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Wirtschaft Gute Nachrichten fürs Gartencenter

Die Erfurter Unternehmerfamilie Kammlott übernimmt das Genthiner Gartencenter. Das Bangen um den Betrieb hat damit ein Ende.

Von Kristin Schulze 11.03.2017, 05:00

Genthin l Hinter dem Team von Torsten Kühne liegt eine schwere Zeit: Krise 2015, Insolvenzverfahren 2016. Nach einem Jahr des Hoffens und Bangens scheint nun klar, das Gartencenter und die Produktion - und damit auch rund 20 Arbeitsplätze - bleiben Genthin erhalten.

Mit der Thüringer Unternehmerfamilie Kammlott wurde ein Partner für den Fortbestand des Unternehmens gefunden. Dahinter steht ein Großhändler für Gartenbaubedarf mit Hauptsitz in Erfurt. Geschäftsführerin ist Christiane Kammlott. Sie erklärt, dass der Einstieg in Genthin Teil der Strategie ist, das Geschäft im wachsenden Segment für Hobbygärtner auszubauen. Kammlott wird auch in Genthin als Geschäftsführerin agieren. Neuer Name des Unternehmens ist „Grünbedarf Genthin GmbH“.

Die Kunden müssen sich allerdings nicht umgewöhnen, heißen wird das Gartencenter weiterhin „Kühne grün erleben“.

Der - nun ehemalige - Besitzer Torsten Kühne sagt: „Für die Firma ist der neue Inhaber eine sehr positive Entwicklung. Ich denke, wir werden gut zusammenarbeiten.“ Der ausgebildete Gärtner Torsten Kühne bleibt dem Unternehmen erhalten und wird vor allem mit der Produktion befasst sein. Gegenwärtig befindet er sich in der Insolvenz, trotzdem ist er in die Neuausrichtung seines Ex-Unternehmens einbezogen.

Details klärt für die Grünbedarf-GmbH Prof. Dr. Christian Kammlott. „Bereits mit dem Vorbesitzer Günter Pauer haben wir eine langjährige und sehr gute Geschäftsbeziehung gepflegt und die haben wir auch mit Torsten Kühne fortgesetzt.“ So sei man schon 2015 auf die Krise des Gartencenters aufmerksam geworden. Schnell sei klar geworden, dass man hier helfen wolle.

Christian Kammlott ist Betriebswirtschaftler. Der Professor für Unternehmensfinanzierung und Unternehmertum sagt: „Vielleicht hat so etwas hier gefehlt.“ Für Torsten Kühne findet er lobende Worte: Er sei Fachmann für die Produktion und zeichne in Dresden verantwortlich für eine weltweit führende Hortensienzucht.

Kühnes Erfahrungen seien weiterhin wichtig für das Genthiner Unternehmen, im Moment fungiere er als beratendes Mitglied in der Produktion.

Um das Team komplett zu machen, hat Kammlott Robert Sietsma an Bord geholt. Als Holländer kennt der sich naturgemäß mit Blumen aus. Sietsma hat in Erfurt einen Großhandel für Schnittblumen geleitet. In Genthin wird der gelernte Kaufmann für das Gartencenter verantwortlich sein.

In die Schieflage geraten war das Unternehmen laut Kühne vor allem durch den Preisdruck vom Großhandel und die steigenden Lohnkosten. „Der Mindestlohn ist für so ein personalintensives Unternehmen ein Problem“, sagt Christian Kammlott. In den vergangenen vier Jahren wurden etliche Stellen abgebaut. Waren 2012 hier noch 65 Mitarbeiter beschäftigt, sind es jetzt noch 20 plus 6 Saisonkräfte.

Christian Kammlott erklärt: „Das war einmal der zweitgrößte Gartenbaubetrieb Sachsen-Anhalts mit einem kleinen Gartencenter. Mittlerweile haben sich die Verhältnisse verschoben, der Fokus liegt mehr auf dem Gartencenter, das schon immer schwarze Zahlen schreibt.“

Logische Konsequenz für Kammlott: „Wir werden weniger produzieren.“ Agierte Torsten Kühne auf einer Fläche von 130 000 Quadratmetern, wurden davon nur 70 000 übernommen. Die übrigen Gewächshäuser stehen leer.

Während sich die Produktion verkleinert, will man sich im Verkauf vergrößern. Um 600 Quadratmeter Verkaufsfläche für Pflanzen wird das Gartencenter erweitert. Auch Modernisierungsarbeiten stehen an. „Wir wollen Wohnsituationen nachstellen, den Kunden inspirieren, wie die Pflanze bei ihm zu Hause wirken könnte“, erklärt Robert Sietsma, der für seine neue Tätigkeit von Erfurt nach Genthin ziehen wird.

Eine noch größere Rolle soll im Center das Thema Regionalität spielen. „So viel wie möglich von dem, was wir verkaufen, soll auch hier wachsen“, sagt Kammlott. Torsten Kühne nennt Beispiele: „Geranien, Gemüsepflanzen wie Tomaten, Gurken oder Salat, Ampelpflanzen oder Fuchsien. Dafür sind die Gewächshäuser ausgelegt.“ Die sollen zukünftig für die Kunden begehbar werden. „Wir wollen die Produktion für die Kunden öffnen“, erklärt Christian Kammlott. „Den Weg der Pflanze erlebbar machen.“ Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist für die nächsten zwei Jahre geplant. „Wir wollen hin zu mehr Eigenproduktion“, sagt Kammlott. Und nennt als Beispiel: „Der Kunde kann sich die verschiedenen Tomatensorten im Gewächshaus anschauen, sie probieren und sich dann für eine entscheiden.“

Auch Infoveranstaltungen für Kitas und Schulen kann Kammlott sich vorstellen. „Nachhaltige Produktion und gesundes Essen, das sind Themen, mit denen wir uns beschäftigen wollen.“

Nachhaltig sei es nicht, Pflanzen hunderte von Kilometern durch die Welt zu transportieren. „Wir wollen noch mehr auf regionale Kooperation setzen, also keine Bäume aus Polen ordern, sondern vom Nachbarbetrieb.“

Das sei auch aus gärtnerischer Sicht sinnvoll, sagt Torsten Kühne. „Ein Baum vergisst nicht, wo er gewachsen ist. Wenn der an das Klima vor Ort gewöhnt ist, wird er viel besser gedeihen und der Kunde hat mehr Spaß damit.“

Hobbygärtner können sich schon einmal den 22. und 23. April vormerken, dann sind Tage der offenen Gärtnerei geplant.