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Seelsorge Pfarrer aus Bayern auf Zeit in Genthin

Für drei Wochen übernimmt ein Pfarrer aus Süddeutschland Aufgaben im Kirchspiel Klitsche-Stremme. Er kehrt mit vielen Erinnerungen zurück.

Von Thomas Skiba 07.09.2020, 23:01

Jerichow l Als Pfarrer im Ruhestand, Stefan Donderer, seinen Freunden und Bekannten erzählte, dass er für knapp drei Wochen einen Vertretungsdienst in Sachsen-Anhalt übernehme, war das Erstaunen groß. „Da willst du wirklich hin – nach Ostdeutschland?“, so oftmals der erste Reflex: Eine wohl typische Reaktion aus westdeutscher Perspektive. Denn Donderer wohnt mit seiner Familie in Gauting, circa 20 Kilometer südwestlich von München. „Fit bin ich, im Ruhestand bin ich und ich bin bereit, neue Erfahrungen zu sammeln.“

So kam es, dass Stefan Donderer vom 24. Juni bis 12. Juli die Pfarrerinnen Magdalene Wohlfarth und Beate Eisert vertrat und die kirchlichen Aufgaben im Kirchspiel Klitsche-Stremme übernahm. Auf den Gedanken kam der Süddeutsche, als er einige Monate zuvor über die einen Artikel über die Zehntgemeinschaft Jerichow las.

Der Grundgedanke dieser Vereinigung: Den biblischen Zehnten geben, aber nicht in Form von Geld oder Materiellem, sondern in Form von Zeit. Kirchengemeinden in Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern suchen immer wieder fitte Ruhestandspfarrer, die für eine bestimmte Zeit Vertretungen übernehmen. Donderer wurde neugierig und fuhr, zusammen mit seiner Frau, zum „Schnuppern“ nach Genthin. „Sachsen-Anhalt war bislang eine ganz unbekannte Gegend für uns“ bekennt Donderer und sagt: „Ein Grund mehr, dass ich mich für diesen Dienst entschieden habe.“

Er weiß auch, dass er viele Fragen beantworten muss, wenn er wieder in seiner Heimat weilt – und er hat jede Menge zu berichten. „Ich werde erzählen: Von vielen zugewandten, hilfsbereiten und gastfreundlichen Menschen, mit denen ich hier in Kontakt gekommen bin“, so der Pfarrer und wird deutlich: „Von guten Gesprächen, spontanen Einladungen und der Herzlichkeit, mit der ich hier empfangen und aufgenommen wurde.“ Es habe ihm große Freude bereitet, in den unterschiedlichen Gemeindeteilen Gottesdienste zu feiern.

Bei den zwei Beerdigungen, die er zu halten hatte, war der Kontakt zu den Angehörigen aus seiner Sicht ebenfalls gelungen. „Nicht vergessen möchte ich den Reichtum an wunderschönen Kirchen hier in der Gegend“, sagt Stefan Donderer, die er bei seinen Fahrradtouren in der weitläufigen Natur kennenlernte.

Dazu kamen Besuche in Tangermünde, Jerichow, Brandenburg und Magdeburg. „Ein Landstrich mit vielfältiger, wechselvoller und interessanter Geschichte, von der ich bislang kaum etwas wusste“, stellt er fest.

Aus der aktuellen Situation der Kirche schlägt er eine Verständnisbrücke in die Vergangenheit. Hier, so Donderer, bewirkten die Jahrzehnte unter sozialistischer Herrschaft eine sehr gründliche und flächendeckende Entkirchlichung. Doch es gibt immer Hoffnung. „Umso mehr verdienen all diejenigen, die hier der Kirche die Treue halten und sich aktiv am Gemeindeleben beteiligen, großen Respekt und Anerkennung.“

Ihn bewegt ganz grundsätzlich die Frage, welche Strategien erdacht und entwickelt werden müssen, um Kirche im öffentlichen Raum als ein gutes, menschenfreundliches und sinnstiftendes Angebot erfahrbar zu machen. Je nach den örtlichen Gegebenheiten und dem jeweiligen sozialen Umfeld würde man zu unterschiedlichen Ideen kommen – im Westen genauso, wie in den neuen Bundesländern. „Ich kehre mit einem Sack voll bereichernder Erfahrungen zurück, mit vielen Erinnerungsfotos und vor allem mit guten Gedanken an und Wünschen für die Menschen, denen ich hier begegnen durfte“, weiß der Pfarrer im „Unruhestand“. Wenn die Zeit und die Umstände es erlauben, würde er gern wiederkommen.