1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Genthin
  6. >
  7. Mutterhaus richtet sich neu aus

EIL

Wohngemeinschaft Mutterhaus richtet sich neu aus

Einst errichtet als Ruhesitz für die im Krankenhaus tätigen Diakonissen dient das Mutterhaus heute als Tagespflege und Senioren-WG.

Von Mike Fleske 13.05.2020, 01:01

Genthin l Fröhlich geht es zu, wenn am Nachmittag die Senioren an der Kaffeetafel zusammenkommen. Es werden Geschichten erzählt, gelacht und auch mal Gesellschaftsspiele aus dem Schrank geholt, um sich die Zeit zu vertreiben. Mit Corona hat sich der Alltag allerdings komplett geändert, auch im Mutterhaus mussten die Abstands - und Besuchsregelungen eingehalten werden. Es wurde ruhiger im Haus.

Dabei hatte der Träger, der Einrichtung, die Johanniter- Pflege Sachsen-Anhalt-Thüringen das Haus Anfang des Jahres komplett übernommen und eine neue Ausrichtung umgesetzt. Sowohl Tagespflege, als auch Wohnbereich sind seitdem in einer Hand. In gewöhnlichen Zeiten außerhalb von Corona sind pro Tag rund 30 Personen im Haus, erläuterte Birgit Romanowsky, seit Februar neue Geschäftsführerin. Dabei gebe es etwa zur Hälfte Tagesgäste und zur anderen Hälfte Bewohner. „Wir sind aber kein Pflegeheim oder betreutes Wohnen, vielmehr kann man diese Form als Wohngemeinschaft von Senioren bezeichnen.“

Dabei handele es sich um Menschen, die selbstständig leben möchten, aber in Gemeinschaft mit anderen Personen. Mit dem Wohnangebot wirke man einer Vereinsamung von älteren Menschen entgegen und biete eine Mischung aus eigenen und gemeinsamen Lebensbereichen. „Für uns ist es wichtig, dass wir uns als Seniorengremium mit solchen neuen Wohnformen beschäftigen und uns auch über den Stand der Einrichtungen in der Stadt informieren“, erläuterte Heinz Köppe, Vorsitzender der Genthiner Stadtsenioren. Anfang März, kurz vor den Corona-Beschränkungen, habe er mit den Mitgliedern des Stadtseniorengremiums das Haus besucht. Er lobte, dass man die Tradition des Hauses fortführe.

Ein Vierteljahrhundert wird das Diakonissen-Mutterhaus in diesem Jahr alt. Gebaut wurde es, um den Diakonissen, die einst im Genthiner Krankenhaus tätig waren. Es waren die Zeitumstände, die die Frauen einst nach Genthin führten. Der Zweite Weltkrieg, dessen Ende sich in diesen Tagen zum 75. Mal jährte, war auch eine Zäsur für die Danziger Diakonissen. Sie mussten 1945 aus ihrem Mutterhaus fliehen und fanden in Genthin eine neue Heim- und Wirkungsstätte. Jahrzehntelang taten sie Dienst als Krankenschwestern.

Die Diakonissen waren quasi immer im Dienst, morgens die Ersten und abends die Letzten, die sich um die Kranken kümmerten. Bis 1991 der Johanniter-Orden das Genthiner Krankenhaus übernahm, waren Diakonissen als Stationsschwestern und in anderen wichtigen Positionen tätig. 1995 zogen 22 Schwestern als erste Bewohnerinnen in das Mutterhaus. Heute ist die Genthiner Bürgerpreisträgerin Dorothea Graumann die letzte Diakonisse im Mutterhaus. Vor fünf Jahren wurde die Tagespflege eingerichtet, um das Haus weiter zu nutzen.

Heute ist das Gebäude unabhängig von Konfession und Zugehörigkeit offen. „Wir haben im Schnitt rund fünf bis sechs Wohnungen , die zur Verfügung stehen“, erklärt Birgit Romanowsky. Und auch wenn die Einrichtung „Mutterhaus“ heiße, könnten auch Männer dort wohnen.