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Heimatgeschichte Das Stift als Forschungsaufgabe

Das Quedlinburger Frauenstift spielte im Mittelalter eine bedeutende Rolle. Doch vieles ist noch unerforscht.

Von Sabine Scholz 05.11.2015, 00:01

Quedlinburg l „Im Vergleich der drei bedeutendsten Frauenstifte des Mittelalters ist Quedlinburg gegenüber Essen und Gandersheim die jüngste Gründung“, sagt Thomas Labusiak, Kustos der Domschätze Halberstadt und Quedlinburg. In der Stiftskirche St. Servatii wurde der 936 verstorbene König Heinrich I. bestattet. Der Frauenkonvent, dem über mehr als ein Jahrhundert Töchter ottonischer und salischer Herrscher vorstanden, sorgte für seine Memoria, also für die Erinnerung an den Ottonen, dessen Regentschaft die Keimzelle Deutschlands legte.

„Das Ensemble aus Kirche und Stiftsgebäuden in Quedlinburg ist in einzigartiger Weise erhalten geblieben, der eindrucksvolle Kirchenschatz geht im Wesentlichen auf die Zeit der Ottonen zurück“, erläutert Labusiak.

Er wird heute Abend um 18 Uhr in der Stiftskirche auch eine Einführung zu Schatzkammer, Teppichsaal und der Sonderausstellung zu frühmittelalterlichen Seidenstoffen aus Essen geben. Zuvor führt am Nachmittag Oliver Schlegel, Chef der unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Harz Gäste einer großen Tagung durch die historische Altstadt. Denn Stadt und Stift Quedlinburg stehen im Fokus einer wissenschaftliche Tagung die den Titel trägt: „Das dritte Stift – Quedlinburg als Forschungsaufgabe“. Veranstalter sind die Domschätze Halberstadt und Quedlinburg, die katholische Akademie des Bistums Essen sowie der Essener Arbeitskreis zur Erforschung der Frauenstifte.

Seit dem Jahr 2000 hat sich der Essener Arbeitskreis, dem Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen angehören, die Erforschung der Frauenstifte zur Aufgabe gemacht. Die jährlichen Tagungen beschäftigen sich mit bestimmten Themenfeldern aktueller Forschungen, die über Vorträge zu Austausch und Diskussion einladen.

Im Brennpunkt der bisherigen 13 Tagungen standen das einstige hochadelige Frauenstift in Essen und der bedeutende mittelalterliche Domschatz Essens. Die 14. Tagung wird nun erstmals in Quedlinburg abgehalten. „Hier ist noch so vieles zu entdecken“, schwärmt Thomas Labusiak. Das habe sich unter anderem gezeigt, als die aktuelle Sonderausstellung kostbarer Seidenstoffe eröffnet wurde. So findet sich ein Kästchen aus dem Quedlinburger Schatz in der Ausstellung, in dem unterschiedliche Reliquien, zu Bündelchen verpackt und in verschiedene Stoffe gehüllt, zu sehen sind. „Was das für Stoffe sind, wie alt diese sind – all das wissen wir zum Beispiel gar nicht“, erklärt Labusiak. Und die Stoffe, das zeigen die Forschungen von Prof. Dr. Annemarie Stauffer vom Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft der Technischen Hochschule Köln, erzählen oft wichtige Details zu Handels- und Machtbeziehungen, zu Vorstellungswelt und Arbeitsorganisation in Klöstern oder eben auch Frauenstiften. Wobei letztere im frühen Mittelalter vor allem Bildungsaufgaben wahrnahmen. Ein Vortrag der Tagung beschäftigt sich zum Beispiel mit der geistlichen Laufbahn der ottonischen und salischen Prinzessinnen in Gandersheim, Essen und Quedlinburg.

Zu der Tagung sind neben Wissenschaftlern auch interessierte Laien eingeladen, das Tagungsbüro befindet sich im Palais Salfeldt, wo die Vorträge gehalten werden. Führungen und Exkursionen führen die Tagungsteilnehmer nach St. Wiperti, auf den Münzenberg, nach Wendhusen und am Sonntag nach Gernrode.

Für Freitag und Sonnabend gibt es die Möglichkeit, Tageskarten zum Preis von 45 Euro im Tagungsbüro zu erwerben, das sich ebenfalls im Palais Salfeldt befindet.

Am Freitag, dem 6. November, und Sonnabend, dem 7. November, beginnen jeweils um 20 Uhr öffentliche Abendvorträge zu Quedlinburg als symbolischem Ort königlicher Aufenthalte sowie zu Glaube, Schriftlichkeit und Liturgie.