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Passbilder Fotografen bangen um ihre Existenz

Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass Passbilder ab 2022 nur noch im Amt gefertigt werden dürfen. Fotografen sind entsetzt.

Von Mike Fleske 19.01.2020, 05:00

Genthin l „Es ist sehr ärgerlich, dass dem Handwerk immer mehr Steine in den Weg gelegt werden“, Nancy-D. Hermenau-Gamalski. Die Genthiner Fotografin hält nicht viel von dem in dieser Woche diskutierten Gesetzentwurf. „Ich habe von diesem Plan schon im Dezember gehört und war entsetzt“, bekennt die Betreiberin des „Fotoecks“ Genthin.

Das ist der Hintergrund: In der vergangenen Woche wurde allgemein bekannt, dass das Bundesinnenministerium mit einem Gesetzentwurf plant, Ausweise fälschungssicherer zu machen. Daher sollen Passbilder künftig nur noch in der Meldebehörde entstehen. Grund für den Entwurf ist, dass Ausweise technisch so manipuliert werden könnten, dass sie für mehrere Personen nutzbar würden. Möglich macht dies das sogenannte Morphing. Dabei werden Bilder mehrerer Personen so verknüpft, dass bei der Betrachtung nicht mehr zu sehen ist, ob es sich um die eine oder andere Person handelt. Es sei aber nötig, Pässe und Personalausweise fälschungssicher zu machen, damit deutsche Bürger auch in Zukunft visafrei in die meisten Staaten reisen könnten, heißt es aus dem Innenministerium. Daher sollen in den Ämtern Fototerminals aufgestellt werden, die von den Bürgern unter Aufsicht der Mitarbeiter der Meldebehörde genutzt werden können.

In den Verwaltungen geht man das Thema derzeit gelassen an. „Wir verfolgen die weiteren Beratungen des Gesetzentwurfes und werden die Handlungsempfehlungen abwarten, da erst danach eine Umsetzung des Gesetzes erfolgen kann.“, sagt Alexandra Adel, Fachbereichsleiterin Bürgerservice bei der Stadt Genthin.

„Für uns wird sich wenig Mehraufwand ergeben, da es Firmen gibt, die entsprechende Automaten zur Verfügung stellen“, sagt Bernhard Ruth, Sprecher der Stadt Burg. Einzig die Stromkosten müsste man übernehmen. Ruth sieht nach Rücksprache mit dem Fachbereich Vorteile für die Bürger: „Die Passbilder werden günstiger, sie werden nicht mehr abgewiesen, weil ein Bild nicht so aufgenommen wurde, wie es für den Ausweis notwendig wäre und sie können den ganzen Vorgang der Ausweiserstellung an Ort und Stelle erledigen.“ Der Stadtsprecher geht aber auch auf die Nachteile ein: „Was für den Bürger gut ist, ist schlecht für Fotografen und Einzelhandel und als Stadtverwaltung haben wir natürlich auch die heimische Wirtschaft im Blick, für die dieses Gesetz ein spürbarer Einschnitt wäre.“

Nancy Hermenau-Gamalski erklärt warum: „Die meisten Portraitkunden waren zuvor erst Passbildkunden. Somit öffnet das Passbildgeschäft die Tür zum Portaitfoto. Es kann sehr gut sein, dass die Einbußen bei der Passbildfotografie auch Einbußen bei der Portraitfotografie nach sich ziehen.“ Mit ihren Befürchtungen ist die Fotografin nicht allein.

„Verheerend“, nennt es Thomas Mayer, Fotograf und Betreiber des Studios „Fotomayer“ in Kirchmöser, der häufig im Genthiner Raum gebucht wird. „Passbilder sind für Fotografen und Fotostudios eine nicht wegzudenkende Einnahme. Diese relativ stabilen, laufenden Einnahmen sichern einen großen Teil der Unterhaltung eines Fotostudios“, macht er deutlich. „Würden diese Einnahmen nicht sein, ist das Vorhalten eines Studios nicht mehr rentabel. Denn nur mit normalen Portraitaufträgen lässt sich das nicht finanzieren.“ Er sieht in der Folge viele Fotografen ihre Geschäfte schließen und Arbeitsplätze verloren gehen.

Mittlerweile ist die Kritik in der Politik angekommen. „Bei der Sicherheit unserer Identitätsdokumente machen wir keine Kompromisse. Das gilt auch für die Passfotos“, machte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Freitag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur deutlich. Er hält zwar daran fest, die Fälschungssicherheit von Ausweisen weiter zu erhöhen, sagte aber auch, dass sich Bürger in Zukunft „entscheiden können, ob sie die Passfotos künftig bei der Behörde oder in einem Fotogeschäft anfertigen lassen“. Das Ministerium muss jetzt einen Kompromiss finden, der die Sicherheitsinteressen berücksichtigt, ohne die Fotografen zu benachteiligen. Einen Lösungsvorschlag gibt es derzeit noch nicht.