1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Vom Baucontainer zum Computerterminal

Banken Vom Baucontainer zum Computerterminal

Im Baucontainer gab es die D-Mark. Jedenfalls am 1. Juli 1990 bei der Dresdner Bank in Halberstadt.

Von Sabine Scholz 09.10.2015, 01:01

Halberstadt  Es ist die Geschichte zweier Banken, die das Team um Annett Gundlach heute erzählen kann. Durch die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank und die Filialzusammenlegungen 2012 sitzen heute Mitarbeiterinnen beider Banken in der Commerzbankfiliale am Fischmarkt. Während Silke Müller die Anfangszeiten der Commerzbank in Bernburg erlebte, hat Cornelia Gabor den Containerstart der Dresdner Bank in Halberstadt noch gut in Erinnerung. „Ein Problem damals war das schlecht ausgebaute Telefonnetz. Unser Filialleiter hatte deshalb ein Funktelefon zu Verfügung. Weil es aber auch keine stabile Funkverbindung gab, stand der große schwarze Kasten im Kundenraum im Fenster. Unser Chef musste dann immer im Kundenraum telefonieren“, erzählt Cornelia Gabor.

Auch Annett Gundlach, heute Filialchefin in Halberstadt, erinnert sich an die Anfänge. Bis die Commerzbank 1991 ihre Räume in der Kühlinger Straße eröffnete, war sie mit einem Kleinbus in der Region unterwegs.

Alle erzählen von der Geduld der Menschen 1990, von den langen Schlangen vor den Filialen beim Währungsumtausch. „Es gab trotzdem nur sehr selten mal jemanden, der sich beschwerte“, sagt Silke Müller. Heute wären manche Dinge gar nicht mehr vorstellbar. „Was wir allein an Geldbeständen vorrätig hatten, unglaublich. Und dennoch ist nie etwas passiert“, fügt Annett Gundlach hinzu.

Alle drei Frauen berichten von Kreditverträgen, die mit Hand ausgefüllt wurden, von Kontoblättchen, die einsortiert werden mussten, von Buchungen, die schon mal drei Tage dauern konnten, weil die Datenverarbeitung in den Zentralen nicht schneller arbeiten konnten, von Geld, das per Hand gezählt wurde, von einem Tresorraum im Baucontainer.

Heute sind die Tresore ganz anders gesichert und in ihnen lagert bei Weitem nicht mehr soviel Geld wie damals. „Die technische Entwicklung hat ein völlig anderes Kundenverhalten zur Folge“, sagt Annett Gundlach und berichtet von Kontostand-Apps und Photo-TANs für Smartphones und anderem.

Wobei das persönliche Gespräch, die individuelle Beratung nach wie vor ein wichtiger Aspekt im Bankgeschäft sei, trotz des wachsenden Onlinebankings. „Viele Kunden nutzen zwar zum Beispiel unsere Angebote, sich für die Baufinanzierung am Computer selbst zu informieren und ihre Angaben einzutragen, aber meist beenden wir das dann im persönlichen Gespräch“, sagt Gundlach. „Schließlich ist jede Baufinanzierung verschieden. Und sie muss auf die persönlichen Lebensverhältnisse des Kunden passen.“ Aber in der Bank rufe man eben am Computer auf, was der Kunde bereits vorbereitet habe. Auch bei Geschäftskrediten sei es unkomplizierter geworden in der Bearbeitung.

Viele Existenzgründer, die sich Anfang der 1990er Jahre an die Commerzbank gewandt haben, seien noch heute Kunde bei ihnen. Ein Fakt, der die Mitarbeiterinnen durchaus mit Stolz erfüllt. Mancher Firmenchef brachte damals gleich seine gesamte Belegschaft mit, die dann ebenfalls ein neues Konto eröffneten, damit das mit der Lohn- und Gehaltszahlung einfacher vonstatten gehen konnte. Auch das ist heute kaum noch vorstellbar.

Die Firmengründer damals konnten auf das Wissen der Privatbanken zurückgreifen, dass über die Jahrzehnte im Westen Deutschlands gewachsen war, die ostdeutschen Kollegen mussten in Sachen Investitionsförderung und -finanzierung erst vieles lernen.

Die Dresdner Bank war 1995 einer der ersten Mieter im neu entstehenden Stadtzentrum. Die Martiniarkaden waren der erste Neubau damals auf diesem historischen Gelände. „Wir haben dem Wiederaufbau des Zentrums vom Fenster aus zusehen können“, erzählt Cornelia Gabor. 1997 zog die Commerzbank von der Kühlinger Straße an den Fischmarkt 19, inzwischen befindet sich die gemeinsame Filiale am Fischmarkt 13.

Sechs Mitarbeiterinnen sind hier tätig, die rund 7000 Privat- und Geschäftskunden in Halberstadt betreuen. „Wir bleiben auch vor Ort“, sagt Gundlach, die Erreichbarkeit vor Ort sei Konzernphilosophie, auch wenn vieles inzwischen nicht über den Bankschalter, sondern am Smartphone und Computer erledigt werde. Zum Konzept der Bank gehört auch ein bundesweit agierender Kundenbeirat, dem erstmal eine Halberstädterin angehört.

Die Ausstellung zur Bankengeschichte ist noch bis Ende Oktober in der Filiale am Fischmarkt 13 zu sehen.