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Pilgerer Von Berlin über Genthin nach Santiago

Ein überraschender Besucher machte am Wochenende Station im Genthiner Thomas-Morus-Haus - ein junger Pilger aus Berlin.

Von Mike Fleske 07.07.2020, 01:01

Genthin l Überraschender Besuch im Genthiner Morus-Jugendhaus: Der 17-jährige Felix Kramer aus Berlin-Niederschönhausen legte am Wochenende in Genthin eine Pause ein.
Felix ist ein waschechter Pilger. Mit wenig Geld und Gepäck ist er derzeit zu Fuß auf dem Weg nach Santiago de Compostela in Spanien, sozusagen auf den Spuren des Jakobsweges. „Ich habe vor einigen Wochen mein Abitur abgelegt und wollte nach den Wochen und Monaten des Lernens für die Prüfungen zu mir kommen und etwas machen, um den Kopf freizubekommen.“ Außerdem sei es eine gute Möglichkeit, zu schauen, wie man in der Fremde mit anderen in Kontakt kommt. So machte sich der 17-Jährige am 30. Juni auf den Weg nach Spanien. „Ich habe mir den Weg in 30-Kilometer-Abschnitte eingeteilt. Am Wochenende war der Abschnitt von Brandenburg nach Genthin an der Reihe.
Felix hat sich vorgenommen, bei privaten Gastgebern zu übernachten und diese mit seiner Pilger-Geschichte zu belohnen. „Ich kann auch auf einer Grünfläche campen“, sagt er. Denn ein Zelt, einen Kocher und einen Schlafsack hat er dabei.
In Genthin fiel ihm das bunte Haus am Wasserturm auf. „Da stand die Tür offen, ich habe hereingeschaut und wurde herzlich empfangen.“ So einen Besucher hat auch das Jugendhaus nicht alle Tage. „Das ist doch eine tolle Sache“, fand Jugendhausleiter Ronny Harzendorf. „Da ist ein junger Mann, der sich vorgenommen hat, in den nächsten Wochen und Monaten auf sich allein gestellt bis nach Spanien zu wandern, ich finde das gut.“ Aber nicht nur er, auch die jugendlichen Besucher waren sehr interessiert. Sofort wurde der Gast aus Berlin mit Fragen belegt. „Woher, warum, wieso machst du das?“ wollten die Jugendlichen wissen und luden den jungen Mann zum Tischtennisspielen ein. Klar war Zeit für die eine oder andere Partie.
„Ich wurde gut bewirtet und hatte in dieser kurzen Zeit viel Spaß.“ Felix Kramer bekam auch einen Eindruck der Genthiner Gastfreundschaft, fast umgehend wurde ihm eine Unterkunft angeboten. „Ich habe mich dann entschlossen, privat unterzukommen.
Für ihn sei das ein ganz großes Plus seiner Reise. Er lerne viele neue und freundliche Leute kennen sowie Orte, an denen er noch nie vorher gewesen ist. „Ich war ja noch nie in Genthin, aber ich muss sagen, es ist ein schöner Ort.“ Felix war am nächsten Morgen schon wieder unterwegs. Erst ging es nach Burg, danach weiter nach Magdeburg, wo er seine Großmutter besuchte, die an diesem Tag zudem Geburtstag hatte. Dann bis an die Landesgrenze von Sachsen-Anhalt und Hessen. „Da treffe ich meine Familie, die dort Urlaub macht.“ Von da an über die Grenze von Deutschland und via Frankreich nach Spanien.
Rund 140 Tage möchte Felix unterwegs sein und im November in Santiago de Compostela in Spanien ankommen. Die Idee zu dieser Wanderung sei ihm durch das christlich geprägte Elternhaus gekommen.
Es gibt mehrere sogenannte Jakobswege nach Santiago in Spanien. Besonders populär wurde dieses Pilgern vor einigen Jahren, als der Schauspieler und Moderator Hape Kerkeling das Pilger-Buch „Ich bin dann mal weg“ veröffentlichte.
Viele Pilger belegen ihre Tour mit einem sogenannten Pilgerheft. „Ich habe auch schon ein paar Stempel gesammelt“, sagt Felix.
Er ist jetzt gespannt, ob er die Tour bis zum Ende schafft. „Wenn ich keine Lust mehr habe, mache ich vielleicht ein wenig mehr Pause oder fahre wieder nach Hause“, sagt er. Aber sein erklärtes Ziel sei es, in einem Durchgang bis nach Spanien zu kommen.
Denn diese Art der Fortbewegung habe etwas zu tun mit Ruhe und Entspannung. „Vielleicht hat es auch etwas Meditatives, das schließt sich gar nicht aus.“
Vielleicht melde er sich mal wieder bei den Genthinern, die er in guter Erinnerung behalten werde.