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Solartechnik Mit Ökostrom auf den neuen Radweg

Mithilfe von Ökostrom durch die Region radeln. Das soll ab dem kommenden Jahr in Parchen möglich werden.

Von Mike Fleske 07.12.2020, 07:00

Parchen l Kalt ist es. Die Mitarbeiter der Parchener Leinölmühle sind dick angezogen im Hof des Betriebes an der Arbeit. Dieser Tage werden auf dem Dach der im vergangenen Jahr neu errichteten Produktionshalle Fotovoltaikanlagen aufgelegt. Ist das Gebäudes durch seine markante Holzfront jetzt schon auffällig, wird es nach Fertigstellung der Arbeiten noch deutlicher ins Auge fallen. Denn dann besitzt es die für Solardächer typischen und in der Sonne blau blitzenden Dachpaneele.

„Wir haben uns der biologischen Landwirtschaft verschrieben, jetzt wollen wir auch den Strom, den der Betrieb benötigt, aus regenerativen Energien gewinnen“, sagt Kampe. 24 Module werden auf der Südseite des Hallendaches verlegt. Die 28,9 Kilowatt-Peak-Anlage soll am Ende 10 000 Kilowattstunden Strom liefern. Ernst-Adolf Kampe möchte damit rund 80 Prozent des bei der Produktion der Leinölmühle benötigten Stroms mit der Anlage erzeugen. Und noch etwas: „Wir hoffen ja, dass nun endlich der Radweg zwischen Parchen und Genthin gebaut wird und bieten den dann hoffentlich zahlreichen Radlern ab dem kommenden Jahr einen neuen Service.“

Diese sollen immer freitags, wenn der Betrieb ins Wochenende geht, ihre Elektroroller und Elektrofahrräder während einer kleinen Einkehr in der Leinölmühle laden können, um dann mit grünem Strom die Tour fortsetzen zu können. Um das Projekt „Solarstrom“ umsetzen zu können, hat der Leinölmühlenbetreiber kompetente Unterstützer hinzugezogen. Die Bürgerenergiegenossenschaft Helionat aus Magdeburg hat sich auf die Fahnen geschrieben, Menschen aus Sachsen-Anhalt an den Erträgen aus der Stromerzeugung aus regenerativen Energien zu beteiligen.

„Die Energiewende ist in aller Munde, wir wollen alternativen Strom voran bringen und die Akzeptanz in der Bevölkerung für diese Alternativen steigern“, sagt Helionat-Entwicklungsingenieur Hannes Kühn. Solaranlagen auf Freiflächen seien zwar keine optischen Bereicherungen, aber mittlerweile eine durchaus effektive Quelle für die Stromerzeugung. „Wir haben uns 2009 zusammengeschlossen und haben mittlerweile über 130 Mitglieder.“ Sie alle sind an Anlagen, etwa in Wanzleben, Wolfen oder auch der größten von Bürgern betriebenen Anlage in Sachsen-Anhalt in Magdeburg-Rothensee, beteiligt.

Diese liefert Strom für 600 Haushalte und ist allein in der Hand der Genossenschaftsmitglieder. „Dadurch bleibt die Wirtschaftskraft in der Region und geht nicht an weit entfernte Investoren“, erläutert Kühn. Zudem könnten auf diese Weise Menschen an der Solarenergie beteiligt werden, die auf ihrem Dach keine eigene Möglichkeit für diese Art der Stromversorgung haben oder solch eine Anlage selbst nicht finanzieren könnten. Und es gibt auch Sonderformen in der Genossenschaft, denn die Parchener Anlage bleibt in den Händen der Leinölmühle. Ernst-Adolf Kampe möchte damit nicht nur Strom erzeugen und abgeben, sondern auch ein Projekt mit einer Schulklasse starten.

„Mein Idee ist, dass Schüler ein Gespür für den Stromverbrauch erhalten, wenn sie sich einmal mit den Angaben der Geräte beschäftigen und errechnen, wie viel Energie benötigt wird.“ Ganz praktisch laufen diese Werte dann in die Berechnung des Stromverbrauches der Leinölmühle ein. Hintergrund sei, dass die Leinölmühle nun deutlich auf Spitzenverbrauchszeiten achten müsse. „Es ist so, dass etwa in den Sommermonaten mehr Strom erzeugt werden kann als im Herbst und Winter. Würde die Anlage jetzt laufen, wären der November und Dezember sicher die schwächsten Monate im Jahr für die Stromerzeugung“, fügt Hannes Kühn hinzu.

Ernst-Adolf Kampe blickt mit Spannung auf die Umsetzung der Aktion „Solarstrom“. Für ihn sei es die letzte große Investition vor dem Ruhestand, mit der er seine Herzensangelegenheit „Leinölmühle und Biolandwirtschaft in Parchen“ gut aufgestellt und für einen Nachfolger bereit sieht. Denn die Rückkehr zur Landwirtschaft im Einklang mit der Natur sei eines der großen Zukunftsthemen, die von vielen Jüngeren immer deutlicher besetzt werden.