Röhrs verfasst hat. Der 67-Jährige kritisierte die heutige Medienlandschaft, in der Gewalt und Pornografie auf Knopfdruck abrufbar seien und warb für die Werte der eigenen Schaffenskraft und Kreativität. Auch dafür ist der Freiherr ein prägnantes Beispiel.

Seine philosophisch erotischen Airbrush-Bilder werden seit vielen Jahren in ganz Europa hoch gehandelt. In Genthin präsentierte Keusgen Teile seiner Kunst, die in den kommenden zwei Jahren wieder an verschiedenen Orten in Deutschland, Frankreich und Belgien zu sehen und zu erwerben sein werden.