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Stadtrat Auf die lange Bank geschoben?

Außer Streit nichts gewesen. Eine anberaumte Sondersitzung beschleunigt das Zerwürfnis zwischen Genthiner Stadträten und Bürgermeister.

Von Simone Pötschke 12.11.2020, 00:01

Genthin l Unter Genthins Stadträten tobt ein weiterer, neuer Streit. Diesmal geht um die Sondersitzung des Stadtrates, die der Stadtratsvorsitzende Gerd Mangelsdorf (CDU) für den 26. November einberufen hat. Zu spät, findet die Fraktion Wählergemeinschaft Genthin-Mützel-Parchen um Fraktionschef Falk Heidel, die per Mail den Antrag auf die Durchführung dieser Sondersitzung gestellt hatte.

In Teilen der CDU-Fraktion und der Fraktion Wählergemeinschaft Altenplathow/SPD (SPAL) wird diese Kritik geteilt. Das geht soweit, dass aus diesem Kreis die Forderung kommt, Mangelsdorfs Entscheidung auf ihre Ordnungsmäßigkeit durch die Kommunalaufsicht prüfen zu lassen. Während der Streit in den vergangenen Tagen über den Schriftverkehr ausgetragen wurde, kam es Anfang der Woche erstmals im öffentlichen Teil des Hauptausschusses zu heftigen Wortgefechten, die die Fronten abermals nur verhärteten. Für die Sondersitzung sind die Themen Wasserturm und die Klagen des Genthiner Bürgermeisters Matthias Günther (parteilos) gesetzt.

Die Befürworter einer möglichst zeitnahen Sondersitzung befürchten, dass mit einem Termin Ende November die Gefahr bestünde, dass zwischenzeitlich die Verwaltung mögliche Termine bei der Beantragung von Fördermitteln verschwitzen würde. Die Ängste, aber auch das Misstrauen gegenüber der Verwaltung sind groß, nachdem auf Nachfrage von Alexander Otto (CDU) bekannt wurde, dass Förderrichtlinien geändert worden sind und Genthin nicht mehr in den Genuss einer 100-prozentigen Förderung für die Sanierung des Wahrzeichens kommen wird. Die Befürworter einer möglichst zeitnahen Sondersitzung wollen deshalb Druck machen.

Die auf der Hauptausschuss-Sitzung geäußerten Vorwürfe an die Adresse des Stadtratsvorsitzenden, den Sonderausschuss zu spät einberufen zu haben, scheinen dabei eigentlich eine Reaktion auf zahllose Informationspannen des Bürgermeisters zu sein. Mit Alexander Otto positionierte sich auch ein Parteifreund Mangelsdorfs, unbedingt die Kommunalaufsicht anzurufen.

Eine gewisse Ironie haftet der Situation im Genthiner Stadtrat an. Der Bürgermeister zieht vor Gericht, weil er sich als Vorsitzender des Tourismusvereins von den anderen beiden Vorsitzenden nicht ausreichend über die Geschäftsvorgänge der QSG informiert sieht. Weite Teile des Stadtrates proben wiederum den Aufstand, weil der Bürgermeister auch nach mehrfacher Aufforderung auf die Fragen von Stadträten nicht geantwortet hat. Genthin hat offensichtlich ein Informations- und Kommunikationsproblem.

Der Disput um die Sondersitzung lockte am Montag diesen Geist aus der Flasche. Klaus Voth wiederholte seine dringende Bitte an den Bürgermeister, auf Anfragen wenigstens einen Zwischenbescheid zu erhalten. Falk Heidel beklagte, dass auch nach mehreren Nachfragen immer noch kein Betreiberkonzept der Stadt für die Übernahme des Stadtkulturhauses vorliege. Lars Bonitz (SPAL) setzte mit dem „Evergreen“, der Frage nach der Höhe der anfallenden Gerichtskosten für die Klagen, nach. Trotz lautstarkem Wortwechsel mit dem Bürgermeister allerdings erfolglos.

In dieser Gemengelage bekommt nun auch Gerd Mangelsdorf als Stadtratsvorsitzender den Frust der Stadtratsmitglieder zu spüren. Er war bei der Hauptausschuss-Sitzung allerdings nicht zugegen. Gabriele Herrmann (Die Linke) versuchte besänftigend auf seine Kritiker einzugehen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Mangelsdorf sich die Entscheidung zum Termin der Sondersitzung leicht gemacht hat“, sagte sie.

Sie berief sich auf die Kommunalverfassung, Paragraph 53, Absatz 5. Die Forderung, unverzüglich die Sondersitzung einzuberufen, sei demnach nicht von Teilen der CDU, SPAL und der WG Genthin-Mützel-Parchen aufzumachen, wenn nach Kommunalverfassung die Vertretung den gleichen Verhandlungsgegenstand innerhalb der letzten sechs Monate bereits verhandelt habe.

Der Wasserturm sei nicht der Aufreger der Sondersitzung, sagte Lutz Nitz (Grüne). Er verwies darauf, dass schon bei der bevorstehenden Sitzung des Bauausschusses (im Sitzungsplan am 23. November), dessen Vorsitzenden seine Fraktion mit Marc Eickhoff stellt, alle notwendigen Informationen zur Wasserturm-Sanierung gegeben würden. Diesbezüglich seien Absprachen mit der zuständigen Fachbereichsleiterin getroffen worden. Seine Fraktion habe den kurzen Info-Weg gesucht, ohne die umständliche Hürde über einen Sonderstadtrat nehmen zu müssen.

Matthias Günther gab kein Statement zur geforderten Prüfung durch die Kommunalaufsicht ab, so dass es bei dem Schlagabtausch unter den Ausschussmitgliedern blieb. Er unterband eine Abstimmung mit der Begründung damit, dass es keinen Tagesordnungspunkt „Anfragen und Anträge“ gab und zog sich damit ein stilles Gelächter von Alexander Otto auf sich.

Stadtratsvorsitzender Gerd Mangelsdorf ist auch nach dem Trubel im Hauptausschuss nach wie vor mit seiner Entscheidung im Reinen. Eine Sondersitzung unverzüglich anzuberaumen bedeute nicht zwangsläufig sofort, sagte er gegenüber der Volksstimme. Es sei seine Aufgabe, die Dringlichkeit einer solchen Sitzung einzuschätzen.

Ein Notfall sei seines Erachtens nicht gegeben, weil keine Entscheidung anstünde, um mögliche Schäden und Nachteile für die Stadt abzuwenden. Mangelsdorf deutete an, dass der Antrag Falk Heidels auf Durchführung einer Sondersitzung hinsichtlich notwendiger Formalien Mängel aufweise. Das betreffe unter anderem auch eine geforderte handschriftliche Unterzeichnung der Antragsteller.