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Harzperlen Auf Tuchfühlung mit „Pinselohren“

„Unsere Besten im Harz“ hatte der Harzer Tourismusverband 2015 per Online-Umfrage gesucht. Die Volksstimme stellt einige vor.

Von Holger Hadinga 09.03.2016, 09:00

Bad Harzburg l Sie heißen Paul, Pamina, Ellen, Alice und Tamino. Diese fünf Luchse leben im Schaugehege bei Bad Harzburg.

In freier Natur sind die Wildkatzen mit ihren typischen Pinselohren kaum zu sehen, da sie sehr scheu sind. Doch im Luchsgehege an den Rabenklippen können die Tiere täglich von jedermann besucht werden. Als besondere Attraktion wartet hier auf die großen und kleinen Besucher jeden Mittwoch und Sonnabend um 14.30 Uhr eine öffentliche Fütterung. Dazu erzählen Experten viel Wissenswertes über diese Art.

„Die Luchse bekommen meist Reh und Rotwild aus Jagdbeständen oder von Wildunfällen. Manchmal gibt es auch Rindfleisch“, sagt Rolf Maßmann, Nationalpark-Revierleiter. Weitere Mitarbeiter des Schaugeheges sind Forstwirt Ralf Vojtisek sowie Bernd Gutjahr. „Wenn die Besucher die Luchse so nah sehen, sind sie über ihre Größe überrascht“, so Maßmann.

Immerhin werden diese Wildkatzen vom Kopf bis zum Rumpf 80 bis 120 Zentimeter groß. Die Schulterhöhe erreicht 50 bis 70 Zentimeter. Ralf Vojtisek: „In freier Wildbahn werden Luchse zehn bis 15 Jahre alt, im Gehege über 15.“

Träger der Anlage ist der Nationalpark Harz. Zu den Partnern des Luchsprojektes gehören beispielsweise die Niedersächsischen Landesforsten, das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz sowie das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Das Gehege wurde im Jahr 2000 eröffnet. Auf der etwa ein Hektar großen Fläche konnten Besucher die Luchse jedoch nicht immer beobachten. Grund: Es gab einige Versteckmöglichkeiten. Deshalb kam 2006 ein weiteres Gehege mit einer Fläche von rund 1500 Quadratmetern hinzu. Somit ist eine bessere Einsicht möglich. Außerdem wurde einige Jahre später eine Besucherplattform errichtet. Diese gewährleistet einen weiten Blick in das Gelände über den Zaun hinaus.

„Wir hatten pro Jahr bis zu 12 000 Besucher. 2015 kamen sogar 15 000“, sagt Rolf Maßmann. Als Grund für die gestiegene Zahl vermutet er den im vorigen Jahr eröffneten Baumwipfelpfad, welcher in den Nähe liegt (Volksstimme berichtete). Zu den täglichen Aufgaben der Mitarbeiter gehört die Kontrolle des Zaunes. Maßmann: „Vor allem sehen wir aber nach den Tieren, ob es ihnen gut geht.“ Ist ein Luchs mal nicht auf dem Posten, steht eine Krankenstation bereit. Futter gibt es alle zwei Tage und gereinigt wird das Gehege im Schnitt einmal die Woche. „Vor allem werden Essens- und Knochenreste entfernt. Die ziehen nämlich Waschbären an“, erklärt der Revierleiter. Die Luchse können übrigens den ganzen Tag per Webcam beobachtet werden. Vier Kameras sind im Gehege befestigt.

„Die meisten Besucher kommen im Sommer. Ich mag hingegen lieber den Winter, wenn das Gehege mit Schnee bedeckt ist“, sagt Maßmann. Forstwirt Vojtisek betont, dass vom Luchsgehege aus nicht nur der Baumwipfelpfad schnell zu erreichen sei. „Begehrte Wanderziele von hier aus sind auch der Brocken und die Eckertalsperre.“ Von April bis November fahren außerdem Busse in Richtung Gehege. Stärken können sich die Besucher im nahe gelegenen Waldgasthaus „Rabenklippe“. Und wer eine Menge Theorie über die Raubkatze erfahren möchte, kann das Luchs-Infozentrum im Bad Harzburger „Haus der Natur“ besuchen. Das liegt im Kurzentrum. Ebenso befinden sich Schautafeln am Gehege sowie auf der Besucherplattform.

Wie viele Luchse mitterweile im Harz wieder angesiedelt wurden, könne laut Revierleiter Maßmann nicht genau gesagt werden. Sicher sei jedoch, dass einige von ihnen in der Zwischenzeit ins benachbarte Nordhessen abgewandert sind. Ralf Vojtisek weiß jedoch: „Der letzte Luchs wurde im Harz 1818 bei Lautenthal geschossen. Dort steht jetzt ein Gedenkstein. Mit unserem Gehege wollen wir auch zeigen, dass man vor einem Luchs keine Angst haben muss.“