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Oma Bergmann Rote Karte für Genthin

Katzenjammer nach der Oma Bergmann-Lesung im Stadtkulturhaus. Torsten Rohde streicht seine Genthiner Termine.

11.10.2019, 17:23

Genthin l Die Lesung am Sonntag sei die letzte in Genthin gewesen, die er organisiert habe, das teilte am Donnerstagabend Erfolgsautor Torsten Rohde schriftlich Marina Conradi von der Stadtverwaltung mit. In diesem Zuge kassierte die Stadt eine Absage zu bereits geplanten Oma Bergmann-Lesungen zur 850-Jahr-Feier Genthins im Jahr 2021. Eine peinliche Tontechnik-Panne im Vorfeld der Lesung im Stadtkulturhaus am Sonntagnachmittag war für Rohde vermutlich nur ein Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, um Genthin den Rücken zu kehren.

Rohde hatte den Saal des Stadtkulturhauses bereits vor gut einem Jahr für die Lesung inklusive Licht- und Tontechnik, die das Stadtkulturhaus zur Verfügung stellt, angemietet. Als das Berliner Team anreiste, stellte es gegen Mittag fest, dass die Tontechnik nicht funktioniert. Die Anlage sei alt, es habe immer wieder Schwierigkeiten gegeben, doch diesmal habe sie den Geist aufgegeben, beschreibt Rohde die Misere. Drei erfahrenen Medientechniker hätten nichts ausrichten können, so dass Sebastian Strebe mit Ersatz-Technik einspringen musste.

Die Panne hatte allerdings zur Folge, dass den Gästen nicht wie angekündigt eine Stunde vor Beginn der Lesung Einlass gewährt werden konnte. Besonders ärgerlich, weil nicht platzgebundene Tickets im Vorverkauf über den Ladentisch gingen.

Die Gäste mussten so über eine Stunde im Nieselregen vor dem Stadtkulturhaus ungeduldig warten, um endlich Plätze im Saal zu ergattern. „Das alles fällt auf uns als Veranstalter zurück. So etwas geht nicht mehr. Über 300 Leute können nicht vor der Tür stehen gelassen werden“, sagte Torsten Rohde gestern im Telefongespräch mit der Volksstimme und bekräftige daraufhin seine Absicht, sich aus Genthin zurückziehen zu wollen.

Lars Bonitz, QSG-Geschäftsführer, erlebte am Sonntag das Fiasko im Stadtkulturhaus mit. Die Tontechnik im Hause, räumte er ein, sei veraltet und befinde sich noch im Orginalzustand, wie sie zu Waschmittelzeiten-Zeiten aufgebaut wurde. Zwischenzeitlich konnten an der Anlage auch aus finanziellen Gründen nur kleinere Veränderungen vorgenommen werden. Die hauseigene Tontechnik werde mittlerweile nur noch einmal jährlich ausschließlich für die Oma-Bergmann-Lesung gebucht. Für größere Veranstaltungen im Saal würden die Veranstalter, größtenteils Vereine, inzwischen eigene Tontechnik mitbringen. Auf den Ausfall der Technik bei der Rohde-Lesung, sagt Bonitz, habe man mit dem Einsatz von Sebastian Strebe schnell reagieren können. Die QSG werde Rohde die vertragsgemäß berechneten Kosten für die Tontechnik zurückerstatten.

Die Anschaffung einer neuen, modernen Tontechnik sei für die QSG laut Bonitz kein Thema. Die Anschaffungskosten würden bei einem fünfstelligen Betrag liegen.

Dass nach der Tontechnik-Pleite nun auch andere Veranstaltungen im Stadtkulturhaus ins Wasser fallen könnten, schließt Bonitz aus. Es liefen Gespräche mit dem Genthiner Amateurtheater zur Premiere des Weihnachtsmärchens und mit dem GCC zu den bevorstehenden Karnevalsveranstaltungen. „Ich bin zuversichtlich“, sagte der Geschäftsführer.

Während Vereine und QSG versuchen, einen Konsens zu finden, um den Kulturbetrieb aufrechtzuerhalten, streicht Torsten Rohde die Segel. „Mit mehr als nur einem weinenden Auge, aber es geht nicht anders“, heißt es in seinem Schreiben an die Stadt. Rohde sieht seine Entscheidung als Konsequenz dessen, dass „in den letzten Jahrzehnten das Stadtkulturhaus vor die Hunde gegangen“ sei. „Ich kann in diesem Umfeld in Genthin keine Veranstaltungen mehr durchführen.“ Die Diskussionen um das Stadtkulturhaus hätten in Genthin, so Torsten Rohde, eine Stimmung der Resignation und Verunsicherung erzeugt. Ihn hätten seit Ankündigung der Lesung in Genthin über 40 Rückfragen erreicht, ob die Veranstaltung überhaupt noch stattfinden werde. Das alles hätte dazu geführt, dass in diesem Jahr etwa 100 Besucher weniger als sonst ins Stadtkulturhaus gekommen seien und damit Einnahmen weggebrochen wären. „Die fehlen einfach, um kostendeckend zu arbeiten“, so Rohde.

Der Streit zwischen Stadträten, Bürgermeister und Verwaltung über die Finanzierung des Stadtkulturhauses sei für einen Außenstehenden nicht nachvollziehbar, heißt es in dem Rohde-Schreiben an die Stadt. „Es wirkt so, als ginge es niemandem mehr um die Sache oder darum, Genthin in irgend einer Art und Weise in die Zukunft zu führen. Alles dreht sich nur darum, sich gegenseitig Steine in den Weg zu werfen und anderen das Leben schwer zu machen.“ Er habe den Eindruck , als ginge es nur ums Verhindern, nicht ums Gestalten. „Ich kann nicht erkennen, dass irgendjemand der Streitbeteiligten eine Idee für die Stadt hat.“

Die Stadt Genthin reagierte zurückhaltend auf die Ankündigung von Rohde, nicht mehr in Genthin auftreten zu wollen. „Wir werden auf jeden Fall versuchen, mit ihm ins Gespräch zu kommen“, sagte Alexandra Adel, Abwesenheitsvertreterin des Bürgermeisters.