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Wettbewerb Tiefgründiges aus dem Deutschunterricht

Premiere am Bismarck-Gymnasium: Zum ersten Mal gab es in Genthin den Dichterwettstreit "Poetry Slam".

Von Mike Fleske 02.07.2019, 07:00

Genthin l Campusstimmung auf dem Hof vor Haus I des Bismarck-Gymnasiums. Viele Zuhörer hatten sich eingefunden, um beim ersten Poetry Slam dabei zu sein, der in Genthin veranstaltet wurde. Entstanden sei die Idee im Deutschunterricht der 10. Klassen. „Die Schüler haben von uns die Aufgabe bekommen, eigene Texte zu verfassen“, beschrieben die Deutschlehrerinnen Josefine Habryka und Lydia Hanke den Ansatz der Veranstaltung.

Neun Teilnehmer waren intern ausgewählt worden, um ihre Texte vor einem größeren Publikum vorzustellen. Moderatorin Martina Bühler brachte das Konzept auf den Punkt: „Jeder Vortrag sollte die Fünf-Minuten-Grenze nicht überschreiten, Singen und Tanzen sind nicht erlaubt.“ Es komme nur auf den Vortrag, die Formulierungen und die Darbietungen an. Am Ende vergebe eine sechsköpfige Jury Punkte von eins bis zehn. Neun Teilnehmer hatten sich gefunden.

Am Ende hatte Enie Wagner die Nase vorn und präsentierte mit „8,5“ einen Text, der sich mit den Bewertungen von anderen über das Äußere von Personen beschäftigte. „Viele Leute bewerten nicht den Charakter, sondern das Aussehen“, erläuterte sie. „Die Menschen bewerten und kategorisieren sehr schnell.“ So kam es auch zum Titel, der ebenfalls einer Bewertung entspricht. Allerdings stellte Enie auch fest: „Jeder hat vermeintliche Makel, die in Wirklichkeit Besonderheiten sind, die eigentlich erst so richtig schön machen.“

Die Jury aus Lehrern, Schülern und Eltern vergab dafür mit 58 von 60 Punkten fast die Höchstpunktzahl. Für Enie Wagner war es ein besonderer Erfolg, da sie am Tag des Poetry Slams Geburtstag hatte. „Ich habe den Text mehrfach vorgetragen, in meiner Klasse, auch vor meinen Eltern, da waren die Reaktionen schon recht gut“, beschrieb sie. Dass ihr Text so gut ankam, hätte sie aber nicht erwartet. Ein besonderer Abend war es allerdings für alle. „Ich war sehr aufgeregt“, berichtete Teilnehmerin Maya Förste. Es sei etwas anders, ob man nachmittags einen Text bei der Mikrofonprobe vortrage oder abends vor Mitschülern und Zuhörern“, fügte Sonja Faber hinzu.

Insgesamt kamen aber alle Texte gut an. „Als Deutschlehrerin ist man stolz, dass es diese Qualität an Texten gibt“, lobte Lehrerin Andrea Kampe, die Teil der Jury war. Jurymitglied Bianca Kahl staunte über den Mut der Vortragenden und lobte das Konzept: „Es ist eine schöne Atmosphäre geschaffen worden, die zum Verweilen einlädt.“

Denn an kleinen Versorgungsständen wurden von den Schülern Snacks und Getränke gereicht,die Zuschauer hatten auf Decken Platz genommen, sodass es zwanglos und locker zuging. Austauschschüler Yanni Jong Yeon spielte Popmelodien und Evergreens auf der Querflöte. Die Themen der Vorträge waren mal philosophisch, mal gesellschaftskritisch, mal lebensnah. So beschäftigte sich Emelie Jedorek mit dem Thema „Schule“ und stellte darin fest: „Früher war ich ziemlich naiv und dachte, die Schule wäre ein Paradies.“ Doch schnell entpuppte sich die Einrichtung als ziemlich fordernd zwischen Lernen, Noten und Hausaufgaben.

Slamerin Elisa Lemke beschäftigte sich mit dem Thema Zeit. „Manche Geschehnisse sind nur Augenblicke, manche dauern eine Ewigkeit“, bemerkte sie. Sonja Faber empfahl sich mit dem etwas sperrigen Titel „Jung wild und frei, das sind wir jetzt und hier“ und beschäftigte sich in ihrem Text mit der Jugend. „Die Geschichte, die wir später erzählen, ist die Sammlung der Momente, die wir heute wählen“, hieß es da. Als erster Junge im Feld trat Daniel Schick an. Er beschäftigte sich mit den Kommunalwahlen, die die Jugendlichen kürzlich zum ersten Mal bewusst beschäftigt haben. „So viele Namen und Kreise, da ist man schon mal verwirrt, denn so ein Thema kommt in der Schule nicht herein.“

Christopher Liebsch präsentierte mit „Das Zugehörigkeitssyndrom“ einen sehr persönlichen Text über Ausgrenzung und das man Freundschaften nur schließen kann, wenn man sich nicht versteckt. Fiene Weickert wählte für ihren Text das Sinnbild von zwei Bäumen, der eine jung, der andere alt, die sich über die Vergangenheit unterhalten. „Siehst du, wie sie hetzen, nicht einen Blick werfen sie auf uns“, sagt der alte Baum, bevor seine Zeit kommt und er gefällt wird.

Maya Förste hingegen spielte mit den Begriffen „Heimweh“ und „Fernweh“. Sie beschrieb die Dinge in aller Welt, die sie noch sehen wolle, denn man könne nicht ewig zu Hause bleiben. Voller Lob waren am Ende die Lehrer: „Ich war und bin immer noch sehr, sehr zufrieden. Die Schüler haben stark zusammengearbeitet und einen vielseitigen Abend organisiert“, fand etwa Lydia Hanke. Oberstufen-Koordinator Sebastian Ziem versprach: „Wir wollen den Poetry Slam als Abschluss des Schuljahres für die 10. Klassen zur Tradition werden lassen.“