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Betrug im Amt Mit fingierten Papieren zu Krediten

Zwei Männer aus Wernigerode müssen sich vor dem Landgericht Magdeburg wegen Betrugs und Urkundenfälschung im Amt verantworten.

Von Dennis Lotzmann 16.02.2016, 11:00

Wernigerode/Magdeburg l Karriere und schrittweiser Aufstieg im Verwaltungsapparat der Stadt Wernigerode – gut möglich, dass Florian G. genau dies vor sich hatte. Nach seiner Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten und der anschließenden Übernahme in ein festes Beschäftigungsverhältnis im Rathaus der bunten Stadt. In ein unbefristetes sogar, was in den Jahren nach der Jahrtausendwende längst nicht unbedingt üblich war. Dann aber der große Knall: 2009/2010 soll Florian G. als Ordnungsamts-Mitarbeiter seine Tätigkeit im Bereich Einwohnermeldeamt immer wieder missbraucht haben. Er soll, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, fiktive Meldebescheinigungen ausgestellt und damit die Basis für diverse Betrügereien geliefert haben.

Jene Falschbeurkundungen im Amt sind samt eines Betrugsvorwurfs nun Gegenstand eines Prozesses vor dem Landgericht Magdeburg. Ab Mittwoch verhandelt die fünfte Strafkammer nicht nur gegen den heute 34 Jahre alten Florian G., sondern auch gegen Ronny S., der ebenso wie G. aus Wernigerode stammt.

Florian G., der nach Recherchen der Volksstimme bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, soll laut Anklage zwischen Dezember 2009 und August 2010 seine Stellung im Bürgerbüro genutzt haben, um insgesamt 19 Personen mit Wohnsitz Wernigerode ins städtische Melderegister einzutragen. Jene Personen, so der Vorwurf, sollen jedoch weder in Wernigerode gewohnt haben noch jemals im Amt vorstellig geworden sein.

Mit jenen daraufhin ausgestellten Meldebescheinigungen soll der heute 37 Jahre alte Ronny S. im großen Stil Konten eröffnet, EC-Karten beantragt und Kredite aufgenommen haben. Die Betrugssummen, die dabei im Raum stehen, sind nach Angaben eines Landgerichts-Sprechers beachtlich.

So soll S. teilweise zusammen mit weiteren Tätern unter Vorlage gefälschter Unterlagen beispielsweise einen Kredit über rund 155 000 Euro für den Kauf eines Einfamilienhauses erschlichen haben. Hinzu kämen ein Kredit für ein Sofa sowie ein Darlehen für ein Fahrzeug. „Außerdem soll der Angeklagte Ronny S. Fahrzeuge zur Zulassung auf Personen angemeldet haben, obwohl diese nie Halter der Fahrzeuge gewesen sind“, so der Gerichtssprecher. Laut Gericht soll Ronny S., dem insgesamt 28 Straftaten vorgeworfen werden, den damaligen Verwaltungsmitarbeiter zu den Taten angestiftet haben.

Anders als Florian G. soll Ronny S. bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten sein. Neben Betrügereien soll er auch ohne Fahrerlaubnis am Steuer gesessen haben und mit Beleidigungen aufgefallen sein.

Für Florian G. bedeuteten jene im Sommer 2010 bekannt gewordenen Vorgänge einen beruflichen Bruch. Die Stadtverwaltung Wernigerode, die damals von anderen Behörden – offenbar Polizei und Staatsanwaltschaft – über den Verdacht informiert worden war, handelte sofort. Florian G. wurde überwacht und, als sich die Verdachtsfälle bestätigten, die Reißleine gezogen. Die Verwaltung kündigte ihm fristlos und stellte ihn mit sofortiger Wirkung frei.

Haupt- und Rechtsamtsleiter Rüdiger Dorff mag heute, gut fünfeinhalb Jahre später, mit Blick auf den Fall nicht weiter ins Detail gehen. Nur soviel: „Dieser Mitarbeiter ist nicht mehr bei uns beschäftigt.“ Mehr will Dorff, auch wegen des noch anhängigen Strafverfahrens, nicht sagen.

Nach Recherchen der Volksstimme war der Weg bis zur endgültigen Trennung für die Stadtverwaltung allerdings steinig. Florian G. zog nach der fristlosen Kündigung vor das Arbeitsgericht, das Verfahren lief über zwei Instanzen bis zum Landesarbeitsgericht. Das Problem für die Kommune: Weil G. die Vorwürfe bestritt und der Sachverhalt strafrechtlich noch nicht abgeschlossen war, taten sich die Richter mit der ausgesprochenen Kündigung schwer. Letztlich soll der Rechtsstreit nach Informationen der Volksstimme mit einem Vergleich und einer Abfindung beendet worden sein.

Wie viel G. bekam, ist unklar. Von offizieller Seite gibt es dazu keine Stellungnahme. Unklar bleibt auch, warum zwischen dem Tatzeitraum und der Verhandlung mehr als fünf Jahre ins Land gegangen sind. Nach Angaben von Landgerichtssprecher Christian Löffler wurde im Dezember 2013 Anklage erhoben und das Verfahren ein Jahr später eröffnet. „Ursprünglich war der Prozessauftakt für den Spätsommer 2015 geplant, wurde aber verschoben. Warum, kann ich nicht sagen“, so Löffler.

Dafür aber zum möglichen Strafmaß: Sowohl auf Falschbeurkundung im Amt als auch auf Betrug stünden bis zu fünf Jahre Haft oder Geldstrafe. Nach Löfflers Worten haben sich die Angeklagten bei den Ermittlungen nicht zu den Vorwürfen geäußert. Das Landgericht hat sieben Verhandlungstage anberaumt.