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Amtsgericht Offene Fragen im Nestschaukel-Fall

Eine gestohlene Nestschaukel wird in der Wohnung einer Osterwieckerin gefunden. Die junge Frau muss sich vor dem Amtsgericht verantworten.

Von Sandra Reulecke 08.12.2016, 08:00

Halberstadt/Osterwieck l 45 Tagessätze a 15 Euro und die Kosten des Verfahrens. Nathali H. nimmt das Urteil stumm hin. Die Osterwieckerin musste sich am Amtsgericht in Halberstadt wegen des Vorwurfs der Hehlerei verantworten. Der 25-Jährigen ist vorgeworfen worden, eine Nestschaukel im Wert von etwa 690 Euro unrechtmäßig in ihrer Wohnung aufgehängt zu haben.

„Sie hat zumindest billigend in Kauf genommen, dass es sich dabei um Diebesgut handelt“, begründet Richter Selig sein Urteil, welches der Forderung des Staatsanwaltes entspricht. Die Schuld von Nathali H. wiege schwer, weil sie auch nachdem der Fall große Wellen in der Öffentlichkeit geschlagen habe, sich nicht zu erkennen gab. Zudem betont der Richter, dass der jungen Mutter hätte bewusst sein müssen, dass es sich beim Spielgerät um Diebesgut handelte. Zum einen wegen der Gebrauchsspuren. „Und so eine Schaukel hängt man normalerweise nicht in der Wohnung auf, sie ist eindeutig für draußen gedacht.“ Der Richter vermisste eine Entschuldigung von Nathali H..

Die Straftat konnte in der Verhandlung nicht aufgeklärt werden. Neben Polizisten aus Osterwieck waren zwei junge Männer als Zeugen geladen. Bei der Polizei wollten sie keine Angaben machen. Vor Gericht gaben die 20- beziehungsweise 26-Jährigen nun an, mit der Angeklagten befreundet zu sein. Jedoch hätten sie im Tatzeitraum, das Wochenende vom 2. und 3. Juli, die Wohnung von Nathali H. nicht betreten. Vom Nestschaukel-Klau haben sie nur aus der Zeitung erfahren, sagten beide.

Der Polizist war es auch, der von einem anderen anonymen Zeugen erfahren hatte, dass sich die Nestschaukel in der Wohnung von Nathalie H. befunden hatte. „Wir haben umgehend den Bereitschafts-Staatsanwalt kontaktiert“, so Großhenning. Als die Beamten zur Wohnung der 25-Jährigen kamen, sei diese nicht da gewesen. Im Beisein eines Zeugen von der Stadtverwaltung sei daraufhin von einem Schlüsseldienst die Tür geöffnet worden. Dort, im Kinderzimmer, wurde die bereits an einem Deckenbalken befestigte Nestschaukel gefunden. Auf die Frage, ob er sich sicher gewesen sei, dass es sich um die gestohlene handele, versicherte der Kommissar: „Ich kenne die Nestschaukel, ich habe schon darauf gesessen.“ Der Beamte berichtete, dass er die Initiative der Osterwiecker Bürger verfolgt habe, die wenige Monate vor der Tat für die Verschönerung des Spielplatzes gesorgt hatten. Die Nestschaukel sei mit Spenden finanziert worden.

In seinem Plädoyer betonte der Staatsanwalt, dass die Tat vom Egoismus der Angeklagten zeuge. Ihr Anwalt legte dagegen dar, dass Nathali H. zuvor nie strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und die Tat bereue. „Sie hat eine Dummheit begangen und daraus gelernt.“ Letzteres wiederholte die Angeklagte in ihrem letzten Wort vor der Urteilsverkündung. Sie hat nun eine Woche Zeit, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen. Gegenüber der Volksstimme wollte sich Nathali H. nach der Verhandlung nicht äußern.

Hintergrund: Anfang Juli wurde entdeckt, dass die Nestschaukel aus dem Osterwiecker Park entwendet worden war. Es folgte eine Welle der Empörung. „Das hier ist ein Schlag ins Gesicht der Bürger“, sagte damals Osterwiecks Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (Buko) gegenüber der Volksstimme. Sie war erleichtert, als die Schaukel wieder auftauchte und auf dem Spielplatz aufgehängt werden konnte.