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Studiengalerie Pierrot im Bleuler-Flur

Eine Studiengalerie mit Kunst des 19. Jahrhunderts soll die Angebotspalette auf Schloss Wernigerode erweitern. Das Land fördert das Projekt.

Von Ingmar Mehlhose 16.05.2016, 01:01

Wernigerode l „Ein Museum wie das unsere muss sich immer wieder neu erfinden, damit es lebendig bleibt“, sagt Christian Juranek gern. Getreu dieses Anspruchs soll das jüngste Projekt auf Schloss Wernigerode zur Realität werden.

Der Aufbau einer Studiengalerie mit typischer Kunst des 19. Jahrhunderts ist das Ziel. Der Geschäftsführer: „Wir betreiben seit Jahren eine aktive Sammlungspolitik. Deshalb wollen wir Dinge aus dem eigenen Bestand zeigen.“ Das Landes-Kultusministerium hat erst vor wenigen Tagen einen Zuwendungsbescheid für die Förderung des Vorhabens ausgereicht. Juranek: „Der Betrag liegt im mittleren fünfstelligen Bereich.“

Er gehe davon aus, dass mit der Umsetzung des Planes noch in diesem Jahr begonnen werden kann. Der Wissenschaftler: „Wir sind gerade dabei, zu schauen, welche Firmen wir dafür nehmen.“ Wegen großer Veranstaltungen wie den Schlossfestspielen kann der eigentliche Start aber wohl erst im Spätherbst vollzogen werden. Christian Juranek: „Wenn alles gut geht, hätten wir dann im nächsten Frühjahr die gewünschte Erweiterung unseres Hauses.“

Der Ort dafür ist längst gefunden. Es handelt sich um den sogenannten Bleuler-Flur. Benannt nach dem Schweizer Johann Heinrich Bleuler (1758-1823) und seinem gleichnamigen Sohn (1787-1857). Als Schloss Wernigerode noch unter dem Titel Feudalmuseum firmierte, hingen drei ihrer oftmals als Gemeinschaftswerke entstandenen Arbeiten in diesem derzeit kahlen Raum.

Die beiden Landschaftsmaler hatten drei Lieblingsmotive – die Alpen, den Rhein und den Harz. Der Geschäftsführer: „Das sind für viele Kenner die schönsten Ansichten überhaupt.“ So unter anderem von Ilsenburg, Wernigerode, der Burg Falkenstein, dem Selketal, Clausthal und Goslar.

Die Werke von einst „sind nicht mehr da“, der Bleuler-Flur ist seit 35 Jahren Geschichte. Ältere Kollegen nennen ihn aber bis heute so, erläutert Juranek. Inzwischen gehören wieder zwei Bilder der Meister zur hauseigenen Sammlung und „das dritte kriegen wir auch noch“. Obwohl: „Sie sind selten und werden sehr hoch gehandelt.“

Allerdings soll der mit einem originalen (aber sanierungsbedürftigen) übermannshohen Kachelofen von Schlossbaumeister Carl Frühling (1839-1912) gekrönte Raum kein neuerliches Refugium für die Eidgenossen werden. Der Experte: „Wir wollen eine Mischung aus Öl, Grafik und Handzeichnungen.“ Etwa 20 bis 25 Werke. Und mit einer Ausnahme. Denn: „Wir werden wahrscheinlich mit einem Piranesi anfangen.“ Er passt eigentlich nicht in die Zeit. Der italienische Architekt, Archäologe und Kupferstecher Giovanni Battista Piranesi lebte von 1720 bis 1778. Christian Juranek: „Aber er ist wichtig wegen seiner Art, wie er bestimmte Stoffe aufgegriffen hat, die dann im 19. Jahrhundert eine Rolle spielen.“

Bereits zu sehen in der regulären Ausstellung ist übrigens das erste für die Studiengalerie erworbene Gemälde. Der „Tod des Pierrot“ des Braunschweigers Leo Freiherr von König (1871-1944) war im vergangenen Jahr in einer Münchener Galerie entdeckt worden. Sammlungstechnisch befindet sich das Bild zwar außerhalb der von 1803 bis 1918 währenden Epoche. Allerdings symbolisiert der verstorbene Gaukler die Zeit des Deutschen Kaiserreichs, das nun endgültig weichen muss. Die sie verdrängende Gegenwart wird durch verschiedenfarbige und höchst interessant gestaltete Frauen dargestellt.

Piranesi eventuell am Anfang, von König vielleicht am Ende der Galerie: Auf das Zwischendrin dürfen Kunstfreunde bereits jetzt gespannt sein ...