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Symposium "Wege zur Psychosomatik" im AWO Fachkrankenhaus Jerichow Um den Körper zu heilen, zuerst die Seele heilen

Von Sigrun Tausche 25.01.2013, 02:16

Seit 2010 ist Dr. Hans-Werner Lutteroth Chefarzt der Abteilung Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im AWO Fachkrankenhaus Jerichow. Jetzt feierte er seinen 60. Geburtstag - Anlass für ein Symposium "Wege zur Psychosomatik" hier im Hause. Denn die Psychosomatik in Deutschland wurde auch 60.

Jerichow l Die Abteilung Psychosomatische Medizin und Psychotherapie gebe es erst seit 1998 im Fachkrankenhaus Jerichow, erinnerte der leitende Chefarzt Joachim Müller bei der Eröffnung des Symposiums. Behandlungsweisen, basierend auf der Psychosomatik, haben aber in diesem Hause eine weitaus längere Geschichte, betonte er. Schon 1962 sei sie von Dr. Winkelmann hier eingeführt worden.

Heute hat diese Abteilung einen hohen Stellenwert im AWO Fachkrankenhaus. Dass es auf Dauer nicht funktionieren würde, sie mit einer halben Chefarztstelle abzudecken, sei bald erkannt worden, als der damalige Chefarzt Dr. Thilo Hoffmann Jerichow verließ und nur noch zeitweise zur Verfügung stand, erinnerte Wolfgang Schuth, Geschäftsführer der AWO Krankenhausbetriebsgesellschaft. Er sei froh, dass Dr. Hans-Werner Lutteroth hierfür gewonnen werden konnte.

Über den persönlichen Werdegang von Lutteroth berichtete Dr. Hermann Stegemann aus Bad Schwalbach. Er war von 1990 bis 1996 sein Chef in der damaligen Tannenwaldklinik.

Als Lutteroth 1970 an der Universität Gießen sein Medizinstudium begann, sei gerade eine neue Approbationsordnung eingeführt worden, erinnerte Stegemann. "Psychologie wurde erstmals Pflichtfach." Das sei der Grund, warum sich bis dahin ausgebildete Mediziner sehr wenig mit der Psyche beschäftigten.

Einen sehr interessanten Vortrag über die Geschichte der Psychosomatik hielt Marion Blaser, Oberärztin in der Abteilung Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Ihrem Vortrag stellte sie ein Zitat von E. Stern voran: "Krank ist immer der ganze Mensch!"

Dies sei schon vor Hunderten, ja Tausenden Jahren als selbstverständlich angenommen worden, betonte die Ärztin und zitierte Platon: "Willst du den Körper heilen, musst du zuerst die Seele heilen!"

Die Spaltung Leib-Seele sei erst mit der Entwicklung von Physik und Chemie zum Problem geworden: Der menschliche Körper wurde zum Forschungsgegenstand. Im 18. Jahrhundert sei die Medizin zunehmend auf die Behandlung von Krankheiten reduziert worden. "Es gab aber immer schon Persönlichkeiten, die gegen den Mainstream schwammen."

Etliche interessante Etappen und Persönlichkeiten auf dem Weg bis zum heutigen Verständnis der Psychosomatik führte Marion Blaser an. Sigmund Freud gehörte auch dazu, der das erste wissenschaftlich begründete psychosomatische Modell entwickelt habe.

Ein schweres Erbe habe man hier in Deutschland auf diesem Gebiet zu tragen, erinnerte die Ärztin an die Zeit des Nationalsozialismus. Viele Forscher und Ärzte seien ins Exil gegangen, etliche sind ermordet worden, einige wurden zu Mittätern.

Mit einem Blick auf die Entwicklungen in der DDR und der BRD und schließlich die gemeinsame Geschichte nach der Wende fuhr sie fort. Den Titel Facharzt für Psychotherapeutische Medizin gebe es erst seit 1992, und seit 2002 den Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

Mit zwei weiteren Fachvorträgen wurde das Symposium fortgesetzt: "60 Jahre Psychosomatik in Deutschland - die Zukunft hat begonnen" war das Thema von Prof. Dr. Gieler, Universitäts-Kliniken Gießen, und "Wieviel Psychodiagnostik braucht die Psychosomatik?" fragte Prof. Dr. Franke von der Hochschule Magdeburg-Stendal in seinem Beitrag.