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Kriegsbeute Festakt für Mittelalter-Kunst

Drei Bücher waren Kriegsbeute. Nun sind sie in Halberstadt zurück. Im Dom ist eins zu sehen.

Von Sabine Scholz 07.09.2015, 01:01

Halberstadt l Nicht nur ein Festvortrag wurde am Freitagabend geboten, sondern auch Gesang. Bruder Jakobus Wilhelms vom Kloster Huysburg sang liturgische Texte, wie es im Mittelalter üblich war.

Mehr als 150 Gäste erlebten im Halberstädter Dom die Eröffnung der Sonderausstellung „Kult und Wissen: Handschriften in Halberstadt durch die Jahrhunderte“. Wie Claudia Wyludda von der Domschatzverwaltung berichtete, begrüßte Superintendentin Angelika Zädow die Anwesenden zu „dieser denkwürdigen Veranstaltung“. Wurden doch auch drei Handschriften aus der Berliner Staatsbibliothek – Preußischer Kulturbesitz offiziell an die Stadt Halberstadt übergeben.

Mit dem eindrucksvollen Vortrag des Exultet, dem gesungenen Osterlob, entführte Bruder Jakobus die Anwesenden in die Sphäre der mittelalterlichen Handschriften. Sind Bücher heute Träger von Information und Mittel des Erkenntnisgewinns und der Unterhaltung, waren sie im Mittelalter vor allem Ausdruck tiefen Glaubens und gelebter Liturgie. Der Gesang des Benediktiners wurde so zum authentischen Vortrag mittelalterlicher Gesänge und zum tiefen Gotteslob, je nach Betrachtungsweise.

Mit den Handschriften, die diese Gesänge über Jahrhunderte auch im Halberstädter Domschatz bewahrten, befasste sich Dr. Patrizia Carmassi in ihrem Vortrag zur aktuellen Ausstellung. „Die Handschriftenexpertin brillierte mit der Übersicht über die Bedeutung der ausgestellten Werke“, sagte Claudia Wyludda.

Bücher vom 10. bis zum 15. Jahrhundert, entstanden in Halberstadt, aber auch in England oder Nordfrankreich, mit liturgischem Inhalt, aber auch Rechtstexte und ein Lexikon an Ketten geben jedem Betrachter einzigartige Einblicke in die Buchkunst des Mittelalters.

Die Rückgabe dreier Handschriften, nach einer Odyssee über Moskau, Georgien und Berlin zurück an ihren historischen Ort Halberstadt, übernahm Prof. Dr. Everardus Overgaauw, Leiter der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin. Er übergab die Bücher an Halberstadts Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke) und richtete Grußworte an die Anwesenden.

„Mit wachsender Begeisterung strömten danach die Gäste durch die Domschatzsäle, in denen die besprochenen und besungenen Protagonisten auf Pergament auf die Betrachtung warteten“, berichtete Claudia Wyludda.

Dass mittelalterliche Handschriften geschlossen und im Dunkel klimatisierter Depots aufbewahrt werden müssen, macht die Ausstellung im Domschatz zu einem einzigartigen Event. „Frühestens in zehn Jahren“, antwortete Kustos Dr. Thomas Labusiak auf die Frage, wann die Bücher nach dem 8. November wieder aufgeblättert werden können.

Außer montags ist die Sonderausstellung des Domschatzes täglich von 10 bis 17.30 Uhr geöffnet. Es gelten die normalen Eintrittspreise.