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Sparmaßnahme Wirbel um Bootshaus-Verkauf

Wie viel Geld das Bootshaus in Genthin wert ist, wird gerade durch ein Gutachten geklärt. Die Stadt will das Objekt verkaufen.

Von Kristin Schulze 20.07.2017, 01:01

Genthin l Beschlossen wurde der Boothaus-Verkauf bereits Ende 2016 im Stadtrat. Auf Seite 40 von 108 der Fortschreibung vom Haushaltskonsolidierungskonzept ist als eine von mehreren Sparmaßnahmen die „Veräußerung von städtischen Grundstücken“ aufgelistet. Eines von elf Gebäuden ist das Bootshaus.

Die Immobilie an der Martha-Brautzsch-Straße gehört der Stadt, Pächter ist der Sportverein „Chemie“ Genthin. Die Sektion Kanu lagert hier ihre Sportgeräte, in der oberen Etage sind zwei Büros des Vereins untergebracht. Die Gaststätte wird von Sebastian Haas betrieben.

Der Stadtrat hatte dem Verkauf einstimmig bei vier Enthaltungen zugestimmt. Eine Entscheidung, die beim Vorsitzenden des Sportvereins, Fritz Mund, auf Unverständnis stößt: „Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt, ich hätte mir ein Gespräch gewünscht, bevor man das Bootshaus auf diese Liste setzt.“ Stattdessen sei der Verein im Mai vom Bürgermeister über den geplanten Verkauf unterrichtet worden. Mund sieht die Sektion Kanu in Gefahr. „Es geht hier um 92 Kanuten inklusive Kinder- und Nachwuchsbereich.“ Seine Befürchtung: Wenn ein privater Investor das Bootshaus kauft, müssen die Sportler raus.

Bürgermeister Thomas Barz sagt auf Volksstimme-Nachfrage: „Das Bootshaus wird nicht meistbietend verkauft.“ Die Interessenten müssten zwei Bedingungen erfüllen: Die Kanuten sollen drin bleiben und es soll dort weiterhin eine Gastronomie geben. Ähnlich wie beim Lindenhof würden Interessenten also ein Konzept vorlegen. Das, was am besten passt, bekäme den Zuschlag. Entscheiden würde über den Kaufvertrag der Stadtrat.

Mund bezweifelt die Notwendigkeit eines Verkaufs: „Die Stadt hat keine Kosten mit dem Bootshaus. Um die Instandhaltung kümmern wir uns als Verein.“

Thomas Barz argumentiert: „Der Pachtvertrag behindert eigentlich alle Beteiligten. Die Stadt kann nicht ernsthaft investieren, der Verein hat es nicht im Eigentum und hält sich zurück, der Gastronom investiert auch nicht, da er keine langfristige Sicherheit hat.“

Barz sieht in dem Vertrag auch eine Bevorzugung des Sportvereins gegenüber anderen Vereinen: „Der Vertrag ist auch in der Vereinslandschaft sehr kurios. Das Objekt gehört der Stadt und alle Einnahmen, die eigentlich nichts mit dem Sport zu tun haben, verbleiben dem Verein zur Deckung der Unkosten.“

Der Kegelverein dagegen müsse für sein Objekt alle Betriebskosten alleine tragen. In anderen Sportstätten erfolge eine Beteiligung der Vereine an den Betriebskosten.

Tatsächlich ist es so, dass Gastronom Sebastian Haas eine Pacht zahlt. Nicht an die Stadt, sondern den Sportverein. „Das Geld fließt in den Erhalt des Bootshauses“, sagt Fritz Mund. So hätte der Verein beispielsweise das neue Dach bezahlt und auch immer wieder in die Instandhaltung investiert. 2016 hätte man 12.500 Euro zurückgestellt, die in die Holzverkleidung fließen sollten. Auch 3000 Euro Fördergelder vom Kreissportbund stünden bereit. „Das liegt jetzt auf Eis, weil wir nicht wissen, was wird“, so Mund.

Warum der Verein die Aufwendungen nicht tätigt, kann man wiederum bei der Stadt nicht nachvollziehen. „Bis 2023 ist es ja noch eine Weile“, sagt Thomas Barz. Bis dahin läuft der Pachtvertrag zwischen Stadt und Verein.

Barz sieht in einem Verkauf des Bootshauses eine Chance für die Immobilie: „Das Objekt muss dringend saniert und auch entwickelt werden. Nach den uns vorliegenden Unterlagen sind in die Instandhaltung seit 2008 lediglich durchschnittlich 600 Euro pro Jahr geflossen.“

Barz weiter: „Ich glaube, dass das Areal mit einem vernünftigen Konzept immenses Potential hat und der Kanu-Sport dann auch langfristig dort seine Heimat haben wird. Es stellt sich nämlich die Frage, wann und von wem Geld in die Hand genommen wird, um zu vermeiden, dass das Objekt irgendwann unbrauchbar ist.“

Dass nicht genug investiert wurde, sieht Mund naturgemäß anders und verweist auf Türen, Fenster und Dach. „Außerdem kümmern wir uns um die Bewirtschaftung der Außenanlage und des Hafens.“ Er wünsche sich „sachliche Gespräche mit der Stadt, zum Beispiel über einen Erbbaupachtvertrag.“

Der jetzige Vertrag wurde vor 25 Jahren zwischen Stadt, damals unter Bürgermeister Wolfgang Bernicke, und Sportverein abgeschlossen. „Wenn man den schlecht findet, kann man ja über einen neuen reden. Warum muss man gleich das Gebäude verkaufen?“, fragt Mund.

„Ich bin mit der aktuellen Situation zufrieden, die Zusammenarbeit mit dem Verein läuft gut“, sagt Gastronom Sebastian Haas auf Volksstimme-Nachfrage. Auf die Frage, ob er selbst als Kaufinteressent in Erscheinung treten wird, antwortet er: „Ich habe großes Interesse, weiter mit dem Verein zusammen zu arbeiten. Wenn der Verein sich den Kauf nicht leisten kann, würde ich natürlich über eine Investition nachdenken.“

Haas bekennt sich klar zum Standort: „Ich fühle mich sehr wohl im Bootshaus und habe kein Interesse meine Arbeit hier zu beenden.“

Wer noch alles Interesse haben könnte, darüber wird in der Stadt indes munter spekuliert. Nahe liegt für viele die Vermutung, dass die QSG mbh, die 2021 samt Küche aus dem Stadtkulturhaus ausziehen muss, als Käufer infrage kommt. Ein klares Dementi gibt es von Geschäftsführer Lars Bonitz auf Volksstimme-Nachfrage nicht. Er sagt: „Das sind ungelegte Eier, ich kenne weder den Preis noch die Rahmenbedingungen, darum kann ich dazu nichts sagen.“

Wie viel Geld für das Bootshaus veranschlagt werden kann, wird jetzt mit Hilfe eines Verkehrswertgutachtens ermittelt.