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Sportserie Der steinige Weg zum Topspin

Die Volksstimme-Sportserie mit Selbsttest führt uns an die Platten der Sektion Tischtennis des Sportvereins "Chemie" Genthin.

Von Kristin Schulze 25.06.2017, 06:00

Genthin l Sport ist gesund, setzt Glückshormone frei und vertreibt den Winterspeck. Doch welche Sportart ist die richtige? Volksstimme-Redakteure testen sich durch die Sektionen von Genthins größtem und vielseitigstem Verein, dem „SV Chemie“. Heute: Tischtennis. 

Die Jahnturnhalle - Stätte etlicher sportlicher Niederlagen meinerseits. Volley-, Hand- und (besonders schlimm) Basketball habe ich hier als Schülerin gespielt und eine ausgeprägte Ballphobie entwickelt. Mit Bällen habe ich es einfach nicht so, mir fehlt das Gefühl für sie, was mein ungutes Gefühl beim Betreten der Jahnturnhalle am Montagabend erklärt.

Tischtennis steht auf meinem Sportprogramm - immerhin geht es dabei um einen sehr kleinen Ball, versuche ich mich zu beruhigen. „Wir spielen uns erstmal ein“, unterbricht Übungsleiter Lothar Koch meine Überlegungen.

Das geht beim Tischtennis nur mit Partner, mir wird Carsten Schwarz zugeteilt. Damit ich ein Gefühl für den Ball bekomme, wollen wir zwanglos hin und her spielen. Leichter gesagt als getan, oft schlage ich einfach am Ball vorbei, wenn ich ihn mal treffe, dann so beherzt, dass er die Platte meilenweit verfehlt. Schwarz zeigt Verständnis, lobt jeden zurückgebrachten Ball und versichert, dass meine Schwierigkeiten ganz normaler Natur seien.

Die positive Konditionierung wirkt, ich werde selbstbewusster, es kommen tatsächlich ein paar längere Ballwechsel zustande.

Vier Platten bauen die Mitglieder der Sektion Tischtennis jeden Montag in der Halle des Bismarck-Gymnasiums auf, das geht ganz fix, sie werden an ihren Platz gerollt. Beim Einspielen ist es still, man hört nur das Pling und Plong des Balles und ab und an einen Ausruf der Freude oder des Ärgers für einen gelungenen beziehungsweise verpatzten Schlag. Gesprochen wird nicht viel, Konzentration liegt in der Luft.

Carsten Schwarz muss sich heute nicht konzentrieren, meine Bälle erwischt er mit links. Währenddessen erzählt er mir vom Top Spin, einem modernen Schlag im Tischtennis, bei dem der Ball im Kreis wegspringt. Davon bin ich natürlich meilenweit entfernt, ich bin froh, wenn mein Ball auf der Platte landet.

Das tut er aber immer öfter und als Schwarz mir von den Wettkämpfen erzählt, zu denen die Gruppe regelmäßig fährt, sehe ich mich schon selbst groß aufschlagen. Lothar Koch scheint das zu spüren, „Wechsel“ hallt es durch die Halle und der Übungsleiter ist mein neuer Partner.

Schnell wird klar, dass Carsten Schwarz schlicht sehr anfängerfreundlich gespielt hat. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön. Koch zeigt mir meine Grenzen auf, erhöht das Tempo und ich schaue den Bällen nur noch hinterher.

Wertvolle Anfängertipps gibt es inklusive. Der Schläger muss mehr zwischen Daumen und Zeigefinger. Außerdem erklärt er mir den Unterschied zwischen Vor- und Rückhand und dass der Schläger deswegen zweifarbig ist. Rote Seite Vorhand, schwarze Seite Rückhand. Mit diesen Hinweisen gelingt es mir doch noch einige Male, in den Ballwechsel zu kommen. Wenn ich einen Ball erwische, bringe ich ihn aber oft ziemlich hoch zurück.

Das lädt natürlich zum Beenden des Ballwechsels durch Schmettern ein. Koch verzichtet darauf und spielt die Bälle sachte zurück, ganz zum Schluss gelingt mir sogar ein Punkt. So werde ich zwar nicht als Tischtennistalent entdeckt, eine weitere schmerzliche sportliche Niederlage in der Jahnturnhalle bleibt mir aber auch erspart.

Damit das so bleibt, breche ich das Training zur Halbzeit ab und sehe den Profis zu. Während der Saison sind sie an fast jedem Wochenende auf Turnieren unterwegs. An erster Stelle spielt immer der mit den meisten Ranglistenpunkten, bei den Genthinern ist das Daniel Schneider. Lothar Koch und Manfred Schröder folgen als Spieler zwei und drei.

Frauen suchte man an den Genthiner Platten lange vergebens, seit Februar komplettiert aber Jutta Seiler die Truppe. Die ehemalige Berlinerin hat in der DDR-Oberliga gespielt, die Männer loben ihre sauberen Schläge. „Tischtennis ist ein Sport, die man bis ins hohe Alter betreiben kann, für die Senioren gibt es eine eigene Weltmeisterschaft“, erzählt die Neu-Genthinerin. Und schiebt ein Plädoyer für ihre Sportart hinterher: „Man bleibt in Bewegung und fördert kognitive Fähigkeiten.“

Lesen Sie im letzten Teil der Sportserie am Sonnabend, 1. Juli: Von Kinder- bis Rehasport - Fritz Mund über die Faszination des größten Vereins der Stadt.