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Bürgerkritik Holzhaus sorgt für Unruhe auf Friedhof

Eine Holzhütte sorgt auf dem Friedhof Schwanebeck für Verstimmung. Die Verwaltung baute sie trotz Bürgerkritik an der geplanten Stelle auf.

Von Dennis Lotzmann 22.11.2015, 00:01

Schwanebeck l Ulrich Kirchhoff aus Ströbeck ist meist einmal pro Woche in Schwanebeck, um das Grab seiner Eltern zu pflegen. Lotti und Otto Kirchhoff sind in einem Familiengrab am Haupteingang des Friedhofs beigesetzt, ihr Sohn kümmert sich um die Pflege.

Die bis mindestens 2021 in Nutzung befindliche Grabstelle ist weithin offen gestaltet – ein Aspekt, den Ulrich Kirchhoff ganz besonders schätzt. Um so mehr war der 71-Jährige bei einem Besuch in Schwanebeck aufgrund von Fundamentarbeiten in unmittelbarer Nachbarschaft der Grabstelle irritiert. Bedienstete der Stadt waren Mitte Oktober damit beschäftigt, das Fundament für ein neues Funktionsgebäude zu bauen.

Schon damals, berichtet Kirchhoff, habe er seine Kritik über diesen Standort – keine zwei Meter vom Familiengrab entfernt und genau in der Hauptsichtachse des Friedhofs – gegenüber den Friedhofsmitarbeitern und einem Verwaltungsangestellten deutlich gemacht. „Ich habe am 15. Oktober mit dem Verantwortlichen im Ordnungsamt, Herrn Buschhüter telefoniert.“ Der habe sich mit Blick auf das Bauvorhaben zwar ahnungslos gezeigt, aber zugesagt, sich aufgrund der Kritik kümmern zu wollen.

Kirchhoffs Hoffnung, mit seinem Einwand noch rechtzeitig dafür zu sorgen, dass die Verantwortlichen den Standort noch einmal überdenken, platzte jedoch wenige Tage später: „Am 23. Oktober musste ich erkennen, dass am Fundament gearbeitet wird, also Fakten geschaffen wurden“, heißt es in einem Schreiben vom 25. Oktober an Schwanebecks Bürgermeister Benno Liebner (CDU).

Liebner, wohnhaft im Ortsteil Nienhagen und erst seit Sommer im Amt, fiel aus allen Wolken, als er die Kritik Schwarz auf Weiß vor sich hatte. „Ich wusste zwar, dass das neue Haus als Ersatz für ein altes gebaut wird und habe auch den Kauf veranlasst. Dass es aber Bürgerkritik zum Standort gibt, war mir bis dahin völlig unbekannt“, versichert Liebner. Dummerweise war das Problem zu diesem Zeitpunkt gewissermaßen in Stein gemeißelt, weil das Haus mittlerweile aufgebaut worden war.

An den so entstanden Fakten stößt sich auch Liebner: „Man muss zunächst wissen, dass bis 1994/1995 an jener Stelle die massiv gebaute Jägerklause als festes und viel größeres Gebäude stand“, erinnert er. Seither – also zwei Jahrzehnte lang – sei die Fläche jedoch eine Wiese gewesen. „Sie nun so zu bebauen, obwohl es klare Kritik eines direkten Nachbarn gibt, ist aus meiner Sicht natürlich höchst unglücklich“, stellt Benno Liebner klar. Auch, weil so Fakten entstanden.

Auch Harald Brockelt, Chef im Hauptamt der Verbandsgemeinde Vorharz, erinnert an jene „Jägerklause“. Und auch er scheint nicht ganz glücklich mit dem, was jetzt auf dem Friedhof entstanden ist. „Ich war im Urlaub, als die Kritik hier im Amt artikuliert wurde.“ Als er von dem Problem Kenntnis bekommen habe, sei es für Korrekturen zu spät gewesen.

Aber: „Der Standort war mit dem Bürgermeister abgestimmt“, erklärt Brockelt. „Stimmt im Prinzip“, bestätigt Liebner. „Ich bin dabei jedoch dem Vorschlag der Verwaltung gefolgt und habe ihn nicht weiter hinterfragt. Ich hatte aber auch keinerlei Kenntnis davon, dass es konkret Kritik gibt“, stellt das ehrenamtliche Stadtoberhaupt klar.

So steht sie nun: Eine Hütte mit Doppelflügeltür, Stromanschluss und vergleichsweise zentral am Eingang des Friedhofs. Aus Brockelts Sicht wichtige Aspekte. Die Doppeltür sei nötig, um die Maschinen einstellen zu können. „Auch der Stromanschluss ist ein Punkt.“

Den hätte man aber um einige Meter verlängern und die Hütte auf der besagten Wiese etwas abseits zum Parkplatz hin platzieren können“, lautet Kirchhoffs Vorschlag. „Dann wäre aber womöglich ein Parkplatz verloren gegangen“, gibt Brockelt zu bedenken.

Wie auch immer. Letztlich sieht Harald Brockelt heute „wenig Möglichkeiten, den Standort noch einmal zu verschieben“, wie er im Gespräch mit der Volksstimme sagt. Und: Weil die neue Hütte etwas größer ist als die alte und mittlerweile marode Vorgängerin, sei auch ein Aufbau an der bisherigen Stelle nicht möglich.

Wobei hinsichtlich des Standortes womöglich doch noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Mit 19,8 Quadratmetern Grundfläche – diese Zahl nennt Harald Brockelt – ist offen, ob der Aufbau der Hütte genehmigungspflichtig ist.

Laut Landesbauordnung endet die Genehmigungsfreiheit bei zehn Quadratmetern umbauter Fläche. „Wir gehen beim Friedhof von einem genehmigungsfreien Außenbereich aus und haben deshalb keinen Bauantrag gestellt“, sagt Harald Brockelt. Das werde notfalls nachgeholt.

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