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Wohnungslose Obdachlosenhilfe sucht Unterstützer

Die Stadt Genthin hält für Obdachlose ein Angebot von zwölf Plätzen in Schlichtwohnungen bereit.

Von Natalie Preißler 10.10.2018, 23:01

Genthin l Noch lockt der Altweibersommer tagsüber zum Sonnenbaden ins Freie. In den Nächten jedoch sind die Temperaturen teilweise schon im niedrigen einstelligen Bereich.

Für Genthiner ohne Obdach startet mit dem Herbst neben den alltäglichen Schwierigkeiten wie Essensversorgung, Körperpflege und sozialem Abstieg auch der Kampf gegen die Kälte.

Die Stadt Genthin bietet Betroffenen die Möglichkeit, sich im Rathaus zu melden und einen Platz in einer der drei Dreiraum-Schlichtwohnungen in der Einsteinstraße zu beziehen. Derzeit sind elf Personen dort untergebracht. Insgesamt stehen mit Notbett zwölf Plätze zur Verfügung. Dort können Hilfebedürftige für sechs Monate, bei Bedarf aber auch länger, eine Bleibe finden und werden ambulant durch zwei Mitarbeiter der Diakonie in unterschiedlichen Zeitarbeitsmodellen betreut. „Derzeit sind wir ausgelastet, aber einige Plätze könnten schon in der kommenden Woche wieder zur Verfügung stehen“, so Alexandra Adel, Mitarbeiterin der Stadt im Fachbereich Verwaltung und Bürgerservice. Bei unerwartet hohem Andrang müssten also weitere Wohnungen angemietet werden.

Wie viele Obdachlose es aktuell im Stadtraum gibt, sei schwer einzuschätzen, da die Stadtverwaltung nur jene registriert, die sich mit einem Gesuch an die Rathausmitarbeiter wenden.

Eigens für die Obdachlosenhilfe wurde vor geraumer Zeit auch eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die vierteljährlich Stadt und Vermieter zusammenbringt. Der Termin dient dazu, den aktuellen Stand Hilfebedürftiger und Mietschuldner und den Austausch unter Vermietern zu ermöglichen. „Leider hat das Interesse vonseiten der Vermieter stark nachgelassen“, stellte Adel fest.

Neben den festen Bewohnern der Schlichtwohnungen kämen in den Wintermonaten aber auch kurzfristig Obdachlose hinzu, die ein Nachtlager suchen oder sich als Reisende in der Stadt aufhalten.

Das Angebot an Wohnplätzen der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft (SWG) in der Einsteinstraße, die für den Zweck der Wohnungslosenunterbringung unbefristet von der Stadt angemietet sind, wird durch die Möglichkeit zeitweise bei privaten Vermietern mit finanzieller Unterstützung durch das Jobcenter oder das Sozialamt ergänzt. Auch hier ist die Anlaufstelle die Stadtverwaltung, die weitere Auskünfte zu privaten Unterkünften für Obdachlose gibt.

Die Schlichtwohnungen der Stadt Genthin stehen seit dem 1. März dieses Jahres zur Verfügung, nachdem das Haus der Diakonie am Platz des Friedens, welches mehr als sanierungsbedürftig war, geschlossen wurde. So besteht jetzt zusätzlich die Möglichkeit, Frauen zu beherbergen. In den Gemeinschaftsunterkünften der Diakonie war dies nicht möglich. Darüber hinaus seien es jedoch auch vorrangig Männer, die in Genthin ohne festen Wohnsitz sind, bestätigt Adel auf Volksstimme-Nachfrage.

Die Stadtmitarbeiterin zieht ein positive Bilanz, was die Obdachlosenunterbringung in den Schlichtwohnungen betrifft. „Es ist hier einfacher, den Betroffenen auch den sozialen Trainingsaspekt zu ermöglichen.“ Damit meint Adel, dass durch separierte Zimmer wieder ein Gefühl für ein eigenständiges „normales“ Leben entwickelt werden kann. Wegbegleiter sind dabei die Mitarbeiter der Diakonie, die zudem ein umfangreiches Netzwerk aus Schuldner-, Drogen- und Konfliktberatung sowie Hilfe und Informationen für die soziale Absicherung des Neuanfangs bereitstellen können.

„Einige der Betroffenen sind schneller wieder auf die Beine gekommen, als gedacht“, verrät sie über zwei junge Männer Anfang 20, für die die Betreuung in den Schlichtwohnungen einen gelungenen Neuanfang markierte. Jedoch gebe es immer wieder schwierige Fälle, in denen nicht allein die Obdachlosigkeit, sondern Abhängigkeiten wie Alkoholismus oder gar psychische Erkrankungen die problematische Lage bedingen. Diese können nicht allein durch das Bereitstellen eines Wohnplatzes und der ambulanten Betreuung gestemmt werden. Am 17. Oktober trifft sich die Arbeitsgruppe „Obdachlosenhilfe“ um 9.30 Uhr im Genthiner Rathaus. Interessierte Vermieter können sich der Versammlung anschließen.