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Vogelwanderung Der schönste Gesang der Nacht

Ein ganz besonderes Konzert erlebten rund 30 Genthiner während einer Wanderung durch den Altenplathower Volkspark.

Von Mike Fleske 14.05.2018, 07:00

Genthin l Selten erlebt man eine Gruppe von Volksparkbesuchen so andächtig der Natur lauschend. Grund war die vom Nabu Jerichower Land angebotene Wanderung mit Euro-Naturpreisträger und Buchautor Dr. Ernst Paul Dörfler.

Der Vogelexperte präsentierte einen kenntnisreichen und humorvollen Abend rund um die Nachtigall (Luscinia megarhynchos) und lobte gleich zu Beginn: „Sie können sich glücklich schätzen, dass ihr Park so natürlich erhalten wird.“ Die zahlreichen Wiesen, Bäume und Sträucher machten es möglich, dass sich Nachtigallen heimisch fühlen.

Das tun sie auch an Saale und Spree, nicht aber in Bayern. „Daran ist Horst Seehofer nicht schuld, in Bayern ist es einfach zu kalt.“ Nachtigallen sind zwar deutlich hörbare, im Aussehen aber eher schmucklose Tiere. „Im Dunkeln braucht man sich nicht bunt anzuziehen“, erklärte Dörfler. Männchen und Weibchen sehen sogar gleich aus.

Das Nachtigallmännchen beeindruckt durch seine Stimme, bis zu 250 Strophen können die Besten von ihnen singen. „Es gibt eine schöne Aufteilung: Die Männchen sind gute Sänger, die Weibchen gute Zuhörerinnen.“

Denn letztere wählen ihren Partner nach dem Können und nach der Stärke der Stimme aus. „Nachtigallen führen eine Saisonehe.“ Wenn die Tiere im April aus dem afrikanischen Winterquartier zurückkommen, beginnt die Zeit des Werbens und Vermählens. All dies findet in der Nacht statt, daher hat der Vogel seinen Namen. Nacht und Gallen oder Gellen für „laut Tönen“.

Etwa Mitte Mai passiert etwas Besonderes: „Wenn sich die Paare gefunden haben, hören die Männchen auf zu singen.“ Danach beginnt die Zeit der Brut und der Aufzucht der Jungen. Ein wenig traurig: „Die Nachtigallen, die wir im Sommer singen hören, sind die Männchen, die kein Weibchen abbekommen haben.“ Aber mit dem Gesang üben sie für das kommende Jahr, um dann nicht leer auszugehen.

Die Feinheiten des Gesangs sind den Tieren keinesfalls ins Nest gelegt. Sie müssen vielmehr erlernt werden. Dabei können gezwitscherte, geflötete Laute aber auch trillerartige Töne vorkommen. Der Gesang der Nachtigall hat Dichter und Komponisten nahezu in allen Jahrhunderten in ihrem Werk beflügelt.

Die Zeile „Es war die Nachtigall und nicht die Lerche“ aus Shakespeares „Romeo und Julia“ war allen Wanderteilnehmern bekannt. Genau wie die Bezeichnung für eine Vorahnung: „Nachtigall, ick hör’ dir trapsen“. Antonio Vivaldi nannte sein Violinkonzert „Il Rosignuolo“ (Die Nachtigall) und Georg Friedrich Händel sein Orgelkonzert Nr. 13 „Der Kuckuck und die Nachtigall“.

Aber die Population der Tiere geht immer weiter zurück. „Hauptursachen sind Pestizide und Herbizide, die in der Landwirtschaft verwendet werden und Insekten vernichten“, nannte Dörfler einen Grund. Dadurch fehle die Nahrungsgrundlage für Vögel. Er warb für ökologische Landwirtschaft, die aber auch von den Kunden unterstützt werden müsse.

„Ökologische Erzeugnisse kosten ein paar Euro mehr, das geht nicht ganz billig.“ Erfreut nahm er die Aktion „Bienenweide“ zur Kenntnis, die es mittlerweile auch in Genthin gibt. „Wir haben zwei solcher Insektenwiesen eingerichtet, in der Nähe der Reuterstraße und im ehemaligen Schulgarten in der Schollstraße“, berichtete Mitinitiator Thomas Kostka, der die Aktion in Genthin betreut.

Ob es erneut eine solche Wanderung geben wird, konnte Sven Königsmark vom Nabu noch nicht sagen: „Wir werden die Stunde der Gartenvögel weiterhin anbieten, eine Exkursion, wie die im Volkspark, benötigt mehr Planung.“