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Steuerstreit Genthin legt zu guter Letzt drauf

Der Genthiner Stadtrat wollte 2016 die Steuern in drei Gemeinden erhöhen. Nun muss die Stadt die Kosten für ein Gerichtsverfahren zahlen.

Von Simone Pötschke 10.09.2020, 01:01

Genthin l Die Stadt Genthin zahlt im Streit um die Erhöhung der Grundsteuer A und B sowie der Gewerbesteuer für die Jahre 2016 und 2017 drauf. Drei Kläger aus Paplitz, Gladau und Schopsdorf hatten erfolgreich vor dem Landesverwaltungsgericht Magdeburg geklagt. Sie beriefen sich auf Gebietsänderungsverträge, die Paplitz und Gladau als selbstständige Gemeinden 2009 mit der Stadt Genthin geschlossen hatten. Diese sehen vor, dass die Steuern bis Ende 2018 stabil bleiben sollten.

Jetzt, mehr als zwei Jahre nach dem Urteilsspruch, im Juni 2018 konnte die Kämmerei vor den Mitgliedern des Finanzausschusses am Dienstag in Euro und Cent belegen, wie teuer der Rechtsstreit die Stadt Genthin gekommen ist.

So bezifferte Kämmerin Janett Zaumseil die reinen Verfahrenskosten, abzüglich der Kosten, die von der Rechtsschutzversicherung übernommen wurden, auf zirka 12 300 Euro. In dieser Summe sind die Prozesskosten der Kläger, das Honorar des Rechtsanwalts, Verwaltungsgebühren und Verwaltungsgerichts-Kosten eingeflossen. Neben den drei Klagen hat die Kämmerin 31 ruhende Verfahren in diese Berechnung einbezogen.

Der Urteilsspruch des Landesverwaltungsgerichts Magdeburg zugunsten der Kläger bescherten der Stadt letztlich ein Minus bei den erwarteten und im Haushalt fest eingeplanten Steuereinnahmen in Höhe von 40 500 Euro.

Letztlich hat die Stadt mit dem Beschluss zu den Steuererhöhungen insgesamt zirka 52 700 Euro in den Sand gesetzt. Sie hat damit mehr Geld ausgegeben, als ursprünglich Einnahmen aus den Steuererhöhungen erzielt werden sollten.

Nach dem Urteil musste sich die Kämmerei an die Arbeit machen, zu viel gezahlte Steuern zurückzuzahlen. Schopsdorfer, Gladauer und Paplitzer wurden wieder nach den alten Hebesätzen veranlagt. Das Urteil berührte allerdings nicht die Höhe der Steuern, die die Genthiner zu entrichten hatten.

Die Mitglieder des Finanzausschusses nahmen die Höhe der Kosten für das Gerichtsverfahren nur schweigend zur Kenntnis. Ein zu erwartendes Corona-Millionen-Loch im Haushalt 2021 ließ sie schnell zur weiteren Tagesordnung übergehen.

Auf die Vorlage der Gesamtkosten, die aus dem Rechtsstreit folgen, hatte Klaus Voth, Gladaus Ortsbürgermeister und CDU-Fraktionschef im Stadtrat, bereits Ende des vergangenen Jahres gedrungen. Voth hatte bezüglich der vom Stadtrat abgesegneten Steuererhöhungen einen schweren Stand. Als Gladauer befürwortete er vehement die Klage, als Chef der seinerzeit größten Fraktion im Stadtrat konnte er nicht verhindern, dass seine Fraktion mehrheitlich den Steuerhöhungen zustimmte. Der Stadtrat folgte mehrheitlich der Argumentation des damali- gen Bürgermeisters Thomas Barz, wonach eine vorzeitige Erhöhung der Hebesätze mit der Haushaltskonsolidierung der Kommune zu rechtfertigen sei.

Vielleicht, meinte Klaus Voth gegenüber der Volksstimme, wirkt das Urteil und seine finanziellen Konsequenzen in gewisser Weise auch heilsam auf den Stadtrat. Aus Schaden sollte man klug werden. Es sollte sich bei den Stadträten das Bewusstsein dafür durchsetzen, dass Verträge gehalten und nicht gebrochen werden. An mahnenden Hinweisen habe es bei den Beratungen zu den Steuererhöhungen jedenfalls nicht gefehlt.

Er habe damit gerechnet, dass die Kosten für das Verfahren nicht billig werden. Ein konkreter Betrag habe ihm allerdings nicht vorgeschwebt.