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Buchvorstellung Blutige Abrechnung mit Abi-Klasse

Arne Dessaul lehrt einem Abi-Jahrgang in Wolfenbüttel das Fürchten. Er lässt die Absolventen in seinem Erstlingsroman reihenweise sterben.

Von Sandra Reulecke 31.08.2016, 08:33

Halberstadt l 1989 ist kein guter Jahrgang. Zumindest nicht für diejenigen, die im Wolfenbüttler Gymnasium im Schloss zu dieser Zeit ihr Abitur abgelegt haben. Die Schüler von einst sterben heute, genau 25 Jahre danach, einer nach dem anderen weg.

Erst erwischt es den Landwirt Hanno Ackermann. Beim Bearbeiten seiner Felder, die an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze liegen, geht eine Landmine hoch. Ellen Berning-Schäfer – damals wie heute eine Schönheit – wird kurze Zeit später in ihrer Boutique niedergestochen. Es könnte sich um makabere Zufälle handeln – doch schon kommen die nächsten ehemaligen Klassenkameraden ums Leben. Kriminalhauptkommissar Helmut Jordan und sein Team müssen sich der Frage stellen: Geht ein Serienmörder in Wolfenbüttel um, der es kurz vor dem Klassentreffen auf die Absolventen von 1989 abgesehen hat?

„Trittbrettmörder“ ist das Roman-Debüt von Arne Dessaul. 1964 in Wolfenbüttel geboren, wuchs er in Winnigstedt auf und besuchte das Gymnasium im Schloss in Wolfenbüttel. Waren die Jahre bis zum Abitur denn dort so furchtbar, dass er nun schriftstellerisch Rache üben muss? Arne Dessaul lacht. „Ich habe ausnahmslos gute Erinnerungen an die Schule“, versichert er. Die Erklärung, warum er die Bildungseinrichtung zum Schauplatz werden ließ, ist die gleiche, warum der Roman in Wolfenbüttel, in Winningstedt und angrenzenden Orten spielt. „Jemand, der viel klüger ist als ich, hat mal geschrieben, dass man bei dem bleiben soll, was man kennt“, erläutert der 52-Jährige.

Und so lässt er persönliche Erfahrungen und Erlebnisse in das Buch einfließen. Zum Beispiel erzählt er vom ersten Weihnachtsfest nach der Grenzöffnung. Gemeinsam mit seinem Vater und anderen Winnigstedtern hat er sich damals nach Hessen aufgemacht und mit den Nachbarn, von denen man Jahrzehnte durch die Mauer getrennt war, gefeiert. Auch reale Winnigstedter und die ehemaligen Klassenkameraden Dessauls – übrigens Abi-Jahrgang 1984 – dienten als Inspirationsquellen. Allerdings nur, was den Wohnort und Äußerlichkeiten angeht. „Das hat bei der Orientierung geholfen. Aber die Figuren und ihre Charakterzüge haben sich beim Schreiben entwickelt und nichts mehr mit der realen Person zu tun“, betont Dessaul.

Auch er selbst spiegelt sich in einer Figur wider: Jakob. Wie der Autor selbst, lebt dieser in Bochum, organisiert Klassentreffen, ist Journalist und pendelt zwischen dem Ruhrgebiet und der alten Heimat. „Tatsächlich ist die Idee zum Buch auf einer dieser Fahrten nach Bochum entstanden. Wie in ‚Trittbrettmörder‘ war es in der Zeit kurz nach Weihnachten“, berichtet Dessaul.

Der Kriminalroman mit starken regionalen Bezügen ist nicht der erste Versuch Dessauls als Schriftsteller. Nach seinem Bundeswehrdienst, und einer kaufmännischen Ausbildung, zog er 1989 nach Bochum. Studierte dort Publizistik und Kommunikationswissenschaft, sammelte nebenher erste Erfahrungen als Journalist. Und schrieb sein erstes Buch. Ebenfalls einen Krimi. „Ich habe ihn an einen Verlag geschickt, er wurde abgelehnt und ich habe es sein lassen“, gesteht Dessaul. Stattdessen begann er für Magazine und Tageszeitungen zu schreiben und für die Hochschulkommunikation der Ruhr-Uni zu arbeiten. Der Wahl-Bochumer heiratete, wurde Vater von zwei Töchtern.

„Aber der Gedanke an einen eigenen Krimi hat mich nicht losgelassen“, sagt Dessaul. Er schrieb ein zweites Buch – besser vorbereitet als beim ersten, gibt er zu – und schickte auch dieses nur an einen einzigen Verlag. Dieses Mal mit Erfolg.

„Die Freude darüber spielte an dem Tag allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Am selben Tag hat meine Tochter erfahren, wo sie ihr Austauschjahr in den USA verbringen wird. Das hat für mehr Aufregung gesorgt und die Sache mit dem Buch landete auf Platz zwei“, sagt Dessaul und lacht. Dennoch sei seine Familie stolz – zumal die erste Auflage des im Juli erschienen Krimis bereits vergriffen ist.

Zu den 1500 Besitzern des Debüts gehören sicher einige Ehemalige des Wolfenbüttler Gymnasiums im Schloss. „Der ein oder andere hat schon zugesagt, zu meiner Lesung am übernächsten Freitag im Schloss zu kommen“, berichtet der Autor. Er sei schon aufgeregt. „Bislang habe ich nur meinen Kindern laut vorgelesen“, gesteht er. Seine Feuertaufe in Sachen Buchvorstellung erlebt der 52-Jährige am heutigen Mittwoch in Bochum – seiner neuen Heimat und Schauplatz eines Mordes in seinem Roman.

Die Lesung aus „Trittbrettmörder“ findet am Freitag, 9. September, um 18 Uhr in der Aula des Gymnasiums im Schloss in wolfenbüttel statt.