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Gedenken Europäisches Treffen

Rund 70 Anmeldungen liegen vor für die Tage der Begegnung 2017 im KZ Langenstein-Zwieberge.

Von Sabine Scholz 22.03.2017, 12:00

Langenstein l Zwei Männer, die die „Hölle von Langenstein“ überlebt haben, nehmen den langen Weg auf sich, um dabei zu sein, wenn am 9. April an die Befreiung des Konzentrationslagers Langenstein-Zwieberge erinnert wird. George Petit reist aus Frankreich an, Ryszard Kosinski aus Polen. Beide werden mit Jugendlichen ins Gespräch kommen, ihnen erzählen, was damals geschah in diesem Konzentrationslager und im Stollen, den die Häftlinge in die Thekenberge treiben mussten.

„Doch der Blick auf das, was war, ist nur ein Aspekt unserer Begegnungen“, sagt Hanka Rosenkranz, Vorsitzende des Fördervereins der Gedenkstätte. „Wichtig ist uns in unserer Arbeit , den jungen Menschen die Mechanismen bewusst zu machen, die zu Ausgrenzung, Stigmatisierung, Verfolgung und Vernichtung führen.“ Mechanismen, die auch heute wirken. Deshalb ist der Förderverein froh, dass sich Kinder und Enkel von Überlebenden und Opfer des Lagers in der Gruppe der 2. Generation engagieren. Sie stehen als Gesprächspartner in den Schulen zur Verfügung, jetzt, wo die Schar der Überlebenden immer kleiner wird. Und sie bringen sich mit Ideen ein, wie Gedenkstättenarbeit heute lebende junge Menschen erreichen kann.

In diesem Jahr setzten Jugendliche der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode, der Berufsbildenden Schulen Böhnshausen, der Walter-Gemm-Sekundarschule Halberstadt und des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums Halberstadt das Thema „Traum“ um. Mit Klängen und szenischen Darstellungen, mit Zitaten aus den Berichten Überlebender werden sie an den fünf Massengräbern, an denen zu DDR-Zeiten ein Mahnmal errichtet wurde, ihre Sicht auf das Geschehen, auf das Erinnern darstellen.

Am 11. April 1945 hatten US-Streitkräfte das Lager in den Thekenbergen entdeckt. 3000 der durch Hunger und schwere körperliche Arbeit ausgemergelten Häftlinge waren am 9. April „evakuiert“ worden. Bei diesem Todesmarsch verloren 2500 Männer ihr Leben. Im Lager zurückgeblieben waren die Sterbenden und Sterbenskranken.

Die Tage der Begegnung vereinen seit dem Jahr 1991 Menschen aus unterschiedlichsten europäischen Ländern in dem Ansinnen, die Erinnerung wachzuhalten, der Opfer zu gedenken und für ein friedliches Miteinander einzutreten. Aus den Begegnungen sind zahlreiche Freundschaften erwachsen. Nicht nur zu Langensteiner Familien, die seit vielen Jahren am Sonntag zum gemeinsamen Kaffeetrinken einladen.

Neben den Zeitzeugengesprächen mit den Überlebenden des KZ Langenstein-Zwieberge und den Vertretern der Gruppe der 2. Generation und der Besichtigung von Lagergelände und Stollen stehen kleinere, stille Gedenkveranstaltungen auf den Friedhöfen in Halberstadt und Quedlinburg auf dem Programm. Die offizielle Veranstaltung mit Vertretern des Landes Sachsen-Anhalt und der Gedenkstättenstiftung des Landes findet am Sonntag, dem 9. April, statt. Um 10 Uhr treten die Jugendlichen in Aktion, anschließend wird George Petit sprechen. Als Vertreterin der Landesregierung wird Staatssekretärin Edwina Koch-Kupfer (CDU) reden und einen Kranz niederlegen.

Sie kann wie die anderen Gäste des Treffens dann 80 neue Namenstafeln entdecken, die vor den Tagen der Begegnung am Rand des Gräberfeldes angebracht werden. Der Förderverein der Gedenkstätte kümmert sich seit Jahren darum, den hier verscharrten Menschen ihre Identität zurückzugegeben. 772 Namen sind bislang bekannt.

Finanziert werden die Metalltafeln mit dem Namen, den Geburts- und Sterbedaten durch Spenden. Die werden auch an diesem April-Wochenende gesammelt, denn für den Abend des 8. April plant der Förderverein ein weiteres Konzert seiner Reihe „Noten für Namen“. In der Moritzkirche Halberstadts werden ab 18 Uhr Warnfried Altmann (Saxofon) und Klaus Kugel (Schlagzeug) zu hören sein – bei freiem Eintritt. „Dank der Unterstützung der Evangelischen Kirchengemeinde Halberstadt können wir die Spenden des Abends für die Herstellung neuer Namenstafeln nutzen“, berichtet Hanka Rosenkranz. Und stolz fügt sie an: „Es sind nur rund 70 Tafeln, die uns noch fehlen.“