Museumsschätze Stadtgeschichte in Öl

In Halberstadts Museen wird Geschichte nacherlebbar. Mit manchen Objekten verbindet sich selbst eine interessante Story.

Von Sabine Scholz 11.03.2017, 12:51

Halberstadt l Es war ein Anruf mit Folgen, den Armin Schulze im Juli des vergangenen Jahres entgegennahm. Anrufer war Hans Drogan. Der Schwiegersohn von Walter Gemm beabsichtigte, zu seiner Tochter zu ziehen und löste deshalb seinen Hausstand auf. „Und wie das so ist in einem Haus, da hat man viel Platz. Also hatte Hans Drogan zahlreiche Mappen und Kartons aufgehoben, die aus dem Nachlass seines Schwiegervaters stammten“, berichtet Simone Bliemeister. Und so kam es, dass die stellvertretende Museumschefin Wochen später vor vielen Zeichnungen, Skizzen, Grafiken, Fotografien und vielem mehr saß.

Zu dem Nachlass gehörten auch zahlreiche Fotografien. Zum einen dokumentieren diese Gemms Arbeitsweise, zum andere sind sie zeitgeschichtliche Dokumente. „Viele Bilder stammen von Gemms Freund Walter Mahlke und bei manchen Motiven weiß man nicht, ob Gemm sie nach einem Foto Mahlkes malte oder ob Mahlke sie nach den Bildern Gemms fotografierte“, erzählt Bliemeister. so genau stimme der jeweilige Blickwinkel überein.

„Die Fotos sind zugleich auch Werkgeschichte, denn Gemm hatte die Angewohnheit, jedes Auftragswerk vor seiner Auslieferung an den Auftraggeber von Walter Mahlke fotografieren zu lassen“, berichtet Simone Bliemeister. Und so kam es, dass sie auf ein Foto von einem Ölbild der Gröperstraße 33 stieß. Der Torzugang zum katholischen Pfarrhaus mit dem Vorplatz und dem markanten Baum hatte Gemm fasziniert, er malte ihn häufig. Doch justament davon besaß das Städtische Museum kein Ölgemälde. „Obwohl wir wirklich viele Bilder von Walter Gemm besitzen“, so Bliemeister. Schließlich war Gemm „ein Künstler, der unsere Stadt mitgeprägt hat, nicht umsonst bekam er schon in den 1960er Jahren den Beinamen ,Chronist mit Stift und Pinsel‘, weil er den Wiederaufbau der Stadt dokumentierte. Er war ein echtes Halberstädter Original“, sagt Bliemeister.

Ein Original vom Blick auf die Torzufahrt in der Gröperstraße hatte man aber eben nicht. Bis vor rund acht Wochen wieder ein Anruf für eine überraschende Wende sorgte. Eine ältere Frau aus Stuttgart wollte ein Gemm-Bild verkaufen. Das Motiv? Die Gröperstraße 33!

„Ihre Mutter stammte wohl aus Halberstadt, sie selbst aber hatte keinen Bezug zur Stadt und konnte mit dem Bild wenig anfangen. Zum Glück half uns mal wieder der Geschichtsverein und erwarb das Gemälde“, berichtet die Museumsfrau. Seinen Platz gefunden hat das 1951 gemalte Bild in der Ausstellungsscheune am Schraube-Museum in der Voigtei 48.

Und es wird vielleicht auch eine Rolle in dem Vortrag spielen, den Simone Bliemeister am kommenden Mittwoch, dem 15. März, ab 19 Uhr im Städtischen Museum halten wird. denn der widmet sich der Schenkung Hans Drogans. „Der Name ist vielen Halberstädtern vielleicht nicht so geläufig“, sagt sie und erklärt die Verwandtschaftsbeziehungen. 1952 heiratete Gemm die 23 Jahre jüngere Annemarie Keuthe. Diese brachte eine kleine Tochter mit in die Ehe, die spätere Frau von Hans Drogan.