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Gleimhaus Ärzte helfen altem Medizinbuch

Das Halberstädter Gleimhaus hat viele Buchschätze. Doch sie brauchen Hilfe, sollen sie auch die kommenden Jahrhunderte überstehen.

Von Dieter Kunze 04.05.2016, 23:01

Halberstadt l Noch mindestens 100 historische Bücher warten im Gleimhaus dringend auf ihre Restaurierung. Da die Kapazitäten des Hauses dafür nicht ausreichen, werden Buchpaten gesucht, um freie Restauratoren beauftragen zu können. Mit rund 12 000 Büchern des 15. bis frühen 19. Jahrhunderts sowie der Kunst- und Handschriftensammlung hat die Einrichtung überregionale Bedeutung.

Die Mitarbeiter des Gleimhauses konnten sich jetzt über eine weitere Buchpatenschaft freuen. Der Walter-Krienitz-Verein zur Förderung der Medizin hat eine Spende für die Aufarbeitung des Buches „Kurze Anleitung für die Wundärzte auf dem platten Lande wie solche bei der Kur der innerlichen Krankheiten unter den Menschen verfahren sollen“ übernommen.

„Bei dem 1785 gedruckten Buch fehlen das Titelblatt und die Anfangsseiten", berichtete Diplom-Bibliothekarin Annegret Loose. Bei der Auslagerung der Bücher im Zweiten Weltkrieg entstanden an vielen Exemplaren Schäden.

Ein Teil der Bücher war als Kriegsbeute in Länder der ehemaligen Sowjetunion gelangt und dort unter unterschiedlichsten Bedingungen gelagert worden, was die Schäden zum Teil verschlimmert hatte. In einer spektakulären Aktion waren Ende der 1990er Jahre rund 150 der gedruckten Schätze in das Gleimhaus zurückgekehrt. Einige warten seitdem auf die Restaurierung. So auch das vom Krienitz-Verein ausgewählte Buch. Im jetzigen Zustand sei es nicht nutzbar, so die Bibliothekarin.

Da im Internet die fehlenden Seiten erforscht werden konnten, sei jetzt eine Ergänzung möglich. Die Vereinsmitglieder hatten gerade dieses Buch zum Thema Medizin ausgesucht, um an historische Leistungen der damaligen Ärzte zu erinnern. „Auch Dr. Walter Krienitz aus Halberstadt und seine Erkenntnisse zum Thema Magenbakterien von 1906 waren bis 1982 in Vergessenheit geraten“, sagte Vereinsvorsitzender Prof. Dr. Steffen Rickes.

Der Krienitz-Verein will sich bei der neuen Landesregierung dafür einsetzen, dass die Förderung des Gleimhauses als Forschungsstätte von überregionaler Bedeutung gestärkt wird. Seit Jahren wird die Einrichtung auf Vereinsbasis mit Finanzmitteln der Stadt und des Landes betrieben.

Um eine tarifliche Vergütung der Mitarbeiter zu ermöglichen, ist eine Anhebung der jährlichen Zuschüsse nötig. Das wurde der Stadt jedoch vonseiten der Kommunalaufsicht verweigert, weil es sich um eine freiwillige Aufgabe handelt, die angesichts des Haushaltsdefizits nicht genehmigt werden kann. Die abschließende Entscheidung steht noch aus.

Auch bei der Neubildung der Landesregierung bleibt jetzt abzuwarten, wie es mit der institutionellen Förderung weitergeht. Gleimhaus-Direktorin Dr. Ute Pott bedankte sich für die bisherige Unterstützung. Sie hofft ebenfalls, dass es für die zehn Mitarbeiter im Bereich Museum, Forschung, Beratung und überregionales Kompetenzzentrum weitergeht.

Buchpatenschaften, die je nach Zustand eines Buches zwischen 200 und 2000 Euro erfordern, seien eine nützliche Hilfe, um die wichtigen Bestände des Hauses zu erhalten, sagte Pott. Steffen Rickes, will dem Gleimhaus-Team in schwierigen Zeiten zur Seite stehen. „Schließlich wollen wir 2017 hier das zehnjährige Bestehen unseres Krienitz-Vereins feierlich begehen.“