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Bombe Bombenfund: 1500 Leute evakuiert

1500 Halberstädter mussten am Donnerstag ihre Wohnungen verlassen. Eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg sollte entschärft werden.

Von Sabine Scholz 26.08.2016, 13:00

Halberstadt l Fast genau ein Jahr nach der aufregenden Bombenentschärfung im Stadtzentrum hieß es am Donnerstag wieder in Halberstadt: Bombenfund! Auch der 12. August 2015 war ein heißer Tag gewesen, auch da dauerte die Evakuierung der Menschen einige Stunden.

Bei den Bauarbeiten in der Klusstraße zur Verlegung neuer Abwasserkanäle und der neuen Haupttrinkwasserleitung stoßen die Arbeiter am frühen Donnerstagnachmittag auf einen metallischen Gegenstand. Schnell ist klar: eine Bombe.

„Für den Baggerfahrer war es bereits die dritte Bombe, die er gefunden hat“, berichtet Thomas Valentin, der Geschäftsführer der Abwassergesellschaft Halberstadt. Doch bei aller vermeintlichen Routine, gefährlich sind diese Überreste des Bombenkriegs immer. Deshalb gilt bei Bauarbeiten in der Stadt besondere Vorsicht. „Der Kampfmittelbeseitigungsdienst begleitet immer unsere Baumaßnahmen“, sagt Valentin. Bei besonderen Vorhaben, etwa dem unterirdischen Vortrieb von Rohren, werden die fraglichen Stellen sogar noch einmal gesondert abgesucht.

Kurz nach dem Fund der Bombe gegen 13 Uhr wird die Gefahrenstelle abgesperrt. Die Anwohner dürfen zu diesem Zeitpunkt noch in ihren Häusern bleiben, doch das Passieren der Straße ist auf Anraten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes untersagt worden. Die Straßenbahn wird umgeleitet, der Bahnverkehr nach Blankenburg ist eingestellt worden.

Geistern erst Zahlen einer 250 und 125 Kilogramm schweren Bombe durch die sozialen Netzwerke, stellen Torsten Kresse, Ingo Wiedemann, Torsten Schwabe und Norman Mierswa vom Kampfmittelbeseitigungsdienst klar: Das Ding wiegt 75 Kilo. Trotzdem kann eine Detonation dieses Blindgängers verheerende Folgen haben.

Nach eingehender Beratung entscheiden die Fachleute, die Bombe mit Aufschlagzünder vor Ort zu entschärfen. Der Krisenstab des Landkreises nimmt seine Arbeit auf. Es wird festgelegt, in einem Umkreis von 300 Metern um die Fundstelle alle Häuser zu räumen.

Betroffen sind geschätzt 2000 Anwohner, die Kreisverwaltung, das Möbelwerk, zwei Autohäuser und der Busbetrieb des Kreises. Allerdings befindet sich kein Krankenhaus oder Altersheim im Sperrkreis, was die Evakuierung erleichtert. Während die Kreis-Angestellten bis 16 Uhr ihre Büros in der Friedrich-Ebert-Straße verlassen, bleiben die Mitarbeiter der Zentralen Einsatzleitstelle und die Mitglieder des Krisenstabs auf dem Gelände der Kreisverwaltung. Ihr Domizil liegt hinter dem Hauptgebäude, das im Falle eines Falles die Druckwelle abmindern würde.

In den Stadtwerken wird konzentriert gearbeitet. Die Techniker müssen die Gasleitung, die direkt über der gefundenen Bombe verläuft, vom Netz nehmen. Und dabei die Versorgung der Kunden außerhalb des Evakuierungsgebietes sicherstellen. Keine leichte Aufgabe, aber machbar. In der Leitwarte der Stadtwerke laufen die Informationen aus dem Krisenstab auch auf. „Damit wir unseren Kunden entsprechend Antwort geben können“, sagt Unternehmenssprecher Frank Neumann auf Volksstimme-Nachfrage. Mit Jens Kappe und Alexander Hübener hat das Unternehmen zwei Mitarbeiter direkt im Krisenstab. So wie es die Notfallpläne im Kreis vorsehen.

Vonseiten der Stadt sitzen Jens Klaus und Peter Kuschel im Krisenstab. Sie leiten alle Informationen an Sigrun Ruprecht im Rathaus weiter, die diese sortiert. Bereits kurz nach Bekanntwerden des Bombenfundes rufen Halberstädter im Rathaus an, wollen wissen, ob sie von der Evakuierung betroffen sind. „Die Telefone stehen nicht still“, sagt Stadtsprecherin Ute Huch.

Gegen 17.15 Uhr beginnen 100 Polizisten, unterstützt von DRK, ASB und DLRG, mit der Evakuierung des Wohngebiets. Per Lautsprecher fordert die Polizei die Anwohner auf, ihre Häuser zu verlassen. Kurz vor 19 Uhr ein erster Zwischenstand von Kreissprecherin Jessica Fiedler: Alles läuft gut, keine besonderen Vorkommnisse. Zu diesem Zeitpunkt ist die eine Hälfte des Evakuierungsgebietes komplett geräumt, die andere weitgehend. Der Plan, bis 20 Uhr die Evakuierung abgeschlossen zu haben, könnte aufgehen. Die Zahl der zu Evakuierenden ist inzwischen konkreter, es sind rund 1500 Anwohner.

Sechs Mannschaftstransporter der Ortswehren Halberstadts sind im Einsatz, um bei der Evakuierung zu helfen. Neben dem Fahrdienst für ältere und in ihrer Mobilität eingeschränkte Halberstädter haben die Kameraden der Stadtwehr inzwischen für Beleuchtung an der Bombenfundstelle gesorgt. Die Dämmerung zieht auf.

Der Krisenstab hat auch die Essensversorgung der Evakuierten in der Sammelstelle im Blick. Anke Siebert, Kerstin Schmieder und Nicky Daniel sind als Stadtmitarbeiter im Sportland, notieren Namen und Adressen der Evakuierten, besorgen nach dem Okay des Stabes ein paar Würstchen und Brot. Wasser stellt das Team des FSZ zur Verfügung.

Kurz nach 20 Uhr kommt vom Krisenstab die Nachricht: Evakuierung abgeschlossen, Entschärfung beginnt. Um 20.15 Uhr soll die Entschärfung starten, 80 Menschen sind inzwischen im Sportland versammelt, warten darauf, wieder in ihre Wohnungen zurückkehren zu können.

Sie müssen lange warten. Kurz nach 21 Uhr informieren die Bombenentschärfer, dass der Blindgänger nicht vor Ort entschärft werden kann, er muss abtransportiert werden. Die Arbeiten dafür nehmen Zeit in Anspruch. Erst gegen 21.30 Uhr können die Menschen zurück in ihre Häuser.